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GP Europa in Baku (Aserbaidschan): Die vier Gefahren

Von Mathias Brunner
​An der Strassenrennstrecke «Baku City Circuit» wird auf Hochtouren gearbeitet – es gibt noch viel zu tun, bevor am kommenden Freitag die Rennwagen auf die Bahn gehen.

Valtteri Bottas und Sergio Pérez haben grosse Augen gemacht: Der Williams-Pilot aus Finnland und der Force-India-Fahrer aus Mexiko haben die neue Strassenrennstrecke «Baku City Circuit» heute Morgen abgejoggt und sind tief beeindruckt. «Eine unfassbare Strecke», findet der Monaco-Dritte Pérez. «So etwas habe ich noch selten gesehen.»

Um genau zu sein, hat Sergio so etwas überhaupt noch nie gesehen: Kein Strassenkurs der Welt hat je solche Geschwindigkeiten erlaubt.

Und das ist gleichzeitig Reiz und Gefahr dieses Rennens: Die Tempi sind hoch, die Rede ist von Topspeed im Bereich von 340 km/h, die Mauern und Kunststoffprallkörper stehen sehr dicht an der Bahn. Viel schiefgehen darf da nicht. Wir sagen vorher: Safety-Car-Fahrer Bernd Mayländer wird tüchtig zu tun bekommen.

In Sachen Technik geben zwei Faktoren zu denken: Die Bremsen werden auf den langen Geraden auskühlen, dann sind heftige Verzögerungen für die folgende 90-Grad-Ecken gefragt. Wie in Kanada werden gut funktionierende Bremsen ein grosses Thema sein.

In Sachen Reifen ist Pirelli eher konservativ vorgegangen: Mittelhart (weiss gekennzeichnete Walzen), weich (gelb) und superweich (rot). Das liegt an den hohen Geschwindigkeiten und den sommerlichen Temperaturen. Für den Renntag werden 35 Grad im Schatten vorhergesagt, das dürfte den weichsten Reifen ziemlich zusetzen.

Gleichzeitig helfen die hohen Umgebungstemperaturen jedoch gegen ein Phänomen, das in Kanada aufgetreten war: Auf den Geraden des Circuit Gilles Villeneuve hatten sich bei einigen Piloten die Reifen zu stark abgekühlt, daher fehlte dann in den Kurven die Haftung, das Herumrutschen führt zum so genannten Körnen (wenn sich auf der Reifenoberfläche kleine Gummiknubbel bilden), ein körnender Reifen rutscht jedoch noch mehr, das ist ein Teufelskreis, aus dem es selten ein Entrinnen gibt.

An der Piste wird an allen Ecken und Enden gearbeitet, es liegt viel Bauschutt herum, kaum vorstellbar, dass in knapp 48 Stunden hier schon das erste Training stattfindet. Aber die Organisatoren werden das hinbekommen. Die Formel-1-Renner sind übrigens nicht die ersten Autos, die am Rennwochenende auf die Bahn gehen werden: Diese Ehre wird der GP2 zuteil, knapp zwei Stunden vor der Formel 1, um 11.00 Uhr Lokalzeit (= 9.00 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit).

Die Grundprobleme bleiben, auch für die Nachwuchsklasse: Speed, Bremsen, Reifen. Fernando Alonso sagt: «Die Strecke von Baku eröffnet Herausforderungen, welche die Formel 1 noch nie gesehen hat.»

Weniger schmeichelhaft äussert sich Lewis Hamilton: «An einigen Stellen ist die Strecke total breit, wirkt fast wie eine Autobahn. An anderen ist sie super-eng. Ich weiss noch nicht recht, wie ich das alles einschätzen will.»

Damit sind wir bei der vierten Gefahr: Die Passage entlang der alten Stadtmauer ist so schmal wie keine andere in der Formel 1. Wenn sich hier zwei Autos verhaken, dann werden wir den Alltag eines Taxifahrers von Baku zur Stosszeit erleben – einen ausgewachsenen Rückstau.

Da nützt dann auch kein Bernd Mayländer mehr, da wird es nur noch eine Lösung geben: rote Flagge, Abbruch.

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