Skandal-Quali: Gipfeltreffen am Sonntag in Bahrain
Jean Todt: «Ich bin mir nicht sicher, ob jeder GP-Pilot die Entscheidungsprozesse in der Formel 1 vollständig durchschaut»
Jean Todt ist einer der wenigen Verfechter des neuen Qualifying-Formats, das in Australien erstmals zur Anwendung kam und für Ärger sorgte, weil der Schlussspurt der Pole-Anwärter ausblieb. Der Präsident des Automobilweltverbands FIA reagierte in Bahrain auf die Kritik der meisten Fans und Fahrerlager-Gäste und erklärte grosszügig: «Wir sind für alles offen. Das beinhaltet auch eine Rückkehr zum alten Format.»
Todt betonte aber auch: «Es gibt keinen Grund, die ersten beiden Drittel des neuen Qualifyings als schlechte Idee zu bezeichnen. Nach dem heutigen Qualifying werden wir uns morgen, Sonntag, mit den Teams und Formel-1-Rechteinhabern zusammensetzen, und hoffentlich eine Lösung finden, die im Sinne des Sports einstimmig angenommen wird.»
Der ehemalige Ferrari-Teamchef erklärte auf den Vorwurf, dass der Automobilweltverband als Hüter der Formel-1-Regeln seine Arbeit nicht mache: «Wir können als Regelhüter natürlich etwas ausrichten, aber ich will kein Diktator sein, der etwas erzwingt. Ich wurde einfach von den 250 FIA-Mitgliedern mit der Aufgabe betraut, das Gespräch zu suchen. Die Zeit der Diktatoren ist vorbei. Als Präsident muss ich mich etwa mit der Strategie-Gruppe absprechen. Und die Formel-1-Kommission gibt es ja schon seit Beginn.»
Und Todt legt nach: «Ich war immer gegen Diktaturen und leitete meine Teams immer erfolgreich. Das hat viel mit Verantwortung zu tun. Es gibt eine starke Formel-1-Gruppe und eine technische Arbeitsgruppe um Charlie Whiting, die sehr gute Arbeit leistet. Ich muss mit dem Erbe leben, das ich hier vorgefunden habe. Aber ich kann nicht beurteilen, wie es vor langer Zeit war. Früher konnte die FIA nur Änderungen durchsetzen, die im Sinne der Sicherheit eingeführt wurden. Das ist heute nicht mehr so.»
Formel-1-Stars: Vorschläge, aber nicht mehr Mitspracherechte?
Der 70-Jährige winkt mit Blick auf die Forderung der Formel-1-Piloten nach mehr Mitspracherecht ab: «Ich respektiere die Inputs der Fahrer und die FIA hat auch eine Fahrer-Kommission, die Teil des Weltrats ist. Die Fahrer sind auch in der Sicherheitskommission vertreten und ich treffe einige von ihnen auch privat. In den vergangenen drei Jahren hat Charlie Whiting verschiedene ehemalige und aktuelle Fahrer aufgefordert, ihre Vorschläge abzugeben, wie man das Überholen in der Formel 1 fördern könne.»
Den offenen Brief der GP-Fahrervereinigung GPDA kommentiert der kleine Franzose mit folgenden Worten: «Zuerst einmal muss festgehalten werden, dass der Brief nicht an mich gerichtet war. Ich habe dennoch darauf reagiert. Die Fahrer brauchen nicht mehr Mitspracherecht, denn wir besprechen ja nur die Details.»
Und der ehemalige Rallye-Pilot fügte grosszügig an: «Wenn sie dabei sein wollen, dann erteile ich ihnen hiermit offiziell die Erlaubnis dazu. Ich denke, wir müssen ihre Sichtweise berücksichtigen und daraus lernen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob jeder GP-Pilot die Entscheidungsprozesse in der Formel 1 vollständig durchschaut.»
Mit Blick auf die umfassenden Regeländerungen, die ab 2017 für mehr Action auf der Strecke sorgen sollen, erklärte Todt schliesslich: «Eigentlich hätten die Regeln vor dem 29. Februar publiziert werden müssen. Wir haben uns darauf geeinigt, diese Deadline auf den 13. April zu verschieben, um nichts zu überstürzen. Wir wollen einen Vorschlag, der für alle zufriedenstellend ist. Ich glaube, wir haben noch nicht alle Antworten. Ich persönlich setze mich dafür ein, den Preis für die Motoren zu senken. Ich will damit sicherstellen, dass sich jedes Team einen Motor leisten kann.»