Mercedes und Ferrari geben Gas – tschüss, Tokensystem
Mercedes führt, Ferrari drängelt
Ferrari hat offiziell dazu nie Stellung bezogen, das übernahm dafür der Autoverband FIA: Als das freie Training zum Grossen Preis von Russland in Sotschi schon lief, bestätigten die Regelhüter – neuer Motor in den roten Rennern von Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel, das Herzstück der 1,6-Liter-Antriebseinheiten.
Verbesserungen in den Brennräumen waren den italienischen Spezialisten um Motorenchef Mattia Binotto drei Token wert. Damit hat Ferrari noch sechs Marken übrig für den Rest der Saison. Der nächste Schritt soll in verbesserten Ladern bestehen, in aller Wahrscheinlichkeit kommt das in Kanada. Das dürfte weitere zwei oder drei Token kosten.
Mercedes-Benz hingegen hat am Spritsystem getüftelt, dafür werden zwei Token eingesetzt, als erste verwendete Wertmarken des Jahres. Die Weltmeister haben daher den grösseren Spielraum, um noch zuzulegen: Denn Mercedes hatte im Winter nur 19 Token eingesetzt (von 32 erlaubten). Im Gegensatz zur Verbesserung bei Ferrari ist dafür jedoch kein neuer Verbrennungsmotor (ICE, internal combustion engine) notwendig. In den Autos von Nico Rosberg und Lewis Hamilton laufen die Motoren, die schon in Shanghi im Einsatz waren.
Immerhin 23 der 32 zur Verfügung stehenden sogenannten Token (Erklärung weiter unten) hatte Ferrari genutzt, um den Motor im Winter besser zu machen.
Auch Honda hat wenig überraschend einen Grossteil der Token verbraucht, um den 2015 krass unterlegenen Motor zu verbessern. Der japanische 1,6-Liter-V6-Turbo wurde mit 18 Token bearbeitet.
Anders sieht es bei der Konkurrenz aus. Flexibel ist zum Beispiel Renault. Die Franzosen haben nur sieben ihrer 32 Token eingesetzt, sowohl für ihr Werksteam als auch für Red Bull Racing. Bleiben für den Rest des Jahres also noch 25 Token.
Die ungeliebten Token verschwinden
Im Formel-1-Reglement wurde verankert, dass bei der Einführung der neuen Turbomotoren ab 2014 mit so genannten Wertmarken («token») der Motor schrittweise modifiziert werden sollen. Die vom Autoverband definierten 42 zur Modifikation freigegebenen Teile der Antriebseinheiten wurden dabei in Wichtigkeitsstufen eingeteilt (1, 2 und 3). Die Summe dieser einzelnen Komponenten betrug 66 Wertmarken. Die Motorenhersteller konnten nun selber entscheiden, wie sie ihre Wertmarken ausgeben wollten – je nach Entwicklungsbedarf eben.
Für neu entworfene Kolben oder einen anderen Lader wurden beispielsweise zwei Wertmarken fällig, für ein neues Zündsystem eine Wertmarke, Veränderungen am Brennraum hingegen fielen mit drei Wertmarken ins Gewicht.
Fürs erste Evo-Jahr, also 2015, wurden dann theoretisch insgesamt 32 Wertmarken erlaubt, anders gesagt: gut die Hälfte des Motors durfte umgekrempelt werden (48 Prozent), immer im Rahmen des Erlaubten (Höhe des Blocks oder die Bohrung etwa waren tabu).
Aber schon im Ansatz erwies sich das System als fehlerhaft.
Aufgrund einer verbalen Ungenauigkeit im Reglement wurde es möglich, innerhalb der Saison 2015 zu entwickeln. Gleichzeitig wurde klar, dass Mercedes-Benz die Hausaufgaben am besten gelöst hatte. Es drohte die Gefahr: Wenn die Entwicklung zu eingeschränkt ist, dann konserviert Mercedes den Vorsprung möglicherweise bis 2019.
Der Plan des Wertmarkensystems ist letztlich gescheitert. Ab 2017 werden die vier Formel-1-Motorhersteller Mercedes-Benz, Ferrari, Renault und Honda wieder ohne das bisherige Entwicklungskorsett arbeiten können.
Ein weitere Sieg der Motorenhersteller über die FIA.