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Roland Ratzenberger – wir haben Dich nicht vergessen

Kolumne von Adam Cooper
​Heute vor 22 Jahren haben wir Roland Ratzenberger verloren. In den sozialen Netzwerken zeigt sich: Der Österreicher ist von seinen Fans nicht vergessen worden.

30. April, ein Datum, das ich nie vergessen werde. Denn heute vor genau 22 Jahren haben wir in Imola Roland Ratzenberger verloren. Wenn ich mich in den sozialen Netzwerken umschaue, dann merke ich – die Menschen haben den Salzburger nicht vergessen. Das ist schön.

Jahre nach seinem Tod habe ich mich durch Dutzende Mikrokassetten gearbeitet, als ich mein Archiv aufräumte. Viele davon tragen den Namen Roland. Meist redet er darauf über Unter- oder Übersteuern. Ich bedaure, dass wir uns nicht öfter über Anderes unterhalten haben.

Ein Interview sticht heraus: Eine Geschichte, die ich damals für «Autosport» machte, in der Serie «Das Rennen meines Lebens». Natürlich war es das Formel-Ford-Festival von 1986. Allein seine Mühen, überhaupt in dieses Startfeld zu gelangen, zeugen davon, wie sehr sich Roland immer abstrampeln musste.

Ich traf Roland Ratzenberger erstmals in jenem Jahr, als er sich in der britischen Formel Ford einen Namen machen wollte. Er war eine Einmann-Schau – er arbeitete selber am Wagen. Es gab keinen Manager, keinen Mediendelegierten, keinen Helmträger, keinen Physiotherapeuten. Alles, was es gab, waren er, ein Auto und seine Arbeit.

Er arbeitete sich hoch: Formel 3, britische Formel 3000, Tourenwagen, Sportwagen, ich lernte ihn besser kennen. Er stand den Medien sehr offen gegenüber, weil ihm klar war, dass ihm die Publicity nützte. Aber es war nicht kühle Berechnung hinter diesem offenen Wesen, es waren Charme und ein ausgeprägter Sinn für Humor.

Wie Roland mein Leben veränderte

Ich stand in Diensten von «Autosport», inzwischen fuhr er in Japan, und ich rief ihn oft an, um nach Neuem zu fragen. Im Sommer 1991 entschloss ich mich dazu, mir mal die japanische Szene mit eigenen Augen anzuschauen, mein Zweiwochen-Trip begann mit einem Gruppe-C-Lauf in Fuji.

Ich war schon zuvor in Fuji und Suzuka gewesen, aber noch nie in Tokio. Nach dem Rennen fanden einige Piloten, ich müsste mir unbedingt das berüchtige Viertel von Roppongi anschauen. Wir begannen den Abend im «Charleston», einem Italiener, den es noch heute gibt, dann klapperten wir eine Bar nach der anderen ab.
Nach und nach setzten sich Johnny Herbert, Thomas Danielsson, Volker Weidler und die anderen ab. Am Schluss sassen nur noch Roland und ich in einem Etablissement namens «Deja Vu». Wir nuckelten an einem Bierchen, und Roland triezte eine Dame, deren Ruf vielleicht nicht über jeden Zweifel erhaben ist. Nachdem ihr dämmerte, dass sie kein Geschäft machen würde, verliess sie uns.

Als die Barbesitzer die Stühle auf die Tische stellten, erschien uns die Gelegenheit günstig, langsam richtig Hotel zu wandern. Der Tag brach an. Auf dem Weg zum «President Hotel» kamen wir zum Schluss, dass ich vielleicht mehr Zeit in Japan verbringen sollte. So entstand der Plan, dass ich in Japan lebe und von dort über die Rennszene berichte. Die Entscheidung hat mein Leben verändert.

Japan: Leben auf einem anderen Planeten

Im darauf folgenden März tauchte ich wieder in Japan auf, und ich blieb zwei Jahre lang. Ich schloss Freundschaften, die bis heute halten, und ich lernte in Tokio die heutige Mrs. Cooper kennen. Das alles wäre ohne die lange Nacht mit Roland nicht passiert.
Mein erstes Rennen als Japan-Korrespondent: Der Formel-3000-Lauf von Suzuka. Ein Team hatte mir im Circuit-Hotel ein Zimmer gebucht, für 120 Pfund. Das waren ungefähr 120 Pfund mehr als mein Budget. Roland hatte Mitleid und sagte, er habe sowieso ein Zweibett-Zimmer, ich solle bei ihm pennen.

Gesellschaft tat ihm gut, denn er musste eine Klapperkiste von altem Lola fahren, mit dem er sich nicht fürs Rennen qualifizieren konnten. Ich habe ihn nie so niedergeschlagen erlebt. Zum Glück erkannte das Team das Problem, es gab ein neues Chassis, und schon bald tauchte Ratzenberger auf Spitzenplätzen auf.

Natürlich erkannte Roland schnell, dass meine Planung in Sachen Finanzen nicht ganz aufging. Also engagierte er mich offiziell, für ihn Pressemitteilungen zu schreiben. Die faxte ich dann an seine Sponsoren und österreichische Journalisten. Ich erhielt 70 Pfund pro Rennen. Das war nicht viel, hielt mich aber über Wasser.

Meine Dienste sprachen sich herum, und schon bald tat ich das Gleiche für Jacques Villeneuve, Mika Salo und Heinz-Harald Frentzen. Alle sollten früher oder später Formel 1 fahren, offenbar habe ich nicht alles falsch gemacht in Japan.

Die trauige Serie der Österreicher

Motorsporthistorie war ihm wichtig: Ich kann mich noch gut an seine Enttäuschung erinnern, als ihm klar wurde, wie wenig Jacques Villeneuve über seinen Vater Gilles wusste. Ich weiss noch, wie traurig Roland war, als er erfuhr, dass Denny Hulme beim Tourenwagenrennen von Bathurst verstorben war.

Sicherheit war ihm auch wichtig: Bei einem Formel-3000-Test in Fuji hatte Anthony Reid einen fürchterlichen Unfall. Der Brite hatte seinen Helm verloren, Blut überall, die Streckenposten flippten komplett aus. Zum Glück waren die Verletzungen nicht so schlimm, wie es aussah. Roland übernahm vor Ort das Kommando über die eingeschüchterten Japaner. Und er stellte sicher, dass ich später eine Kolumne in einem nationalen Magazin platzierte, um Nachlässigkeiten in Sachen Pistensicherheit japanischer Strecken anzuprangern.

Wir sprachen über die lange Serie österreichischer Rennfahrer, die ihr Leben lassen mussten – Rindt, Koinigg, Höttinger, Gartner. Roland hatte wenig Freude, als ich Markus Höttinger als «Hottinger» aussprach, also ohne Ö. Er korrigierte mich mit Nachdruck. Wie sollten wir wissen, dass er Jahre später diese traurige Liste erweitern würde?

Solche und viele andere Gedanken gehen mir heute durch den Kopf. Sein Tod ist 22 Jahre her, aber Roland Ratzenberger ist mir noch immer nah. Am meisten vermisse ich sein breites Lächeln. Ich schätze mich glücklich, ihn gekannt zu haben.

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