Formel 1: Böser Verdacht gegen Red Bull Racing

Red Bull-Fahrertausch: Erst Schock, dann Verständnis

Von Vanessa Georgoulas
Wieder gemeinsam unterwegs: Toro Rosso-Teamchef Franz Tost und Daniil Kvyat

Wieder gemeinsam unterwegs: Toro Rosso-Teamchef Franz Tost und Daniil Kvyat

Der Fahrertausch von Red Bull hat die Formel-1-Welt überrascht. Nach dem ersten Schock sind sich die meisten Experten einig: Die Verantwortlichen haben mit der Beförderung von Max Verstappen richtig gehandelt.

Dass ein GP-Pilot mitten in der Saison und ohne Verletzungsnot von heute auf morgen ausgewechselt wird, ist in der heutigen Formel 1 unüblich. Deshalb war die Nachricht vom Cockpit-Tausch der Red Bull-Schützlinge Daniil Kvyat und Max Verstappen auch erst einmal ein kleiner Schock – und zwar nicht nur für den Russen selbst, sondern für das ganze Fahrerlager.

Dennoch sind sich die meisten Experten der Königsklasse einig: Red Bull hat mit dem schnellen Wechsel nach dem blamablen Heimspiel des 22-Jährigen in Russland richtig gehandelt. Und zwar nicht nur, weil Ausnahmekönner Max Verstappen durch den Aufstieg ins A-Team langfristig an die Red Bull-Familie gebunden werden konnte.

Sondern auch, weil Kvyat damit wieder aus der Schusslinie der Kritiker genommen wurde. Denn der Rennfahrer aus Ufa konnte in seinem Debüt-Jahr und auch in der neuen Saison nicht wirklich überzeugten. Und der frühere Formel-1-Pilot Brian Redman vermutet, dass dies nicht zuletzt auch an der schnellen Beförderung Kvyats lag, der nach nur einem Toro Rosso-Jahr ins Schwesternteam aufrücken durfte.

Im Gespräch mit Sky Sports F1 erklärt der frühere GP-Pilot: «Ich bin mir nicht sicher, ob Kvyat damals schon bereit war. Es lastet ein unglaublicher Druck auf seinen Schultern und er ist noch immer sehr jung. Das ist eine extrem schwierige Situation, in der er gesteckt hat.»

Auf Spekulationen darüber, ob die Entscheidung der Red Bull-Verantwortlichen schon vor dem schwachen Auftritt Kvyats im Russland-GP gefällt wurde, will sich Redman nicht einlassen: «Das weiss ich nicht, aber es ist durchaus möglich, denn wir wissen nicht, was hinter den Kulissen alles gelaufen ist. Die Formel 1 war schon zu meiner Zeit ein sehr politischer Sport, der von Machtkämpfen und Kalkül bestimmt wurde.»

Der frühere McLaren-Mechaniker Marc Prestley ist überzeugt: «Das ist eines der Probleme des Red Bull-Nachwuchsprogramms. Sie haben diese Gruppe von Piloten und wenn einer geht, dann rückt natürlich ein Nachwuchsfahrer aus den eigenen Reihen nach. Die sind aber nicht immer bereit, aber es bleibt ihnen keine Wahl.»

Dennoch betont Prestley auch: «Das ist ein brutales Programm, aber man muss auch sehen, dass Red Bull Unmengen an Geld verpulvert, um den nächsten Sebastian Vettel zu finden. Und wenn sie das entsprechende Potenzial in Kvyat nicht erkennen können, dann ist er eben schnell weg. Auch wenn er ein guter Fahrer ist und Talent hat. Ein Teil von mir denkt, dass dies der richtige Ansatz ist. Wir wollen ja die besten Fahrer der Welt in der Formel 1 sehen.»

Ex-Formel-1-Pilot und TV-Experte Martin Brundle geht sogar noch weiter und bezeichnet den Schachzug der Red Bull-Verantwortlichen als «Meisterstück» und erklärte: «Ich denke, das war die perfekte Chance für Red Bull, Verstappen im Fahrermarkt aus dem Verkehr zu ziehen. Sie haben viel vor mit ihm und müssen ihn schützen und im Team halten.»

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