Fred Corminboeuf: Was führt Retter Butbul im Schilde?
Der Schweizer Moto2-Rennstallbesitzer Fred Corminboeuf und sein CGBM-Team, das in der Saison unter der Bezeichnung Swiss Innovative Investors auftrat, macht seit rund eineinhalb Jahren durch negative Schlagzeilen auf sich aufmerksam. In erster Linie durch unbezahlte Rechnungen bei Lieferanten und Geschäftspartnern, vom Reisebüro über die Fotoagentur «2snap» (15.000 Euro Schulden aus 2016) bis zu KTM und zu den Fahrergagen.
Wie knapp Corminboeuf bei Kasse ist, zeigt folgendes Beispiel: Weder 2017 noch 2018 konnte er die Kaution von 20.000 Euro pro MotoGP-Teamplatz rechtzeitig beim Aragón-GP überweisen. 2017 verlor er deshalb einen der drei Startplätze. 2018 wurde die Frist erstreckt bis zum Japan-GP, aber das Geld kam erst zwei Wochen später am Wochenende des Malaysia-GP vom 4. November auf das Konto der IRTA.
Das italienische GP-Reisebüro FAST klagt über Außenstände von ca. 100.000 Euro, bei KTM waren zuletzt 130.000 Euro offen, Tom Lüthi wartet auf mehr als 300.000 aus dem Jahr 2017, Sam Lowes hat von seiner 100.000-Euro-Gage für 2018 bisher keinen Cent gesehen.
Und das Team wunderte sich, als Corminboeuf vor dem Aragón-GP alle Mitarbeiter mit Textnachrichten bombardierte, man solle auf keinen Fall Leihautos von Avis nehmen, sondern zu Europcar gehen. Offenbar stand das Team bei Avis gehörig in der Kreide.
Trotzdem plant Corminboeuf die Saison 2019 mit den Piloten Iker Lecuona und Joe Roberts.
Fred Corminboeuf: «Ein sehr schwieriges Jahr»
Während der Westschweizer vor einem Jahr posaunte, er werde dank des Unternehmens Swiss Innovative Investors (SII) und dank der indischen Provinzregierung Andra Pradesh 2018 für zwei GP-Fahrer über mehr Geld verfügen als 2017 für drei, steckt CGBM in Wirklichkeit weiter in akuter Zahlungsnot.
Die Inder haben bisher keinen Cent bezahlt. Auch das Geld der Firma Swiss Innovative sprudelte nicht so fröhlich wie erwartet. Sagt Corminboeuf.
«Es ist völlig wahr, dass es sehr schwierig für uns ist, alle Rechnungen zu bezahlen», räumte Fred Corminboeuf kürzlich gegenüber SPEEDWEEK.com ein. «2018 ist ein sehr schwieriges Jahr. Alle wissen das. Ich verstecke und leugne das nicht. Es ist sehr hart für mich. Meine mühsamste Saison bisher, so schlimm war es noch nie.»
Jetzt soll der Amerikaner Eitan Butpul den Karren aus dem Dreck ziehen und alle Schulden bezahlen. Das haben Corminbeoeuf und Butbul zumindest dem Selektionskomitee versprochen. Er will 60 Prozent des Teanms übernehmen und künftig damit unter der Bezeichnung «American Team» antreten.
Falls aber die Schulden nicht rechtzeitig bezahlt werden, droht schweres Ungemach. «Die Plätze für die Moto3- und Moto2-Teams werden von Jahr zu Jahr neu vergeben», betont Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta. Nur die MotoGP-Teams haben 5-Jahres-Verträge.
Ob KTM angesichts der fragwürdigen Zahlungsmoral von Fred Corminboeuf weiter Motorräder liefert, ist fraglich. «Wir beharren bei den Kundenteams jetzt auf Vorauskasse», sagt Pit Beirer, Motorsport-Direktor von KTM.
Von Kalex hat Corminboeuf, jetzt sechsmal hintereinander Marken-Weltmeister in der Moto2-Klasse, kein Material zu erwarten. «Nein. Es gibt keine Möglichkeit mehr Fred zu bedienen, es ist viel zu spät», erklärte Kalex-Geschäftsführer Alex Baumgärtel bereits Anfang Oktober.
Ob Butbul der richtige Mann ist, um das CGBM-Team zu sanieren, darf bezweifelt werden. Er ist weder dem amerikanischen Fahrer-Manager und Ex-Motocross-Weltmeister Bon Moore ein Begriff, noch Paul Carruthers, dem Communications Manager von MotoAmerica. Dabei hat sich Butbul die Förderung amerikanischer Talente auf seine Fahnen geschrieben. Behauptet er.
Bisher scheint Roberts sein einziger Schützling zu sein, er hat 2018 auf der NTS des RW Racing Teams zwei WM-Punkte kassiert.
Butpul betreibt zur Förderung der Talente eine Agentur namens «APEX motorsport». Er rühmt sich gerne, langjähriger Sponsor von LCR-Honda zu sein. In Wirklichkeit hat er dort 2018 auf dem Bike von Takaaki Nakagami ein bescheidenes Plätzchen gekauft, das beim WM-20. wohl niemand so richtig ins Auge gestochen ist.
Wer sich bei RW Racing erkundigt, ob Butbul die für 2018 versprochene Mitgift von 300.000 Euro für Joe Roberts bezahlt hat, erntet nur hochgezogene Augenbrauen. Es wird erzählt, Butbul habe nur einen Bruchteil abgeliefert, den Rest der Vater von Joe Roberts, der in der Filmbranche zu Geld gekommen ist.
Butbul wollte bei der Dutch-TT 2018 eine Mehrheit an RW Racing kaufen, aber die Niederländer lehnten dankend ab. Begreiflich.
Inzwischen hat Fred Corminboeuf bei Speed-up-Hersteller Luca Boscoscuro wegen Motorrädern für die Saison 2019 angefragt. Aber es sei noch nichts unterschrieben, versicherte Boscoscuro beim Jerez-Test vor einer Woche. «Denn kann er sie auch bezahlen? Man hört ja da einiges», grübelte der Ex-Europameister.
Bei KTM wird die kritische Finanzsituation von Corminboeuf bedauert. «Denn das Talent Iker Lecuona würden wir gerne weiter auf einer KTM sehen», sagt Pit Beirer.
Deshalb schickte KTM ein fahrbereites Paket für das Swiss Innovative Team zum Jerez-Test vom 23. bis 25. November. Aber die Schweizer Truppe erschien als einziges Moto2-Team nicht bei diesem Pflichttermin und ersten richtigen Test mit den Triumph-Motoren. Die Schulden bei KTM wurden bisher nicht beglichen. Deshalb wurde das Motorrad gar nicht ausgeladen. Und Lecuona wurde auf die Red Bull-Ajo-KTM gesetzt, als sich Moto3-Weltmeister Jorge Martin gleich am ersten Tag verletzte.
Selbst für den EM-Auftritt von Junior Jesko Raffin beim CEV-Finale in Valencia (24.,/25.11.) fehlte das Geld für die Reisekosten. Der neue Europameister musste eine Suter des Teams Easyrace mieten.
Immerhin: Eitan Butpul flog bei den Übersee-Rennen im Herbst in der Business Class, wie es sich für einen künftigen Teilhaber eines schwer verschuldeten Moto2-Teams gehört.