Tom Lüthi: Wird der Ellbogen wieder 100 Prozent?
Freitag: Tom am Ergometer mit Roman Blaser
Thomas Lüthi hat es schwer erwischt. Er muss am Montag noch einmal operiert werden – an der rechten Schulter. Die grössten Probleme macht allerdings das beim Sturz am 14. Februar völlig zerstörte rechte Ellbogengelenk. Dazu muss sich der Interwetten-Suter-Pilot von Frakturen des Oberarms sowie von Elle und Speiche erholen.
«Für mich ist der wichtigste Punkte, dass ich wieder gesund werde. Aber inzwischen bin ich so weit, dass der normale Sportlerinstinkt auch wieder da ist. Ich wollte ja nach dem Unfall mit der Flugrettung möglichst rasch in die Schweiz zurück, weil ich wusste, bei Dr. Marc Mettler bin ich in guten Händen. Ausserdem konnte ich hier mit meinem gewohnten Umfeld sehr rasch mit der Rehablition beginnen.»
Lüthi übt momentan pro Tag eine Stunde mit seinem Physiotherapeuten Manuel Deucher. «Tom macht aber auch Heimübungen. Er ist Spitzensportler, er weiss, was er braucht», erklärt Deucher. «Tom hat daheim eine Kinetec-Maschine. Sobald er in der Früh aufsteht, geht es Richtung Training. Er möchte so bald wie möglich wieder aufs Motorrad. Wir begleiten ihn auf diesem Weg, so gut wir können. Wir haben alle dasselbe Ziel. Wir sehen Tom nicht gern mit dem eingebundenen Arm. Wir sehen ihn lieber auf dem Motorrad.»
Wie stark ist die Beweglichkeit des Ellbogengelenks bisher eingeschränkt? Deucher: «In Beugung ist er knapp bei einem rechten Winkel, also bei 90 Grad. In der Streckung hat er noch ein Defizit von 25 bis 30 Grad. Vor der Therapie geht die Beweglichkeit immer zurück. Wenn man von 100 Prozent Beweglichkeit ausgeht und das in Prozent rechnen will, fehlen jetzt 20 bis 25 Prozent. Aber wir arbeiten dran... Durch die Mobilisationsübungen, auch durch den hydrostatischen Druck vom Wasser. Damit wird die Schwellung abtransportiert; das hat Tom Freitagfrüh selber gemerkt. Nach der Therapie fehlen nur 20 Grad.»
«Selbst wenn ich daheim auf dem Sofa sitze, übe ich mit Knetmasse. Man kann die Stunden pro Tag eigentlich gar nicht zählen», versichert Tom Lüthi. Am Freitag setzte er sich im Fitnesstudio «Aemmefit» unter Anleitung von Personal Trainer Roman Blaser sogar auf den Ergometer.
Dr. Mettler: «Wunden müssen zuerst verheilen»
Dr. Marc Mettler rechnet bei einem so stark zerstörten Ellbogengelenk üblicherweise mit einer Genesungszeit von drei bis vier Monaten. «Aber Tom ist ein Spitzensportler. Er hat einen durchtrainierten Körper. Er kann Schmerzen gut wegstecken und hat sehr früh mit der Reha begonnen», hielt Dr. Mettler fest. «Man kann ihn nicht mit Otto Normalverbraucher vergleichen. Aber es gibt jetzt Wunden und Narben, die müssen zuerst verheilen. Jetzt muss man in der Reha die richtige Dosierung finden. Einerseits darf das Ellbogengelenk durch zu lange Schonung nicht steif werden, anderseits darf es bei den Mobilisationsübungen nicht zu stark strapaziert werden. Unser Ziel ist natürlich, dass Tom wieder 100 Prozent seiner Leistungsfähigkeit erreicht.»
Tom Lüthi hat an den Unfall wegen seiner Gehirnerschütterung nur vage Erinnerungen. «Ich war auf einer langsamen Runde, in Kurve 3 weg von der Ideallinie, ich wollte zurück zur Box. Deshalb war auch die ganze Körperspannung weg», berichtete der Berner. «Plötzlich hörte ich einen Knall – und ich bin durch die Luft geflogen. Was danach passiert ist, konnte ich nur aufgrund von Bildern und Erzählungen rekonstruieren. Auf dem Strecken-TV hat mein Team gesehen, dass Wilairot hinter mir gestürzt ist und mich niedergerissen hat.»
Die Vermutung des nachfolgenden Sandro Cortese, Toms rechter Arm sei beim Sturz in die Hinterradschwinge eingeklemmt worden, dürfte der Wahrheit entsprechen. Dr. Mettler: «Es waren erhebliche Kräfte im Spiel. Deshalb vermute ich, dass Toms Arm irgendwo eingeklemmt worden ist.»
Am 2. April wird Tom Lüthi bei einer Pressekonferenz des Interwetten-Teams in Zürich über aktuelle Entwicklungen berichten. Bis dahin wird es einen Ersatzfahrer geben, der zumindest beim Jerez-Test (18. bis 21. März) auf die Interwetten-Suter steigt. Lüthi: «Aber es gibt keinen Topfahrer, der auf dem gleichen Niveau fahren kann wie ich und mir die Testarbeit abnehmen kann.»
Tom Lüthi: «Muss Muskelmasse neu aufbauen»
Der Schweizer ist sich bewusst, dass ein Comeback beim Jerez-GP am 5. Mai momentan noch sehr fraglich ist. «Denn es geht nicht nur um die Beweglichkeit am Ellbogen, es muss auch die Ausdauer und die Muskelmasse neu aufgebaut werden. Ich kann mich nicht einfach aufs Motorrad setzen und einen Grand Prix fahren. Das wäre zu gefährlich», weiss Tom.
Trainer Roman Blaser: «Toms Körper befindet sich im Wartezustand. Er war vor dem Unfall sehr fit. Wir bemühen uns, den körperlichen Zustand, den er nach der Operation hatte, zu halten. Ich denke, bisher ist kein Abbau passiert. Mit gezieltem Training können wir den Zustand schnell wieder verbessern.»
Freundin Fabienne Kropf: «Die schlimmste Zeit hat Tom in den Stunden nach dem Unfall durchgemacht, bevor er in die Schweiz zu Dr. Mettler gekommen ist. Die ersten Nachrichten waren beängstigend. Jetzt ist Geduld gefragt. Ich bin überzeugt, dass Tom das Comeback schafft. Er will sogar daheim so bald wie möglich alles selbstständig erledigen. Tom mag es nicht, wenn er auf fremde Hilfe angewiesen ist.»