Bleibt umstrittene Ausschluss-Quali? Teams uneinig
Das neue Quali-Prozedere ist ein prima Beispiel für das geflügelte Wort: Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut. In der Theorie sollte das Ausscheidungsverfahren die Spannung erhöhen und das Überraschungsmoment fördern. In der Praxis waren alle vom Blick auf die herunterzählende Uhr fasziniert, weniger vom Geschehen auf der Bahn. Einige Rennställe schickten ihre Piloten zu spät auf die Bahn und gaben sich damit der Lächerlichkeit preis. Ist es für die angeblich besten Strategen der Branche zu schwierig auszurechnen, wann der eigene Fahrer auf die Bahn muss, um nicht von der Stoppuhr abgefangen zu werden? Jeder Zweitklässler kann das.
Zum Schluss hatten die Piloten keine Reifen mehr oder keine Möglichkeit, sich zu verbessern. Also wurde nicht mehr gefahren. Dafür hat doch kein Melbourne-Besucher ein Ticket gekauft. Aber auch das war abzusehen.
Ferrari-Star Sebastian Vettel brachte es auf den Punkt: «Jetzt ist die Aufregung gross, aber als das neue Quali-Prozedere angekündigt wurde, haben wir gleich darauf hingewiesen, was passieren würde.»
Die Rennfahrer hatten sich schon im Rahmen der Barcelona-Tests bei ihrem FIA-Ansprechpartner Charlie Whiting lautstark über das neue Prozedere beschwert.
Stolpert die Formel 1 nun über ihren eigenen Entscheidungsprozess?
SPEEDWEEK.com-Leser wissen: Um also das verpatzte Ausschlussverfahren, das in Australien so viel böses Blut gegeben hat, wieder zu verbannen, müssen die Strategiegruppe, die Formel-1-Kommission und der Motorsport-Weltrat zustimmen.
In der Strategiegruppe haben FIA-Präsident Jean Todt, Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone sowie die Formel-1-Teams gleich viele Stimmen – je sechs. Wenn Todt und Ecclestone paktieren, können die Rennställe einpacken. Dann ist die Abstimmung von Australien unnütz, weil sie auf Strategiegruppen-Niveau schlicht überstimmt würden.
Und auch wenn die Formel-1-Kommission einen Vorschlag gutheisst, bedeutet das noch immer nicht, dass er später vom FIA-Weltrat abgenickt wird. Ferrari kann von seinem Vetorecht Gebrauch machen. Und der Weltrat kann einen Vorschlag wieder zurück an die Strategiegruppe senden. Damit würde alles wieder von vorne beginnen.
Aber auch untereinander sind sich die Teams nicht einig – wie so oft. Bei den Kollegen von Autosport sagt Bob Fernley, der stellvertretende Teamchef von Foce India: «Ein Hintergrund des neuen Quali-Prozederes war doch die Idee, die Rennen interessanter zu machen. Wie konnte man also nach dem Abschlusstraining sagen, wir sollen zurück zum alten System, wo wir doch noch gar keinen Grand Prix bestritten hatten. Es ist auch nicht wahr, dass es eine Abstimmung gegeben haben soll, wonach wir zur alten Quali zurück wollen. Ich habe vielmehr gesagt: Wir sollten dem System ein wenig mehr Zeit geben. Ich finde, das Rennen hat sich sehr interessant entwickelt. Also werden wir keiner erneuten Änderung zustimmen. Wir fänden, das wäre nicht gut für die Formel 1. Ich bin auch dafür, dass wir gewisse Schwächen der neuen Quali eliminieren. Aber der neue Ablauf wurde überstürzt eingeführt und war zu wenig durchdacht.»
«Alle reden davon, dass zum Schluss von Quali 3 kein Auto mehr auf der Bahn war. Klar war das nicht gut. Aber wann habt ihr letztmals so viel Action in Quali 1 und Quali 2 gesehen? Ich finde, wir sollten uns auf die Stärken des neuen Abschlusstrainings konzentrieren und in aller Ruhe die Schwächen ausbügeln.»
Formel-1-WM
20. März: Australien (Melbourne) – Sieger: Nico Rosberg (D)
3. April: Bahrain (Sakhir)
17. April: China (Shanghai)
1. Mai: Russland (Sotschi)
15. Mai: Spanien (Barcelona)
29. Mai: Monaco (Monte Carlo)
12. Juni: Kanada (Montreal)
19. Juni: Europa (Aserbaidschan, Baku)
3. Juli: Österreich (Spielberg)
10. Juli: Grossbritannien (Silverstone)
24. Juli: Ungarn (Budapest)
31. Juli: Deutschland (Hockenheim)
28. August: Belgien (Spa-Francorchamps)
4. September: Italien (Monza)
18. September: Singapur
2. Oktober: Malaysia (Sepang)
9. Oktober: Suzuka (Japan)
23. Oktober: USA (Austin)
30. Oktober: Mexiko (Mexiko-Stadt)
13. November: Brasilien (Sao Paulo)
27. November: Abu Dhabi (Insel Yas)