Adrian Newey: «Red Bull wird aus Formel 1 gezwungen»
Adrian Newey
Adrian Newey (56), der geniale Techniker und Baumeister der vier WM-Titel von Red Bull Racing 2010 bis 2013, weilte in Abu Dhabi, als Jury-Mitglied der «Nissan PlayStation GT Academy». Dort bestätigte der Engländer, was SPEEDWEEK.com-Leser seit längerem wissen und am vergangenen Wochenende in voller Stärke im Fahrerlager von Sotschi klar geworden ist: Die meisten Anzeichen deuten darauf hin, dass sich Red Bull aus der Formel 1 zurückziehen wird.
Newey bestätigt gegenüber den Kollegen der Nachrichtenagentur Reuters: «Es ist leider durchaus möglich – Red Bull wird aus der Formel 1 gezwungen. Mercedes und Ferrari haben es abgelehnt, uns mit Motoren zu beliefern, weil sie uns fürchten.»
Auch Newey betont, dass es keinen Weg zurück zu Renault geben wird: «Bedauerlicherweise ist unsere Beziehung zu Renault zerbrochen, also stehen wir ohne Motor für die nächste Saison da. Wir hätten dringend Fortschritte gebraucht, aber es gab keine klare Richtung, wie das erreicht werden soll.» Newey deutet an, dass Renault dem Vorschlag nicht sehr offen gegenüberstand, Hilfe von aussen hinzuzuziehen.
Newey bilanziert: «Red Bull sollte nicht in einer Position sein, ein Feldfüller zu werden.»
Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone wirkt in dieser Situation machtlos und konfus. Den einen TV-Mannschaften erklärte er in Sotschi, die Situation sei geregelt, man werde 22 Autos am Start haben in der kommenden Saison. Später sagte Ecclestone jedoch, er könne die Argumentation von Ferrari und Mercedes nachvollziehen, den anerkannt starken Chassis-Bauer Red Bull Racing nicht mit Motoren ausrüsten zu wollen; er könne niemanden zu etwas zwingen.
Ein Formel-1-Urgestein sagte uns im Fahrerlager von Sotschi: «Früher hatte Bernie ein paar Telefonanrufe gemacht, und die Sache wäre erledigt gewesen.»
Adrian Newey in Abu Dhabi: «Die Vorlaufzeiten in der Formel 1 in Sachen Design und Herstellung sind so lange, dass wir absolut wissen müssten, welchen Motor wir verwenden können.»
Newey meint, es habe frühe Versprechungen von Motorenherstellern gegeben, aber die seien gebrochen worden, «weil sie mit der Zeit Angst bekamen, dass wir sie mit dem gleichen Motor schlagen werden».
Newey meint auch, der Autoverband FIA habe es verpasst, eine Reglementsgrundlage zu schaffen, die eine gerechte Verteilung von Motoren garantieren würde. «Wir müssen wieder eine Formel 1 haben, in welcher alle Rennställe Zugang zu ungefähr gleich starken Triebwerken haben. Zudem würde ich mir als Ingenieur natürlich mehr Freiheiten beim Chassis wünschen, so dass Einfallsreichtum und Kreativität wieder belohnt werden.»