Erik Riss: Starke Kampfansage an den Multichampion
Erik Riss denkt wieder positiv über Langbahnrennen
Erik Riss aus Seibranz, einem Stadtteil von Bad Wurzach im Landkreis Ravensburg in Baden-Württemberg, wurde 2014, gerade mal 19 Jahre alt, Weltmeister auf der Langbahn. Zwei Jahre später wiederholte er dieses Kunststück. Vor allem die deutschen Bahnsportfans freuten sich, nach Egon Müller, Alois Wiesböck, Karl Maier, Tom Dunker, Gerd Riss und Robert Barth wieder einen der ihren ganz oben in der Weltrangliste des Langbahnsports zu sehen.
Doch im Januar 2017 folgte der Paukenschlag: Erik Riss verkündete, keine Langbahnrennen mehr fahren zu wollen, sondern sich ganz auf seine Profikarriere im Speedway zu konzentrieren. Nachdem der heute 25-jährige Schwabe mit Wahl-Heimat Australien vier Jahre kein Langbahnrennen mehr gefahren ist, kündigte er jetzt an, auf Sand und Gras zurückkehren zu wollen. SPEEDWEEK.com sprach darüber mit Erik Riss im zweiten Teil des Exklusiv-Interviews.
Erik, das Leben bei deiner Verlobten in Australien tut dir augenscheinlich gut. Hast du dadurch wieder mehr Zuversicht in deine sportliche Zukunft bekommen?
Auf jeden Fall, Maddie tut mir gut. Vom Sport her gesehen habe meine Energie vor allem in das Training investiert. Ich trainiere sechsmal die Woche und bin körperlich in bester Form. Ich habe das Beste aus dieser ganzen Corona-Misere gemacht, im Nachhinein meine ich, dass die Zeit in der Pandemie sogar ein Segen für mich war.
Wie meinst du das?
Nun, es kommt für einen persönlich auf die Mentalität an, die Einstellung zu einer Sache und sei sie noch so problematisch. Ich hätte auch die ganze Zeit nur depressiv herumsitzen und gar nichts machen können, aber ich habe die Zeit genutzt, um einen Schritt voran zu kommen. Ich war noch nie in solch einer guten körperlichen wie mentalen Verfassung wie jetzt. Ich hoffe darauf, dass im kommenden Jahr wieder alles vorangeht, dass die Lage sich beruhigt. Ich werde auf jeden Fall noch eine Schippe draufpacken.
Wie ist die Situation hinsichtlich COVID-19 in Australien?
Die Lage hier hat sich ziemlich beruhigt. Die zweite Welle wie in Europa ist hier vorbei oder lässt nach. Die haben hier groß keine neuen Fallzahlen und man hört kaum noch was über Corona.
Du willst 2021 wieder Langbahn-Rennen fahren. Wie kam es zu diesem Sinneswandel?
Du fragst irgendwo auch nach dem Grund, warum ich damals aufgehört hatte, auf der Langbahn zu fahren. Nun ich war noch sehr jung, sehr schnell und hatte viel Erfolg. Damit wusste ich nicht wirklich umzugehen, mit den ganzen Emotionen und Gedanken. Aus diesem Grund hat mir die Langbahn keinen Spaß mehr gemacht. Ich wollte sie aus meinem Leben heraus haben, ich wollte nichts mehr damit zu tun haben.
Also war das wohl negativer Stress.
Ja. Wenn ich damals an Speedwayrennen gedacht habe, dann habe ich mich darauf gefreut, aber wenn ich an Langbahn gedacht habe, dann hat es mir die Haare aufgestellt. Ich habe nicht darüber nachgedacht warum es so war, es war einfach so.
Aber jetzt denkst du doch augenscheinlich anders darüber?
Ja, ich bin die letzten zwei, drei Jahre als Person gewachsen, im und durch den Sport und durch meine private Entwicklung. Mein Privatleben hat sich durch meine Verlobte verändert und im Sport bin ich mittlerweile an einem Punkt, wo mir das Fahren an sich sehr viel Spaß macht. Ich bin immer noch eine Person, die sich sehr viel Druck macht, aber mittlerweile bin ich an einem Punkt, wo ich es genieße, mich selbst unter Druck zu setzen. Es ist auch im Speedway so, dass ich mich da bei jedem Rennen enorm unter Druck setze, aber mittlerweile macht mir das Spaß. Das macht den Reiz für mich aus. Ich habe mich als Mensch und als Fahrer weiterentwickelt.
Also auch in Bezug auf die Langbahn.
Ja, ich bin an einem Punkt angekommen, wo mir schon allein der Gedanke ans Langbahnfahren wieder Freude bereitet. Bei Rennen auf der Langbahn ist man schon automatisch unter Druck und ich habe mich da früher auch immer noch zusätzlich unter Druck gesetzt. Jetzt spüre ich bei dem Gedanken an diesen Druck aber reine Freude, ich freue mich darauf, unter diesem Druck zu performen. Das macht für mich den Reiz auf die Langbahn aus. Diese Freude war damals, als ich mich von der Langbahn zurückgezogen habe, nicht mehr vorhanden.
Dein Vater Gerd war elffacher Langbahn-Weltmeister. Welche Rolle spielt er bei deiner Entscheidung?
Das ist ein weiterer Grund, warum ich wieder Langbahn fahren möchte. Mein Vater ist der erfolgreichste Langbahnfahrer aller Zeiten und ich möchte derjenige sein, der ihn auf diesem Thron ablöst. Kein anderer, ich.
Das sind starke Worte. Dann müsstest du wieder im Langbahn-GP mitfahren. Siehst du da Möglichkeiten?
Leider kam meine Entscheidung wieder in der Weltmeisterschaft mitfahren zu wollen und mein Antrag auf eine Wildcard für 2021 zu spät. Einen Tag zu spät, um genau zu sein. Nein, ich glaube nicht, dass ich 2021 im Grand Prix dabei sein kann, selbst wenn einer der Fahrer nicht an der Serie teilnehmen kann, denn normalerweise kommen dann die Nachrücker rein. Ich sehe da keine Möglichkeit. Da kann man nichts machen. Wenn mir die Teilnahme am Langbahn-GP angeboten würde, dann würde ich auf jeden Fall ja sagen.
Es gibt ja noch die Veranstalter-Wildcards.
Ja, vielleicht wird in Deutschland wieder der ein oder andere GP stattfinden, dann werde ich mich auf jeden Fall um die Wildcards für diese Grands Prix bewerben. Aber ich will auch die Möglichkeit nützen, ein paar offene Rennen auf der Langbahn zu fahren.