MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

Red Bull Racing: Mit Renault und TAG Heuer in Jahr 12

Von Mathias Brunner
​Das Dutzend wird voll: Mit einem von Mario Illien mitentwickelten Renault-Motor, der TAG Heuer heisst, will der vierfache Markenweltmeister Red Bull Racing auf die Erfolgsstrasse zurück.

Bis vor wenigen Wochen mussten sich die Red-Bull-Fans grosse Sorgen machen. Es war völlig unklar, mit welchen Motoren Red Bull Racing und Toro Rosso 2016 Formel-1-Sport betreiben lassen. Teambesitzer Dietrich Mateschitz hatte unmissverständlich klar gemacht, dass er keinen Sinn darin sieht, ohne Aussicht auf Erfolg Grands Prix zu fahren. Der Rückzug aus dem Sport schien unvermeidlich, nachdem Mercedes und Ferrari dem Rennstall aus Milton Keynes die kalte Schulter zeigten. Für Red-Bull-Rennchef Dr. Helmut Marko ist klar: «Die haben Angst vor uns. Sie befürchten, dass wir sie mit dem gleichen Motor dank eines besseren Chassis bezwingen.»

Aber seit der grossen Ungewissheit im Sommer und Herbst ist viel passiert: Renault-Chef Carlos Ghosn bekennt sich zur Formel 1, im Motorenwerk von Viry-Châtillon wird personell und in Sachen Infrastruktur aufgestockt. Am verbesserten Motor 2016 arbeiten mehr Mitarbeiter, die Franzosen erhalten tatkräftige Unterstützung vom Schweizer Mario Illien (Ilmor), es wird zusätzliche Prüfstände geben, das Entwicklungstempo wird forciert.

Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko: «Die von Renault vorgelegten Konzepte sehen gut aus. Jetzt müssen sie umgesetzt werden und in der Praxis halten, was sie in der Theorie versprechen. Die Frage ist, wie rasch das möglich sein wird. Wir werden die Renault-Antriebseinheiten auf dem gleichen Stand wie das Werksteam bekommen. Der Schweizer Mario Illien wird mit seiner Firma Ilmor als Konsulent bei Renault an der Entwicklung mitarbeiten. Er macht das im Auftrag von Renault in Viry-Châtillon.»

Red Bull Racing geht damit ins zwölfte Formel-1-Jahr, und mit dem Dutzend soll das Team wieder auf die Erfolgsstrasse zurück. Was viele nicht mehr wissen: Der lange Weg zum Erfolg begann mit einem schottischen Rennfahrer.

Die Geschichte von Red Bull Racing gründet nämlich bei Jackie Stewart und dessen Formel-1-Rennstall «Stewart Grand Prix». Der dreifache Formel-1-Champion verkaufte sein Team 1999 an Ford, der US-Konzern machte daraus Jaguar – und fuhr prompt jahrelang hinterher. Nach fünf Jahren hatte Ford die Nase voll und suchte Käufer. Red-Bull-Mitbesitzer Dietrich Mateschitz sah die Möglichkeit, aus dem Team einen Siegerrennstall zu formen. Er ernannte den früheren Rennfahrer Christian Horner zum Teamchef, ab 2005 trat das frühere Jaguar-Team als Red Bull Racing an. Gleich im ersten Jahr fuhr Red Bull Racing mehr Punkte ein als Jaguar in zwei Jahren zuvor.

David Coulthard spielte für RBR eine elementare Rolle: Nicht nur brachte er seine grosse Erfahrung ein, er konnte auch mithelfen, im November 2005 jenen Mann nach Milton Keynes zu lotsen, der die Grundlage für acht WM-Titel (vier mit Sebastian Vettel, vier bei den Marken) legen sollte – der anerkannt beste Formel-1-Techniker, Adrian Newey.

Erster Durchbruch in Monaco 2006: David Coulthard erzielte für Red Bull Racing den ersten Podestplatz, als Dritter in Monte Carlo.

2007 kam mit dem Modell RB3 der erste Wagen aus der Feder von Adrian Newey auf die Bahn. Red Bull Racing, 2005 mit Cosworth-Power und 2006 mit Motoren von Ferrari unterwegs, arbeitete nun mit Renault zusammen, eine Kooperation, die bis heute andauert. Neben David Coulthard kam neu Mark Webber ins Team. Der Australier bedankte sich für das Vertrauen mit Rang 3 beim Europa-GP auf dem Nürburgring. Um ein Haar hätte Webber den Regen-GP von Japan gewonnen, aber während einer Safety-Car-Phase wurde er ausgerechnet von jenem Mann abgeräumt, der für Red Bull Racing später vier Mal Weltmeister werden sollte – Sebastian Vettel.

Jahrelang wurde Red Bull Racing im Fahrerlager als Spass-Team verkannt – die lauteste Musik, das cleverste Marketing, die schönsten Frauen, der humorige Blick auf den Sport in Form einer Fahrerlagerzeitung. Wie ernst es Dietrich Mateschitz mit dem Erfolgswillen war, merkte die Konkurrenz erst 2009 in vollem Umfang: RBR begann, Rennen zu gewinnen. Auftakt war ein Doppelsieg in China, mit dem von Toro Rosso ins Red-Bull-Hauptteam geholten Sebastian Vettel vor Mark Webber.

Adrian Newey konnte zur Saison 2009 hin seine ganze Stärke ausspielen, daher der grosse Sprung an die Spitze: Denn für 2009 wurde eine ganze Reihe von Neuheiten eingeführt – Rückkehr zu profillosen Reifen, andere Aerodynamik. Wenn nicht BrawnGP den Kniff des Doppeldiffusors eingeführt und die erste Saisonhälfte dominiert hätte, wäre Red Bull Racing schon 2009 Weltmeister geworden. So konservierten BrawnGP und Jenson Button den Vorsprung in der WM.

