Formel 1: «Dumme Regel half Verstappen»

Ex-Weltmeister Dieter Braun ist 77 Jahre alt

Von Günther Wiesinger
Dieter Braun gewann 1970 (125 ccm) und 1973 (250 ccm) als Privatfahrer zwei WM-Titel und förderte Toni Mang. Heute feiert er seinen 77. Geburtstag.

Dieter Braun wurde am 2. Februar 1943 in Ulm an der Donau geboren, kaufte sich 1962 mit 19 Jahren eine Maico und ging bei Motocross-Rennen an den Start. Nach den ersten Erfahrungen nahm der Hermaringer auch an Straßenrennen teil und feierte 1965 beim legendären Fischereihafenrennen in Bremerhaven seinen ersten Sieg in der 500-ccm-Klasse auf der modifizierten Cross-Maschine.

1967 errang Braun auf einer Aermacchi in der 350-ccm-Klasse seinen ersten von fünf Deutschen Meister-Titeln. Am 7. Mai 1967 feierte der Schwabe sein Debüt in der Weltmeisterschaft. Beim Deutschland-GP in Hockenheim stürzte der spätere Champion und zog sich einen Schlüsselbeinbruch zu.

Ein Jahr später holte er am 21. April 1968 auf dem Nürburgring seine ersten WM-Punkte und verpasste als Vierter auf der MZ 125 ccm ganz knapp den ersten Podiumsplatz bei einem GP-Rennen.

Dieser gelang ihm beim Heimrennen am 11. Mai 1969 in Hockenheim, als er als Zweiter ins Ziel fuhr – der Suzuki-Pilot lag nach 17 Runden nur 2,2 Sekunden Rückstand hinter dem Briten Dave Simmonds (Kawasaki).

Erster Sieg in Jugoslawien

Auf dem Strassenkurs von Opatija/Jugoslawien feierte der Suzuki-125-Fahrer am 14. September 1969 seinen ersten von 14 GP-Siegen; er siegte mit 9,6 Sekunden Vorsprung auf Weltmeister Dave Simmonds. In seiner erst zweiten WM-Saison wurde Dieter Braun Vizeweltmeister in der 125-ccm-Kategorie.

1970 siegte Dieter bei den WM-Rennen in Le Mans, Opatija, bei der Tourist Trophy auf der Insel Man sowie in Assen und errang auf der Suzuki 125 seinen ersten WM-Titel. Dieter Braun war der erste deutsche Weltmeister in der Achtelliterklasse.

Viele Fans im Osten Deutschlands haben noch das historische Rennen am 11. Juli 1971 auf dem Sachsenring in Erinnerung, als Braun nach einer tollen Aufholjagd das Rennen in der 250-ccm-Klasse knapp vor den Briten Rodney Gould und Phil Read gewann. Nach dem Rennen sangen Zehntausende ostdeutsche Zuschauer die westdeutsche Nationalhymne mit. Danach wurde ab 1973 der Grand Prix der DDR nicht mehr ausgetragen.

Die Sympathie in der ehemaligen DDR für den Hermaringer ist bis heute ungebrochen. Seit Jahren ist Dieter Braun ein gern gesehener Gast beim GP auf dem Sachsenring und wird auch dieses Jahr im Juni in Hohenstein-Ernstthal den deutschen Fahrern die Daumen drücken und zahlreiche Autogrammwünsche der Fans erfüllen. Auch in Misano war Dieter im Vorjahr zu sehen. Stolz berichtet er heute über Enkeltochter Marla, die ihm sein Sohn Tommy geschenkt hat. «Das ist meine Lieblingsfrau», schmunzelt der charmante Ex-Rennfahrer.

1973 gewann der 188 cm große Schwabe auf der 250-ccm-Yamaha wieder vier WM-Rennen: In Opatija, Assen, Brünn sowie im schwedischen Anderstorp und errang den zweiten WM-Titel nach 1970.

Toni Mang als Mechaniker und Friseur

Mitte der 70er-Jahre arbeitete ein gewisser Sepp Schlögl als Mechaniker an Brauns Maschinen. Auch Schlögls Spezi Toni Mang betätigte sich als Mädchen für alles bei Braun, er war Mechaniker und schnitt dem Weltmeister auch mal die Haare. Braun überliess Mang im Gegenzug seine Ersatz-Motorräder.

Seinen letzten GP-Sieg feierte Braun am 23. Mai 1976 in Opatija in der 250-ccm-Kategorie. Kein Zufall: Braun war besonders auf den damals weit verbreiteten Strassenkursen stark, alleine in der jugoslawischen Küstenstadt gewann er sechs GP-Rennen. 1975 wären es beinahe drei an einem Tag gewesen: Das 125- und 250-ccm-Rennen hatte er bereits gewonnen, als ihm auf der 350-ccm-Yamaha als Leader die Kupplung kaputt ging.

Der zweifache Weltmeister ist einer der wenigen Motorradrennfahrer, die in drei Kategorien (125, 250 und 350 ccm) bei WM-Rennen siegten und dies mit drei Motorradmarken (Suzuki, Yamaha und Morbidelli). Braun war in seiner Karriere ausserdem auf Maico und einem Eigenbau namens SMZ 250 (das Kürzel stand für Schlögl, Mang, Zehnder) unterwegs.

Karrierenende auf dem Salzburgring

Nach schweren Unfällen 1976 auf dem Nürburgring sowie beim Comeback am 1. Mai 1977 beim Österreich-GP auf dem Salzburgring musste Dieter Braun seine erfolgreiche Karriere beenden. Im 350er-WM-Lauf war er damals in einen Massensturz mit Uncini, Stadelmann, Cecotto und Fernandez verwickelt; seither ist die Sehfähigkeit auf einem Auge beeinträchtigt. Ans Rennfahren war nicht mehr zu denken.

Braun wurde zweimal Weltmeister, dreimal Vizeweltmeister, gewann 14 WM-Rennen und stand bei 49 Grands Prix auf dem Podest – dazu holte er fünf DM-Titel.

Nach seiner Karriere eröffnete der gelernte Kaufmann an seinem Wohnort in Dielheim im Kraichgau ein Motorradgeschäft, liess eigene Motorradbekleidung herstellen und war als Kommentator/Experte beim ZDF, Eurosport, ARD/MDR bei den Motorradrennen im Einsatz. Außerdem war er im Vorstand der Hockenheimring GmbH.

Von 1999 bis 2017 war Braun bei Classic-Veranstaltungen auf den Rennstrecken in Hockenheim, Sachsenring, Schleiz, Schottenring, Assen, Salzburgring, Spa-Francorchamps und Imatra beim Yamaha Classic Racing Team zu sehen.

Vor dem 75. Geburtstag pilotierte Dieter in Spa-Francorchamps und Hockenheim erstmals eine Superbike-Yamaha aus der RaceBikeCollection des Technik-Museums in Speyer.

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