GP-Sport 2020: Deutschland nur mit Marcel Schrötter
Marcel Schrötter vor Tom Lüthi: Er wird 2020 der einzige deutsche GP-Pilot sein
SPEEDWEEK.com hat als einziges deutsches Medium seit Jahren auf die Nachwuchsmisere im Motorradsport hingewiesen, auf die Kindesweglegung der IDM 2011, auf die missglückte Auswahl der IDM-Klassen und Markencups, die zuerst keine Zweitakt-GP-Piloten mehr in die WM lieferten und nachher auch den Umstieg auf die Rennmaschinen erschwerten. Weder die Moto3 noch Moto2 wurde in akzeptabler Form in der IDM abgebildet. Dazu wurde vom ADAC der völlig verunglückte Northern Europe Cup gegründet, und der einst als Talentschmiede bekannte ADAC Junior Cup brachte seit dem Umstieg auf die 390-ccm-Viertakter von KTM offenbar auch keinen künftigen GP-Fahrer zum Vorschein. Dass die IDM von den Teilnehmern statt von den Zuschauern finanziert wird, darüber lachen alle Nachbarländer. Die Niederlande, Frankreich, Spanien und Großbritannien haben eine florierende Motorrad-Meisterschaften, jene in Deutschland liegt seit zehn Jahren auf dem Sterbebett und wird künstlich beatmet.
Dutzende Male haben wir angeprangert, dass seit Philipp Öttl nach 2012 kein Moto3-Fahrer mehr dauerhaft in die WM gekommen ist, Talente wie Alt und Grünwald sind gescheitert, auch Toni Finsterbusch konnte nicht Fuß fassen, auch kein Luca Amato, kein Matthias Meggle, und zuletzt schaffte auch Lukas Tulovic den Durchbruch nicht.
Manche Fahrer hatten nicht genug Talent, bei andern fehlte das Umfeld, ein professionelles Team oder die finanzielle Unterstützung.
Ein alter Hut: Alle namhaften deutschen GP-Fahrer der letzten 20 Jahre kamen durch Eigeninitiativen in die Weltmeisterschaft, trotz DMSB und trotz ADAC, kann man behaupten. Das war bei Vater und Sohn Bradl so, bei Vater und Sohn Öttl, bei Herweh und Waldmann, bei Raudies, bei Markus Ober, bei Cortese und Schrötter und vielen anderen.
Vom DMSB kamen bestenfalls Querschläge, vom ADAC ebenfalls, wenn man von den drei Jahren im deutschen Honda-Rookies-Cup absieht, nach dessen Jahrgängen die dilettantischen ADAC-Funktionäre jedoch mit traumwandlerischer Sicherheit jeweils die hoffnungslosesten Talente weiter förderten. Stichwort: Schorschi Fröhlich.
Jetzt bekommt der ADAC als Promoter des Motorrad-GP von Deutschland die voraussehbare Quittung. 2020 wird mit Marcel Schrötter nur ein deutscher Fahrer als Stammfahrer in der Weltmeisterschaft antreten.
Unbestrittene Talente wie Tim Georgi und Dirk Geiger wurden von den deutschen Institutionen und von der Industrie sträflich vernachlässigt. Nur private Teams wie Kiefer, Freudenberg, PrüstelGP und Intact investierten Geld, der ADAC und der DMSB waren mit sich selbst beschäftigt. Jedes Talent, das seine fünf Sinne beisammen hatte, ließ die unattraktive IDM links liegen und suchte die Konkurrenz in Spanien – wie Öttl oder Tulovic.
Stefan Bradl und Jonas Folger haben ihre MotoGP-Stammplätze verloren, Tulovic muss wegen des Kiefer-Rauswurfs aus der WM verschwinden. Philipp Öttl folgt Cortese in die Supersport-WM nach.
Neben ADAC und DMSB schaut auch die deutsche Motorrad-Industrie gebannt zu, wie der deutsche Motorradrennsport vor die Hunde geht. Manche Importeure investieren lieber eine halbe Million Euro in die halbtote IDM und fahren dort mit Fahrern aus der Ukraine um die Wette. Hersteller wie KTM, Ducati, Aprilia und MV Agusta wurden mutwillig aus der IDM verdrängt.
Zu Zeiten von Wimmer, Roth, Mang, Waldmann, Raudies und so weiter, als beim Heim-GP 1981 in Hockenheim noch drei deutsche GP-Siege gefeiert wurden und die Tickets drei Monate im Voraus ausverkauft waren, unterhielt fast jeder japanische Hersteller ein deutsches GP-Team – und sogar der kleine Hersteller Aprilia finanzierte ein deutsches GP-Team mit Geld aus Italien.
Damals erlebten wir bei manchen 125-ccm-WM-Rennen drei Deutsche in den Top-6. Nächstes Jahr werden selbst die Kasachen gleich viele GP-Fahrer wie Deutschland haben, nämlich einen.
Wenn alle Beteiligten endlich ca. 600.000 Euro in einen Sponsor-Pool einbezahlen würden, könnte man eine Nachwuchs-Akademie gründen und etlichen Talenten im neuen Northern Talent Cup oder in anderen Nachwuchsserien helfen.
Deutsche GP-Teams existieren in ausreichender Anzahl. Aber sie finden keine heimischen Talente, bei denen sich die Förderung lohnt. Der DMSB macht trotzdem blindwütig weiter, die Funktionäre stecken seit zehn Jahren die Köpfe in den Sand.
In absehbarer Zeit werden sie sich damit selbst abgeschafft haben, wie ein Blick auf die stark schrumpfende Anzahl der Lizenznehmer vermuten lässt.