Sandro Cortese: Nur Rabat und Lüthi ausser Reichweite
Sandro Cortese mit den Teamteilhabern Wolfgang Kuhn, Stefan Keckeisen und Jürgen Lingg
Ein grosser Auflauf herrschte heute Abend um 19 Uhr bei der Firma Keckeisen Akkumulatoren (Intact) in Memmingen: Zwei Wochen vor dem Saisonauftakt in Katar (23. März) wurde das Dynavolt Intact GP-Team mit Sandro Cortese rund 250 Fans, Sponsoren und Gönnern präsentiert.
Für Sandro Cortese geht die Saisonvorbereitung ab Dienstag beim letzten Drei-Tage-Test in Jerez zu Ende.
Sandro, du warst bei den letzten beiden IRTA-Tests in Valencia und Jerez Fünfter und Sechster. Das ist eine gewaltige Steigerung gegenüber den Wintertests 2013. Wie erklärst du dir diese Fortschritte?
In erster Linie bin ich körperlich so viel fitter als letztes Jahr. Und ausserdem habe ich letztes Jahr lange gebraucht, bis ich mich an das Moto2-Motorrad und die neue Klasse gewöhnt habe. Ich habe immer mein Bestes gegeben. Aber ich habe nie rausgefunden, was man machen muss, um richtig schnell zu fahren. Es ist mir mal eine gute Runde gelungen, dann wieder nicht.
Und nach der Sommerpause war das Wochenende in Brünn eigentlich top, aber dann kam der Rennsturz und der Bruch im rechten Handgelenk, der mich extrem zurückgeworfen hat. Ich habe kein Hanteltraining und kein Fitnesstraining mit Gewichten mehr machen können. Auch kein Lauftraining, nur auf dem Ergometer. Und wenn es kalt war, war die Hand steif. Das war ein Riesenmanko.
Seit ich die Platte im Dezember rausgekriegt habe, habe ich jeden Tag, also sechs mal pro Woche, an mir gearbeitet, um wieder fit zu werden, um noch etwas draufzulegen und noch einen weiteren Schritt zu machen.
Ich denke, das hat mich auf dem Motorrad sehr, sehr weit gebracht.
Das ist wie ein Kreis. Wenn man locker auf dem Motorrad ist, weil man weiss, man ist konditionell auf einem sehr guten Stand, dann lässt man das Motorrad auch fahren.
Ich weiss inzwischen, was ich machen muss, um viele Runden lang konstant schnell zu fahren. Das ist mir auch gelungen. Ich bin wirklich bei den Tests keinem Gegner hinterher gefahren, um irgendetwas zu beschönigen. Das war mir sehr wichtig, um mir selber die Sicherheit zu holen, dass ich weiss: Ich kann schnell fahren. Das haben wir gut hingekriegt. Und einen Test haben wir ja noch vor der Saison.
Wir sind aber immer noch nicht ganz an der Spitze. Tito Rabat und Tom Lüthi waren schon noch ein bisschen besser als der Rest.
Rabat fährt seine vierte Moto2-Saison, Lüthi bestreitet seine achte Saison in der mittleren Hubraumklasse. Um diese Routiniers zu besiegen, fehlt es dir noch an Erfahrung?
Ja, aber ich denke, mit Kallio, Terol und Nakagami kann ich mithalten. Das sind Gegner, hinter denen ich mich bei den Rennen nicht verstecken muss, mit denen ich mithalten kann.
Du hast im Vorjahr einen fünften und einen siebten Startplatz erreicht. Aber diese Ergebnisse hast du mit viel Risiko erreicht?
Es ging, wenn einer von mir gefahren ist und mir gezeigt hat, wie schnell man in die Kurven reinfahren kann. Allein bin ich oft zu schnell in eine Kurve reingefahren, weil ich gemeint habe, so kann ich Zeit holen. Aber es war wohl das Gegenteil der Fall.
Wenn ich dann wieder allein gefahren bin, war ich wieder verloren, wenn man so sagen kann. Ich habe dann nicht den Punkt gefunden, um schnell zu fahren.
Bisher wurde bei den Tests nicht mit Einheitsmotoren gefahren. Wird da bei manchen Teams mit superstarken Motoren getrickst?
Ich bin mir bei den Tests auf den Geraden manchmal so vorgekommen, als wenn die andern 10 PS mehr hätten. Uns persönlich bringt es nichts, wenn wir solche Triebwerke einsetzen. Unser Team hat gesagt, wir wollen bei den Testmotoren so nahe wie möglich an der Leistung der Einheitsmotoren dran sein, die wir jetzt beim Jerez-Test ab Dienstag zum ersten Mal in diesem Jahr bekommen. Wir wollen bei den Motoren einen Stand, wie er auch bei den Rennen zum Einsatz kommt.
Mit weniger PS kann man das Motorrad nicht ideal abstimmen, weil beim Anbremspunkt die Geschwindigkeit nicht vorhanden ist. Und wenn du zuviel PS hast, musst du auch ein anderes Set-up fahren, weil dann das Motorrad stabiler sein muss.
Das würde dem Team nicht helfen und dem Fahrer auch nicht. Er würde vielleicht eine Motivationsspritze bekommen. Aber wenn dann in Doha zum ersten Mal das Flutlicht angeht, sieht er, dass er deutlich weiter hinten steht.
Was können Rabat und Lüthi noch besser als du?
Schwer zu sagen. Sie sind halt auf allen Strecken schnell.
Ich habe in der einen Moto2-Saison schon viel gelernt, was die Abstimmung des Motorrads betrifft. Auch wenn 2013 für uns nicht die erfolgreichste Saison war, aber ich habe viel gelernt, was man mit dem Motorrad machen muss, um schnell zu fahren.
Tito und Tom sind schon viel länger dabei, haben schon Moto2-Rennen gewonnen. Sie wissen einfach, was man machen muss, um von der ersten Runde an schnell zu fahren. Wenn ich zum Beispiel zehn Runden brauche, um an meine guten Zeiten ranzukommen, brauchen die nur vier oder fünf. So sind sie dann einen kleinen Schritt voraus. Aber wenn wir ruhig und konzentriert weiterarbeiten, finden wir diesen Schritt – und machen ihn auch.
In der Moto2-WM fahren jetzt 16 Kalex-Bikes mit. Wie schafft man sich bei so vielen starken Gegnern Vorteile?
Jeder hat ein bestimmtes Set-up. Aber es kommt auf die feinen Details an. Es sind immer nur kleine Schritte. Die deutsche Gründlichkeit spielt dann vielleicht auch noch eine Rolle. Wenn ich mir andere Motorräder von anderen Teams anschaue, die auch Kalex haben, dann sieht man schon bei meinem Motorrad noch einmal einen Unterschied. Und dann macht der Fahrer noch einmal viel aus.
Letztes Jahr hast du nach dem enttäuschenden 16. Platz in Valencia gesagt, du musst künftig mehr üben, wie man mit abgefahrenen Reifen schnell fährt. War das eine wichtiger Bestandteil der Wintertests?
Ja, ja. Wir haben mehr Long-runs gefahren als im Vorjahr, als wir das vielleicht im Winter noch ein wenig vernachlässigt haben.
Wir können jetzt zum ersten Rennen und wissen, wie sich das Motorrad verhält und wie sich die Reifen anfühlen, wenn sie abgenützt sind. ich bin daheim auch viel Flat-Track gefahren, um das Gefühl zu behalten und die richtigen Muskelgruppen zu beanspruchen.