Formel 1: Wie mutig ist Ferrari?

Win-Win-Win-Situation: Pramac Racing & Tony Arbolino

Von Thomas Kuttruf
Pramac Racing wagt sich nicht nur auf der MotoGP-Bühne ins Ungewisse, auch in der Moto2-WM betritt das Team aus Italien Neuland. Mit der Verpflichtung von Tony Arbolino gelang dabei möglicherweise der perfekte Schachzug.

Als sich Mitte der GP-Saison 2024 immer mehr Details einer Beendigung der 20-jährigen Zusammenarbeit von Pramac Racing und Ducati abzeichneten – und die italienische Erfolgsmannschaft in Verbindung mit Yamaha gebracht wurde, kamen sogleich die Fahrerverhandlungen in die Gänge.

Klar war: Jorge Martin wird das Team in jedem Fall verlassen und Franco Morbidelli würde nach seinem katastrophalen letzten Yamaha-Jahr nicht auf eine M1 zurückkehren. Im Zuge der kompletten Neuaufstellung machte sich die Führungsebene bei Pramac Racing für Moto2-Racer Tony Arbolino stark. Ein junges unbestrittenes Talent, dem noch der Feinschliff einer erfahrenen MotoGP-Mannschaft fehlt, hätte dem ambitionierten Projekt gutgetan.

Doch Yamaha vertrat eine andere Sichtweise. Routine – so die Vorgabe der Japaner bei der Definition der Piloten des neu aufgelegten Yamaha-Kundenteams. Am Ende erhielten dann auch mit Miguel Oliveira und Jack Miller zwei gestandene MotoGP-Siegertypen die Tickets für 2025.

Beendet war die Verbandelung Arbolinos mit Pramac Racing damit aber noch nicht. Denn Teil der langfristigen Zusammenarbeit mit Yamaha war auch die Übernahme des Moto2-Projekts. Um dem Team, das eigentlich als MotoGP-Ausbildungsstätte unter der Führung gedacht war, aber unter Mastercamp-VR46-Flagge im hinteren Mittelfeld der Kategorie strampelte, mit neuem Elan zu versorgen, ging das Mandat für 2025 an Pramac. Die bisherige Struktur von Angel Nieto Junior wurde aufgelöst. 

Damit war zugleich die perfekte Stellenbeschreibung für Tony Arbolino entstanden. Der Italiener, der die Moto2-WM 2022 bereits als Vizeweltmeister beendet hatte und auch 2023 als Vierter überzeugte, kämpfte 2024 mehr mit der eigenen Unzufriedenheit über den verpassten frühen MotoGP-Einstieg. Der Absturz auf WM-Rang 10 war das bittere Resultat. Pramac-Manager Gino Borsoi nutzte die Umstrukturierung, um sich einerseits einen potenziellen Siegfahrer zu angeln – und Arbolino damit neue MotoGP-Perspektive zu geben.

«Tiger Tony» weiß, dass MotoGP-Pilot Jack Miller bei Pramac nur mit einem Vertrag für ein Jahr in die Box geholt wurde. Gelingt es dem Australier nicht auf der Pramac-M1 zu alter Stärke zurückzufinden, endet sein MotoGP-Aufenthalt Ende 2025. Arbolinio ist somit schon jetzt extrem motiviert und will sich, Pramac und der ganzen Welt zeigen, dass er einen MotoGP-Platz verdient hat.

Für die frische Kooperation hätte es somit keine bessere Lösung geben können. Yamaha hat in der Königsklasse zwei erfahrene Helfer an Bord, um die M1 weiter zu beschleunigen. Pramac kann in der Moto2 von Beginn an auf einen Spitzenfahrer setzen – und Tony Arbolino hat die Strickleiter in Richtung MotoGP in einer Hand.

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