Mercedes-Panne Monaco: Marc Surer rügt Lewis Hamilton
Marc Surer
Marc, der schwere Strategiefehler von Monaco hat für grosse Aufregung bei Mercedes gesorgt. Noch immer fragen sich viele Formel-1-Freunde: Wie kann ein Expertenteam so eine Entscheidung treffen, bei der jeder Hamilton-Fan zu Hause auf dem Sofa schon ahnt, das wird nicht gut gehen?
Ich muss zur Entlastung von Mercedes sagen, dass zwei Dinge zusammengekommen sind: Zunächst gab es das virtuelle Safety-Car, bei dem die Abstände zwischen den Autos gleich bleiben. Unter diesen Umständen hätte Hamilton der Vorsprung gereicht, um an die Box zu fahren. Dann fuhren aber infolge des Verstappen-Unfalls das Medical- und das Safety-Car raus. Und auf dieses ist Lewis Hamilton spät vor der Zielgeraden aufgefahren und hat – vom Computer so schnell offenbar nicht registriert – zehn Sekunden verloren. Diese Zeit hat dann gefehlt, um nach dem Stopp an der Spitze zu bleiben. Der Vorwurf, der daraus entstanden ist, lautet: Die Strategen starren nur noch auf den Computer, aber sie gucken nicht mehr auf die Strecke. Doch der Vorwurf geht auch an Lewis Hamilton. Wenn er vom Safety-Car aufgehalten wird, hätte er das umgehend an die Box funken müssen. Er trägt daher für mich eine Mitschuld.
Zeigt der Computer am Mercedes-Kommandostand die Abstände nicht in Echtzeit an?
Es war der letzte Abschnitt im finalen Sektor, in dem Hamilton die Zeit verloren hat. Ich weiss jetzt nicht, ob der Computer das so schnell erfasst hat. Aber es hätte von Mercedes mal jemand aus dem Fenster schauen müssen. Man konnte ganz einfach sehen, dass Hamilton festhängt. Es bräuchte wieder einen Ross Brawn, der auch intuitiv entscheidet und nicht nur den Computer im Blick hat.
Könnte Hamiltons Vertrauen in die Team-Anweisungen durch den Strategiepatzer leiden?
Lewis hat schon häufiger an den Anweisungen des Teams gezweifelt. Das war in der Vergangenheit bei etlichen Funksprüchen zu hören. Er hat Entscheidungen mit Worten wie «Das war nicht sehr clever» kommentiert. Daher denke ich, dass die Spannung im Moment noch etwas grösser ist als vorher.
Bei seinen zwei Siegen in Folge musste sich Rosberg nicht im direkten Duell mit dem Briten messen. Hat er das Zeug, um Hamilton auch im fahrerischen Zweikampf zu schlagen?
Für mich hat er in Barcelona bewiesen, dass er durchaus in der Lage ist, so schnell wie Lewis zu fahren. Wenn Nico einen guten Tag hat, dann kann er Lewis auch auf der Strecke bezwingen.
Aber die Teamchefs der Formel 1 sehen Rosberg laut einer aktuellen Umfrage nicht in einer Liga mit Hamilton, Vettel und Alonso.
Die anderen sind alle schon Weltmeister geworden. Nico fehlt diese Krönung. Wenn man das nicht schafft, wird man immer die Nummer 2 bleiben in der öffentlichen Meinung. Nur wer über die ganze Saison der Beste ist und den Titel holt, der gilt auch als ganz grosser Fahrer. So einfach ist das.
Was erwartet uns am kommenden Wochenende?
Eigentlich müsste die Strecke gut zu Ferrari passen, denn es gibt lange Geraden, auf denen die Ferrari etwas schneller sind als Mercedes. Ausserdem wird mit weichen Reifen gefahren, was ebenfalls für Rot spricht. Aber es ist auch eine Spätbremser-Strecke, was wiederum Hamilton entgegenkommen wird.