Marc Surer zu Rosberg: Bestzeit unter Gelb geht nicht
Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton hat bereits angekündigt: «Ich will in Hockenheim von Rennleiter Charlie Whiting wissen, was unter gelber Flagge nun erlaubt ist und was eben nicht.» Der Brite ist noch immer ungehalten darüber, dass er in Ungarn die Chance auf die Pole verlor, während sein Titelrivale Nico Rosberg trotz Gelb zur Bestzeit fuhr.
Auch für Marc Surer, den Basler Formel-1-Experten der deutschen Sky, ist das mindestens fragwürdig: «Das Doppel-Gelb-Signal “Zum Anhalten bereit sein” im Formel-1-Auto ist nicht viel anders als im normalen Strassenverkehr: Auf die Länge der überblickbaren Strecke sollte der Lenker in der Lage sein, sein Auto zu stoppen. Wenn in der Formel 1 die doppelte gelbe Flagge geschwenkt wird, könnten sich Menschen auf der Fahrbahn befinden, es besteht also akute Gefahr.»
«Die Geschwindigkeit dabei ist zwar Ermessenssache, muss aber signifikant verringert werden, wie es im Reglement heisst. Auslöser dafür ist der Unfall von Jules Bianchi in Suzuka 2014, der Franzose erlag vor einem Jahr seinen schweren Verletzungen. Bianchi ist auch bei doppelt Gelb von der nassen Strecke abgekommen und mit einem Kranwagen kollidiert, weil er zu schnell war. Die traurigen Folgen sind bekannt.»
«Die FIA geht seit Bianchis Unfall sehr vorsichtig vor. Es wird viel häufiger die rote Flagge geschwenkt, wenn es zu einem Trainingsunfall gekommen ist, und es werden Safety-Car-Starts gemacht, auch wenn sie nicht notwendig sind. Komischerweise sind die Rennkommissare aber genau bei dem Problem, welches Bianchi zum Verhängnis wurde, eher grosszügig. Bei doppelter gelber Flagge müsste die FIA viel konsequenter vorgehen. Unabhängig davon, ob es Rosberg war oder ein anderer Fahrer. Es kann nicht sein, dass ein Pilot bei doppelt Gelb die Bestzeit fährt. Das geht für mich vom Prinzip her nicht.»
«Ich glaube darüber hinaus, dass Lewis in diesem Zusammenhang nicht gezielt gegen Nico Stimmung gemacht hat, sondern ganz prinzipiell sein Unverständnis ausgedrückt hat. Denn Hamilton selbst hat sein Tempo viel deutlicher zurückgefahren, ja sogar fast angehalten. So erwarte ich das auch von einem Fahrer bei doppelter gelber Flagge.»
«Die FIA hätte bei Rosberg einen wichtigen Präzedenzfall für mehr Sicherheit schaffen müssen. Mit der getroffenen Entscheidung liefert sie jenen Piloten gute Argumente, die in solchen Situationen eben nicht vom Gas gehen. Das ist ein schlechtes Vorbild für jeden jüngeren Rennfahrer. Die Youngster fragen sich dann: “Rosberg ist unter doppelt Gelb seine schnellste Zeit gefahren – warum darf ich das nicht?” Das kann schlimme Folgen haben. Es muss von der FIA eine klare Ansage geben, was “Geschwindigkeit signifikant verringern” wirklich bedeutet.»