Reifenplatzer Vettel und Rosberg: Pirelli beugt vor
Sebastian Vettel mit kaputtem Reifen in Belgien 2015
Kurz vor Schluss des Belgien-GP 2015 war am Ferrari von Sebastian Vettel der rechte Hinterreifen explodiert. Daraufhin hat der vierfache Formel-1-Champion Pirelli hart kritisiert, Pirelli baue seit Jahren schlechte Reifen und es geschehe nichts. Schon im Training hatte Nico Rosberg einen Highspeed-Zwischenfall mit einem kaputten Reifen. Beide Unfälle hätten dramatische Folgen haben können.
Pirelli leitete eine Untersuchung ein und kam zum Schluss: Die Schäden in Belgien gehen auf einen ungewöhnlichen Kombi-Effekt von Trümmerteilen auf der Strecke und übermässigen Gebrauch zurück, dies auf einer für Reifen überaus anspruchsvollen Bahn.
Nach dem Belgien-GP-Wochenende hat Pirelli in den aus den Ardennen zurückgebrachten Reifen 63 Schnittverletzungen gefunden. Bei 15 Tests und Rennwochenenden zuvor lag die Quote bei 1,2 Reifenverletzungen dieser Art pro Anlass.
Pirelli beteuerte: Es gibt kein strukturelles Problem mit den Walzen. Mikroskopische Tests zeigten an den Reifen keine Ermüdungserscheinungen. Daher schliesst Pirelli: Der abnormal hohe Anteil beschädigter Reifen muss auf den Zustand der Strecke zurückgehen. Selbst das kleinste Fitzelchen aus Kohlefaser oder anderer Teile scharfkantiger Natur kann zu Reifenschäden führen, selbst wenn die Reifenstruktur selber nicht beschädigt worden ist. Der Schaden kann sich dann explosionsartig einstellen und nicht in Form eines klassischen Platten.
Was den Reifen von Nico Rosberg angeht, so zeigen Videoaufnahmen, dass der (verglichen mit Vettel weniger abgenutzte) Reifen besser gehalten hat und das Versagen nicht plötzlich war. Schon vier Kurven vor dem Schaden war ein Element der inneren Reifenstruktur auf Kameraaufnahmen zu sehen, Material, das aus dem Aufbau des Reifens stammte.
Vettel schäumte in Spa-Francorchamps: «Wenn das 200 Meter weiter vorne passiert, dann knalle ich an die Wand. Ich glaube, das muss jetzt einfach mal gesagt werden: Die Reifen sind miserabel. Es kann nicht sein, das geht jetzt schon Jahre so, ich weiss nicht, worauf wir warten. Die Voraussage von Pirelli war, dass der Reifen 40 Runden hält, und wir hatten knapp 30 drauf. So etwas darf nicht passieren.»
Pirelli-Motorsportdirektor Paul Hembery sah das Ganze natürlich anders. Im TV-Interview mit RTL erklärte der Brite: «Die Angaben zum Reifenverschleiss sind allgemein und hängen von vielen Faktoren ab. Der Reifen von Sebastian war am Ende, wenn man das so macht, dann passiert dir das mit jedem Reifen. Das war ziemlich ehrgeizig geplant, und diesmal hat es sich nicht gelohnt. Aber ich kann verstehen, dass er wütend ist, das ist völlig normal, dass er so reagiert. Dafür werde ich ihn nicht kritisieren.»
Später relativierte Ferrari-Star Vettel seine Kritik: «Da wurde viel geschrieben, das nicht korrekt war. Was ich sagte, war klar: Ein Reifenplatzer aus heiterem Himmel, das ist nicht akzeptabel. Das finde ich noch immer. Der wichtigste Punkt jedoch ist – dass wir uns diese Angelegenheit ganz genau anschauen. Pirelli war sehr offen in allen Gesprächen, das Problem wurde sehr ernsthaft und überaus professionell angegangen. Ich habe inzwischen etwas mehr Einsicht, was mit den Reifen in Belgien passiert ist. Wir alle versuchen ja, unsere Produkte zu verbessern. Die Autos sind sicherer als vor dreissig Jahren, aber auch hier steht die Arbeit nie still. Was Pirelli angeht, so ist mir nicht so wichtig, was in einer Pressemitteilung steht. Mir ist wichtiger, was die Techniker mir erklären und welches Gefühl ich vermittelt bekomme.»
Pirelli reagierte mit exakten Druck- und Sturzvorgaben für die Rennställe, angepasst auf die jeweilige Rennstrecke. Wer sich nicht an die Vorgaben hält, bekommt es mit den Regelhütern der FIA zu tun.
Nun geht das Mailänder Traditionsunternehmen offenbar noch einen Schritt weiter. Wie die Kollegen von Omnicorse berichten, soll der Aufbau der 2016er Reifen für die Formel 1 verändert worden sein.
So sollen auf die Karkasse zwei Laufflächen aufgezogen werden – die normale und darunter eine zweite, härtere. Ist der herkömmliche Gummi abgenutzt, wird die zweite Mischung freigesetzt, die so hart ist, dass die Rundenzeiten steigen und der Fahrer merkt, dass es höchste Eisenbahn für einen Reifenwechsel ist. Ohne, dass er Gefahr läuft, den Reifen bis auf die Karkasse herunterzufahren und einen Schaden zu riskieren.
Wie genau sich das auswirkt, werden wir ab Beginn der Formel-1-Wintertests am 22. Februar auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya in Spanien erfahren.
Die wichtigsten Termine
Präsentationen/Roll-out
3. Februar: Renault (in Paris, ohne neues Auto)
15. Februar: Roll-out Mercedes (Silverstone, unbestätigt)
17. Februar: Red Bull Racing (in London, Team-Farben)
21. Februar: Präsentation McLaren-Honda (Ort unklar)
22. Februar: Präsentation HaasF1 (Circuit de Barcelona-Catalunya)
22. Februar: Präsentation Williams (Circuit de Barcelona-Catalunya)
22. Februar: Präsentation Manor (Circuit de Barcelona-Catalunya)
1. März: Neuer Sauber (Circuit de Barcelona-Catalunya)
Formel-1-Wintertests
22.–25. Februar: Spanien (Barcelona)
Formel-1-WM
20. März: Australien (Melbourne)
3. April: Bahrain (Sakhir)
17. April: China (Shanghai)
1. Mai: Russland (Sotschi)
15. Mai: Spanien (Barcelona)
29. Mai: Monaco (Monte Carlo)
12. Juni: Kanada (Montreal)
19. Juni: Aserbaidschan (Baku) *
3. Juli: Österreich (Spielberg)
10. Juli: Grossbritannien (Silverstone)
24. Juli: Ungarn (Budapest)
31. Juli: Deutschland (Hockenheim)
28. August: Belgien (Spa-Francorchamps)
4. September: Italien (Monza)
18. September: Singapur
2. Oktober: Malaysia (Sepang)
9. Oktober: Suzuka (Japan)
23. Oktober: USA (Austin) **
30. Oktober: Mexiko (Mexiko-Stadt)
13. November: Brasilien (Sao Paulo)
27. November: Abu Dhabi (Insel Yas)
* Strecke noch nicht homologiert
** Finanzierung noch nicht gesichert