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Frage: Sind die Gespanne selbst schuld am Niedergang?

Von Rudi Hagen
Mitch Godden/Paul Smith (9) vor Manuel und Melanie Meier (90)

Mitch Godden/Paul Smith (9) vor Manuel und Melanie Meier (90)

Die Zahl der Bahnsportgespanne hat in den letzten Jahren in Deutschland immer mehr abgenommen. Thomas Schiffner vom MSC Neuenhasslau meint, dass die Aktiven selbst da eine gehörige Portion Mitschuld tragen.

Bahnrennen im Hasselrother Ortsteil Neuenhasslau im Main-Kinzig-Kreis haben eine jahrzehntelange Tradition in Hessen. Der MSC Neuenhasslau von 1953 e.V. war zur Coronazeit 2020 und 2021 zudem der einzige Verein in Deutschland, der ein Grasbahnrennen veranstaltet hat.

Am ersten Oktoberwochenende diesen Jahres hatte der rührige Club um den alten und neuen Vorsitzenden Thomas Schiffner zum 70-jährigen Vereins-Jubiläum wieder zwei Tage mit Quads, Oldies, Solo und Seitenwagen auf dem Programm. Ein Großteil der Zuschauer pilgerte wie immer vornehmlich wegen der Gespannrennen zur nun dank eines Sponsors «E-DRENALIN Kinzigtalring» genannten Grasbahn.

Dabei war es im Vorfeld alles andere als leicht für Schiffner und sein Team, adäquate Fahrerfelder in zwei Seitenwagenklassen zusammen zu bekommen. «Wir hatten uns für dieses Jahr zum 70-jährigen Clubjubiläum das Ziel gesetzt, ein I-Lizenz- und ein B-Lizenz-Fahrerfeld bei uns auf dem Ring zu haben», so der Clubchef, «das ist uns letztlich auch gelungen, aber es war unendlich mühsam, denn es gab eine Absage nach der anderen aus den verschiedensten Gründen».

Dabei war die Absage der neuen Europameister Markus Brandhofer/Sandra Mollema in der Internationalen Gespannklasse nach deren Sturz in Mühldorf ohne Zweifel. Schiffner: «Dafür habe ich natürlich vollstes Verständnis.»

Auf der nach eigenen Worten «verzweifelten Suche nach Ersatz» wurde man dann bei den Briten Mitch Godden/Paul Smith fündig. Schiffner: «Mitch hat uns ohne Diskussionen wegen Finanzen oder anderer Gründe sofort zugesagt. Die beiden haben dann auch gewonnen und unsere Bahn anschließend sehr gelobt. Und wenn unser Rennen im kommenden Jahr wieder im Oktober stattfinden würde, wären sie wieder dabei. Es wird die letzte Saison vom Mitch Godden sein und er wäre dann auch das letzte Mal in Neuenhasslau dabei. Zweite waren übrigens die Geschwister Meier aus Berghaupten, die großes Pech durch eine Disqualifikation hatten und uns über die Jahre immer die Treue gehalten haben.»

Dass es gerade bei den Gespannen so mühsam ist, größere Fahrerfelder zustande zu bekommen ist für Thomas Schiffner nicht wirklich nachzuvollziehen. «Hessen war in den vergangenen Jahrzehnten immer eine Hochburg für den Gespannsport. Es gab Riesen-Fahrerfelder mit großer Anzahl an Meldungen, zum Beispiel in Bad Hersfeld, in Echzell als es das noch gab, in Allendorf, in Klein-Krotzenburg, in Hof/Westerwald und so weiter. Überall, wo du hingefahren bist, hast du 20 bis 30 B-Lizenzgespanne gesehen, mit Ausscheidungsläufen und bei den I-Lizenzgespannen acht bis zwölf Gespanne oder wie in Hof/Westerwald noch mehr. Diese ganze Gespannszene hat sich aktuell auf je zwei Handvoll B-Lizenz- und I-Lizenzgespanne reduziert.»

Beim MSC Neuenhasslau wollten die neuen Clubverantwortlichen 2018 beim ersten Rennen nach einer mehrjährigen Pause diese Gespanntradition wieder aufleben lassen. Schiffner: «Wir haben dann alle deutschen Gespanne mit I- und mit B-Lizenz wochenlang angefragt, wir sind an den Wochenenden von Fahrerlager zu Fahrerlager bei den Rennen ihnen hinterhergelaufen, haben gebeten und gebettelt, dass sie bei uns fahren. Wir haben dann bis 2022 für unsere Rennen gemischte Fahrerfelder zusammenbekommen, I- und B-Lizenz. In der Summe zuerst vier, dann sechs, fünf und wieder sechs Gespanne. Aber einige Herren und Damen haben regelmäßig bei uns abgesagt. Wir können natürlich als kleiner Verein nicht 2000 Euro Preisgeld bezahlen, wie es die großen Vereine machen. Aber wir haben in unserem Rahmen doch das Portemonnaie aufgemacht, aber es kamen immer wieder Absagen.»

Die Begründungen der Absagen waren vielfältig über «ich weiß nicht», «mal schauen», «nein, wir können an dem Wochenende nicht», «nö, wir haben Urlaub gebucht» oder auch «wir fahren nur die Masters-Läufe». Thomas Schiffner versteht das Ganze nicht wirklich: «Unsere Termine sind immer schon Monate im Voraus bekannt und da stelle ich mir die Frage, warum an einem Termin, wo kein anderes Rennen in ganz Europa stattfindet, nur zwölf zusagen, wenn es denn schon in der Summe 22 Gespanne in Deutschland gibt und ein paar in Dänemark, Frankreich und Belgien.»

Gleichzeitig freut sich Schiffner aber über die Fahrer, die dem MSC Neuenhasslau immer die Treue gehalten haben wie Fabian Müller und dem nur zwei Tage später in Herxheim tödlich verunglückten Beifahrer Peter Maurer, sowie Jens Lorei und Beifahrer Ralf Bittner, weiterhin auch Moritz Straub und Andreas Horn und in der I-Lizenz Imanuel Schramm, die Geschwister Meier und Ole Möller.

Schiffner: «Mein Eindruck ist, dass die Gespannteams, vor allem in der B-Lizenz, die das ganze Jahr diskutieren, warum sie so wenige Rennen haben, warum die Veranstalter sie nicht zum Zuge kommen lassen und so weiter, dass die zum größeren Teil, die Genannten ausgenommen, Rennen wie das unsere gar nicht fahren wollen, wo sie doch die Möglichkeit hätten.»

Und Schiffner weiter: «Ich denke, dass ein Großteil dieser Gespanne zufrieden ist, wenn sie im Jahr rund ein halbes Dutzend Rennen fahren, die weiteren Möglichkeiten nehmen sie dann nicht wahr. Da leidet aber der kleine Veranstalter, so wie wir vom MSC Neuenhasslau, der versucht, den Gespannsport am Leben zu erhalten. So ist es kein Zufall, dass es dem Bahnsport in heute so schlecht geht, denn die Aktiven selbst tragen da eine gehörige Portion Mitschuld.»

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