Marc Surer: Strafpunkte für Kvyat – totaler Blödsinn
Daniil Kvyat wurde im Russland-GP für die Kollisionen mit dem Ferrari von Sebastian Vettel zu einer Stop-and-go-Strafe in der Länge von zehn Sekunden verdonnert, dazu setzte es im Sündenregister drei Strafpunkte. «Eine gerechte Strafe», sagt der Basler Sky-GP-Experte Marc Surer. «Aber sind wir mal ehrlich: Solche Zwischenfälle nach dem Start können jedem passieren. Wir erwarten doch von einem jungen Fahrer, dass er etwas riskiert. Die Routiniers können die Situation vielleicht besser einschätzen, bei einem jungen Fahrer geht’s dann eben auch einmal schief. So ist Rennsport. Das Dumme war in diesem Fall, dass es gleich zweimal gekracht hat. Sonst hätte sich niemand aufgeregt.»
Der frühere Formel-1-Fahrer Surer zum Strafregister der FIA: «Das ist wie in Flensburg. Hat ein Fahrer zwölf Zähler auf seinem Sünderkonto, muss er automatisch beim darauf folgenden Rennen aussetzen. Davor passiert gar nichts. Für mich macht das nur im Strassenverkehr Sinn, in der Formel 1 ist das System totaler Blödsinn. Denn zum einen bekommen Fahrer hier für kleinste Lappalien Strafpunkte, für Vergehen, die sie teilweise gar nicht verschulden. Zum Beispiel, wenn sie zu spät zum Wiegen kommen. Ausserdem würde es ewig dauern, bis ein Fahrer genug Punkte angesammelt hat. Mit einer unmittelbaren Bestrafung hat das nichts zu tun.»
Marc Surer (64) hätte einen anderen Weg beschritten: «Wir haben doch das Mittel der Verwarnung, ähnlich wie die gelbe Karte im Fussball. Wenn du verwarnt bist und ein Vergehen in vergleichbarer Form noch mal passiert, bist du dran und musst ein Rennen pausieren. Nach einigen Rennen erlischt die Verwarnung dann wieder. Das wäre für mich die richtige Strategie gewesen. Es ist das wirkungsvollste Mittel, das hat auch der Fall Romain Grosjean 2012 gezeigt, da musste der Genfer nach dem Startunfall von Belgien ja in Monza zuschauen.»
«Die Rennkommissare sind ein sehr strafwütiges Volk. Sie halten sich für meinen Geschmack viel zu sehr mit Details und kleinen Kollisionen auf. Man sollte sich lieber auf krassere Fälle konzentrieren und dann sofort reagieren.»
Zur Versetzung von Daniil Kvyat zurück zu Toro Rosso meint Surer: «Bei Red Bull wurde doch schon lange geplant, Verstappen ins A-Team zu holen. Es gab andere interessierte Teams, die an ihm dran waren. Deswegen hat Red Bull wohl nur einen Grund gesucht – und den hat Kvyat prompt geliefert. Er ist in dem Fall das Bauernopfer. Die Versetzung zu Toro Rosso sehe ich für Kvyat aber nicht so negativ wie andere Fachleute. Es ist immerhin eine zweite Chance. Im Moment ist Toro Rosso ausserdem mindestens so gut unterwegs wie Red Bull, da sie den besseren Motor haben. Und jetzt bekommt Kvyat bei Toro Rosso nochmals die Chance zu zeigen, was in ihm steckt. Wenn er mit dem Toro Rosso aufs Podium fährt oder ähnlich gute Ergebnisse zeigt, dann ist er rehabilitiert. Insgesamt ist die Entscheidung also fair. Sie hätten ihn ja auch einfach rausschmeissen können.»