Ex-FIA-Chef Max Mosley: «Ferrari ist engstirnig»
Max Mosley rügt Ferrari
In Paris tagen Strategiegruppe und Formel-1-Kommission. Es geht um die Weichenstellung für die Zukunft. Ferrari hat bereits angekündigt, vom Vetorecht bei Reglementsänderungen Gebrauch machen wollen: Es geht um den Alternativ-Motor, den Jean Todt und Bernie Ecclestone angeschoben haben und der 2017 kommen soll (derzeit läuft eine Ausschreibung, die Firmen Ilmor und AER haben ihr Interesse bekundet).
Ferrari, Mercedes, Renault und Honda wollen diesen Billig-Turbo nicht. Aber Todt und Ecclestone beteuern: Es muss wieder eine günstige Motorvariante geben, sonst haben die kleineren Rennställe mittelfristig keine Chance zu überleben.
FIA-Chef Jean Todt hat Ferrari bereits in Mexiko gewarnt: «Ein Vetorecht ist wie eine Waffe, man sollte sich sehr gut überlegen, wann man davon Gebrauch macht.»
Der Engländer Max Mosley war von 1993 bis 2009 Präsident des Automobil-Weltverbands FIA. Er hat frühzeitig die ausufernden Kosten erkannt und wollte einen Kostendeckel einführen. Die Top-Teams haben das bis heute abgelehnt. Der 75jährige Engländer kann über die Einstellung des berühmtesten Rennstalls der Welt nur den Kopf schütteln und wirft den Italienern vor, sie seien engstirnig. «Du musst doch als Ferrari das grössere Bild betrachten können. Eine Formel 1, die krank ist, kann doch nicht im Sinne von Ferrari sein. Die Formel 1 ist für Ferrari ein wunderbares Marketing-Werkzeug, also sollte Ferrari jedes Interesse daran haben, eine starke Formel 1 zu gewährleisten.»
Mosley findet im Gespräch mit den Kollegen der britischen Sky: «Ferrari sollte da schon etwas generöser sein, zudem finde ich ist dieses Vetorecht eine Altlast von früher.»
FIA-Chef Jean Todt sagt über dieses Vetorecht: «Das ist in den 80er Jahren entstanden, als das Concorde-Abkommen entstand. Enzo Ferrari fühlte sich in Maranello gegen die ganzen englischen Teams isoliert. Keiner sollte überdies vergessen, dass Ferrari damals das einzige Team war, welches das komplette Auto selber gebaut hat. Er wollte eine Art Schutz. Die FIA hat ihm dies zugesichert. Seither ist dieses Veto-Recht immer aufrecht erhalten worden. Als ich dann Präsident wurde, habe ich zur Frage gestellt, ob das noch zeitgemäss sei. Bernie Ecclestone war aber dafür, dass Ferrari dieses Recht behält. Und die anderen Teams haben zugestimmt.»
Mosley weiter: «Das Vetorecht nun einzusetzen, das ist doch engstirnig. Als Ferrari sollte ich vielmehr sagen – die Formel 1 muss funktionieren, also werden wir alles tun, dass sie ein Erfolg wird. Und wenn wir selber keinen Erfolg haben, dann liegt das an unseren Technikern, denn wir haben alle Ressourcen, um Siege zu erobern.»
In der Strategiegruppe können Todt und Ecclestone den neuen Motor leicht durchbringen. Schwieriger wird es in der Formel-1-Kommission. Da können die Hersteller ihre Muskeln spielen lassen und die gegenwärtigen Kunden zu entsprechenden Stimmabgaben ermuntern. Die Frage wird dann sein, welche Asse Todt und Ecclestone aus dem Ärmel zaubern. Eine Force-Majeure-Regel, welche die Abstimmung der Formel-1-Kommission aushebelt?
Experten wie die früheren GP-Piloten Martin Brundle und Marc Surer sind davon überzeugt: Der Alternativ-Turbo ist nur ein Druckmittel, um die Autohersteller zu Preissenkungen der herkömmlichen Triebwerke zu bewegen. Das passt jedoch nicht zu Aussagen von Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko. Der Grazer hat erklärt, die Einführung des Alternativ-Motors sei eine Bedingung gewesen, und Todt und Ecclestone hätten ihm zugesagt, dass dieser Motor komme.