2010 hatten sowohl Mark Webber als auch Sebastian Vettel Chancen auf den WM-Titel. Webber verlor wichtige Punkte mit einem Ausritt in Südkorea («Das Einzige, was ich in meiner Karriere bereue», wie er mir Ende 2013 sagte), im gleichen Rennen schied Vettel wegen Motorschadens aus, Fernando Alonso sagt im Ferrari «grazie» und gewann. Doch beim WM-Finale von Abu Dhabi konzentrierte sich der Ferrari-Kommandostand viel zu sehr auf Webber, um Alonsos Position zu schützen, Aussenseiter Vettel profitierte und führte dann in der WM, als es drauf ankam – ganz am Schluss. Vettel wurde mit seinem Sieg im dramatischen Finale auf dem Yas Marina Circuit zum jüngsten Formel-1-Champion.

Dank überragender Aerodynamik und guten Rennstrategien, dank eines Jahrzehntetalents Vettel und eines soliden Webber reihte sich nun Titel an Titel: Vettel wurde vier Mal in Folge Weltmeister mit der gleichen Marke, das war zuvor nur Michael Schumacher mit Ferrari gelungen. Vier Titel in Folge (in unterschiedlichen Autos) hatte in den 50er Jahren auch Juan Manuel Fangio eingefahren.

Beim Schritt in die Turbo-Ära anfangs 2014 kam die Erfolgsmaschine jedoch ins Stocken: Renault verschlief gemessen an Mercedes die Entwicklung. Red Bull Racing war zwar das einzige Team, das Mercedes 2014 drei Niederlagen beibringen konnte, aber an den Titel war nicht mehr zu denken. Es ist auch bezeichnend, dass der für Mark Webber gekommene Daniel Ricciardo diese drei Siege einfuhr. Sebastian Vettel tat sich mit den neuen Turbo-Autos schwer, zudem suchte er nach einer neuen Motivation. Im Herbst 2014 unterschrieb er bei Ferrari.

2015 zeigte sich: Selbst das beste Chassis kann das Manko durch die enttäuschenden Renault-Motoren nicht wettmachen. Jahrelang hatten die Franzosen Motoren gebaut, die gut genug waren, um mit RBR Siege und Titel einzufahren, doch nun stimmten weder Leistung noch Standfestigkeit. Erstmals seit 2008 konnte kein Rennen gewonnen werden. Dafür zeigte sich in Form von Daniel Ricciardo und Daniil Kvyat, dass das Förderprogramm von Red Bull auf dem richtigen Weg ist. Der junge Russe Kvyat ging den gleichen Weg wie vor ihm Vettel und Ricciardo – von Toro Rosso zu Red Bull Racing – und konnte sich für das in ihn gesetzte Vertrauen mit guten Leistungen bedanken.

Red Bull Racing – die Fahrer

2005: David Coulthard, Christian Klien, Tonio Liuzzi
2006: David Coulthard, Christian Klien, Robert Doornbos
2007: David Coulthard, Mark Webber
2008: David Coulthard, Mark Webber
2009: Sebastian Vettel, Mark Webber
2010: Sebastian Vettel, Mark Webber
2011: Sebastian Vettel, Mark Webber
2012: Sebastian Vettel, Mark Webber
2013: Sebastian Vettel, Mark Webber
2014: Sebastian Vettel, Daniel Ricciardo
2015: Daniel Ricciardo, Daniil Kvyat

Red Bull Racing – die Motoren

2005: Cosworth
2006: Ferrari
Seit 2007: Renault

Red Bull Racing – die Erfolge

2005: 34 Punkte, WM-Rang 7
2006: 16 Punkte, WM-Rang 7 (erster Podestplatz: David Coulthard Dritter in Monaco)
2007: 24 Punkte, WM-Rang 5 (ein Podestplatz)
2008: 29 Punkte, WM-Rang 7 (ein Podestplatz)
2009: 153,5 Punkte, WM-Rang 2 (erster Sieg mit Vettel vor Webber in China, 6 Siege, 6 zweite Ränge, 4 dritte Plätze, 5 Pole-Positions, 6 beste Rennrunden)
2010: 498 Punkte, Weltmeister (9 Siege, 6 zweite Plätze, 5 dritte Ränge, Sebastian Vettel Fahrer-Weltmeister)
2011: 650 Punkte, Weltmeister (12 Siege, 7 zweite Plätze, 8 dritte Ränge, 18 Pole-Positions, 10 beste Rennrunden, Vettel Fahrer-Weltmeister)
2012: 460 Punkte, Weltmeister (7 Siege, 4 zweite Plätze, 3 dritte Ränge, 8 Pole-Positions, 7 beste Rennrunden, Vettel Fahrer-Weltmeister)
2013: 596 Punkte, Weltmeister (13 Siege, 6 zweite Ränge, 5 dritte Plätze, 11 Pole-Positions, 12 beste Rennrunden, Vettel Fahrer-Weltmeister)
2014: 405 Punkte, WM-Rang 2 (3 Siege, 2 zweiter Platz, 8 dritte Ränge, 3 beste Rennrunden)
2015: 187 Punkte, WM-Rang 4 (2 zweite Ränge, ein dritter Platz)
Total: 4 Fahrer-WM-Titel, 4 Konstrukteurs-Pokale, 50 Siege, 57 Pole-Positions, 47 beste Rennrunden

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