Philipp Öttl: 2020 in der Supersport-WM auf Yamaha
Peter Öttl hastet seit Wochen von einem Meeting zum anderen. Denn er hat einige Probleme zu lösen. Erstens benötigt er für sein geplantes Husqvarna-Moto3-Werksteam vom Selektions-Komitee einen zweiten Startplatz. Zweitens braucht er zwei vielversprechende Fahrer für seinen Moto3-Rennstall mit der Bezeichnung «Sterilgarda Max Racing-Team», den er gemeinsam mit dem sechsfachen Weltmeister Max Biaggi betreibt. Denn der aktuelle Moto3-WM-Zweite Aron Canet steigt 2020 beim Sama Qatar-Martinez-Team in die Moto2-Klasse auf. Und drittens muss sich Peter Öttl um die Fortsetzung der Karriere von Sohn Philipp Öttl kümmern, der zuletzt beim Silverstone-GP auf der Moto2-KTM des Red Bull KTM-Tech3-Teams auf Platz 24 landete.
Jetzt zeichnet sich ab, dass Philipp Öttl 2020 mit einem Yamaha-Team in der Supersport-600-Weltmeisterschaft antreten wird. Öttl hatte im Winter schon mit einer SSP-R6-Yamaha trainiert und Gefallen an diesem Gerät gefunden.
Peter Öttl gab sich bei den letzten Grand Prix zugeknöpft, wenn er auf die Pläne von Philipp Öttl (bisher 113 GP-Einsätze) angesprochen wurde. Aber es war immer klar: Eine Rückkehr in die Moto3-Klasse wird nicht stattfinden, dafür fühlte sich Phil zu alt und zu großgewachsen. Er hat von 2013 bis 2018 sechs Jahre in dieser Klasse verbracht – und Geschichte geschrieben. Denn Peter und Philipp Öttl gehören seit Jerez-GP 2018 zu jenen seltenen Familien wie Rossi und Roberts, wo Vater und Sohn einen GP-Sieg errungen haben.
Doch Peter Öttl ließ schon im August anklingen, dass er sich wegen Philipp in der Supersport-WM umschaue, er zog bereits damals eine Reise zum WM-Lauf in Portimão (6. bis 8. September) in Betracht und trat sie dann auch an.
«Ich muss in den nächsten Wochen noch einige Gespräche führen, auch mit Sponsoren, und die Ergebnisse abwarten», erklärte Peter Öttl Mitte August in Zusammenhang mit dem 23-jährigen Sohn Philipp, als dessen persönlicher Manager er agiert.
In der Moto2-WM gab es für Philipp Öttl nach der bisher punktelosen Saison wenig Aussicht, wieder einen Platz zu finden. Nach dem Rückzug von KTM als Moto2-Hersteller schwanden endgültig alle Hoffnungen.
Philipp Öttl, der seine ganze Road Racing-Karriere auf KTM verbracht hat (vom Rookies Cup über die CEV Repsol- Moto3-Championship bis zur Moto3- und Moto2-WM) war mit großen Erwartungen in die Moto2-WM aufgestiegen, aber er fand sich mit der 765-ccm-Dreizylinder-Maschine nie perfekt zurecht und lag schon bei den Wintertests oft im Hintertreffen, obwohl der höher eingeschätzte Marco Bezzecchi (3 GP-Siege 2018, WM-Dritter Moto3) auf demselben Niveau fuhr. Dass die KTM in der Moto2-WM 2019 nicht das schlagkräftigste Motorrad war, mussten auch andere Leidensgefährten in anderen KTM-Teams leidvoll zur Kenntnis nehmen.
Öttls bester Startplattz waren 25. Plätze in Austin und Silverstone. Das beste Rennergebnis des Bayern bisher – Rang 18 in Austin, dazu schaffte er 19. Ränge in Las Termas und Le Mans.
«Philipp hatte fast nie dasselbe Material wie Teamkollege Bezzecchi, aber er war manchmal trotzdem in den Rennen schneller als Marco», nimmt ihn Tech3-Teamchef Hervé Poncharal in Schutz.
Philipp Öttl stürzte im Juni im FP1-Freitag-Training in Catalunya schwer, erlitt eine Gehirnerschütterung und ein Schleudertrauma und konnte dann erst in Brünn wieder in die WM zurückkehren.
Inzwischen gab es Technik-Updates für das KTM-Chassis, aber auf Grund der Ergebnisse wurden natürlich Binder, Martin und Bezzecchi bevorzugt beliefert.
Öttl hat ein paar treue Sponsoren im Hintergrund. In der Supersport-WM kann man sich mit 100.000 bis 150.000 Euro in ein Top-Team einkaufen – zum Beispiel bei Kallio Racing, wo Sandro Cortese 2018 Weltmeister wurde.
Öttl verhandelt jedoch vorrangig mit dem Team Bardahl Evan Bros, wo jetzt WM-Leader Randy Krummenacher fährt. Öttl wird wie Krummi vom Schweizer Lederkombihersteller IXS ausgerüstet, der zum Konzern von Yamaha-Importeur Hostettler gehört. Bei Evan Bros hat auch der Südafrikaner Steven Odendaal angeklopft, der beim NTS RW Racing Moto2-Team entlassen wurde.
«Philipp hat sich in der Moto2-WM nicht durchgesetzt, aber das bedeutet nicht, dass er ein langsamer Fahrer ist», betont Hervé Poncharal. «Überhaupt nicht. Das hat er in der Moto3-WM bewiesen. Es würde mich freuen, wenn er für 2020 eine Aufgabe und eine Serie findet, wo er seine Freude am Fahren wieder findet und wo er an der Spitze mitmischen kann.»