Jonas Folger: Der WM-Leader im großen Interview
«Ich weiß nicht, was ich sagen soll», war Jonas Folger nach seinem Sieg in Katar sprachlos. Der Bayer hatte sich souverän den Rennsieg gesichert, nachdem technische Probleme Spitzenreiter Johann Zarco zurückfallen ließen. Bereits in seiner Rookie-Saison 2014 hatte Folger im Team des spanischen TV-Kochs Karlos Arguiñano mit zwei Podestplätzen beeindruckt, doch dann folgte ein Formtief. Die Saison 2015 begann er nun bestmöglich.
Nach einem cleveren und fehlerfreien Rennen feierte Folger in Katar seinen dritten GP-Sieg, nachdem er auf feuchter Strecke in Silverstone 2011 und Brünn 2012 in der kleinsten Klasse triumphiert hatte. Mit SPEEDWEEK.com sprach er nun über seine Erwartungen und die Konkurrenzfähigkeit des AGR-Teams.
Jonas, im Qualifying von Katar warst du bereits mit dem härteren Hinterreifen unterwegs und hast Rang 5 belegt. Wie sahen deine Erwartungen für das Rennen aus?
Ich habe gehofft, dass ich einen guten Start habe und konstant vorne mithalten kann. Das war mein erstes Ziel. Ich dachte, dass ich zufrieden sein kann, wenn ich eine Platzierung unter den Top-5 erreiche.
Du fuhrst ein sehr konstantes Rennen, lagst aber schon 3,9 sec hinter Zarco. Was ging dir durch den Kopf, als du ihn plötzlich am Streckenrand sahst?
Erst war es ein kleiner Schock. Ich befürchtete, dass er gleich stürzt oder in die Mauer einschlägt. Doch glücklicherweise hat er es geschafft. Ich wusste nicht, was das Problem ist, aber ich wusste, dass er wahrscheinlich nicht mehr weit kommen wird. Danach waren noch ein paar Runden zu fahren. Für mich war das schwieriger, denn ich hatte keinen Anhaltspunkt mehr. Zuvor habe ich immer gesehen, wann ich auf Zarco verliere und habe das Tempo wieder erhöht. Allein ist das schwieriger einzuschätzen, aber es hat dann ganz gut funktioniert. [grinst]
Es war also ein anstrengendes Rennen?
Ja, alleine an der Spitze ist die Konzentration dann schwieriger zu halten. Zudem wurde ich langsam etwas müde, weil ich zuvor wirklich alles gegeben habe. Es gab nicht viel Zeit, um zu verschnaufen. Die Anspannung und Konzentration waren hoch. Daher war es schwierig zu fahren, obwohl ich natürlich schon einen Vorsprung hatte, aber es war noch nichts in trockenen Tüchern. Und dem Sieg entgegen zu fahren, ist etwas anderes als auf Platz 5 zu liegen.
Haben sich deine Ziele für die Saison 2015 durch diesen Sieg verändert? Oder lässt du dich davon so früh in der Saison noch nicht beeinflussen?
Meine Ziele bleiben gleich. Bei meinem Sieg war natürlich auch ein bisschen Glück dabei, weil Sam Lowes stürzte und Johann Zarco einen technischen Defekt hatte. Im Endeffekt wäre ich wahrscheinlich Zweiter oder Dritter geworden, was auch ein guter Start in die Saison gewesen wäre. Doch ich mache mir keine großen Gedanken um den Sieg. Es ist eine große Motivation für uns, aber wir machen weiter wie bisher. Wir sind vorne dabei, also werden wir sehen, was in Texas auf uns zukommt.
Manche sagten nach deinem Sieg, dass dir das niedrige Griplevel entgegenkam, weil du auch ein guter Regenfahrer bist. Diese Einschätzung ?trifft jedoch nicht zu, oder?
Ich habe das auch schon gelesen. Genau, das ist völliger Quatsch. Im Regen fahren, ist etwas ganz anderes. Außerdem nervt es mich langsam, wenn noch jemand auf die Bezeichnung Regenspezialist zurückgreift, denn ich stand schon oft genug bei trockenen Bedingungen auf dem Podium. Das ist wirklich schon ein ganz alter Hut. Ich habe längst bewiesen, dass ich im Trockenen schnell bin. [lacht]
Auf der Kalex des AGR-Teams finden sich nicht besonders viele Aufkleber von Sponsoren. Habt ihr dadurch einen Nachteil gegenüber sehr finanzstarken Teams wie MarcVDS oder Intact GP?
Es sieht natürlich so aus, als hätten wir nicht viele Sponsoren. Das Bike sieht etwas leer aus, aber wir sind finanziell ziemlich gut aufgestellt. Mein Team ist eines der letzten, das finanzielle Probleme bekommen könnte. Karlos Arguiñano tut wirklich alles für das Team und hat viele große Sponsoren. Viel finanziert er aber auch selbst, daher haben wir das allerbeste Material. Nach außen sehen Maschine und Lederkombi etwas leer aus, aber es gibt Teams, die viel schlechter aufgestellt sind als wir.
Bleiben wir beim Thema Material. Wie gut kommst du mit den Elementen von WP Suspension zurecht? Boten sie in Katar einen Vorteil?
Die schnellen Fahrer waren nicht alle mit WP unterwegs, auch Rabat und Cortese waren mit Öhlins sehr schnell. Es machte meiner Meinung nach keinen großen Unterschied. Natürlich muss jeder für sich selbst herausfinden, was einem besser gefällt. Bei mir kam eben der Wechsel zu WP, was etwas gewagt war, aber es funktioniert sehr gut. Ich bin super zufrieden. WP ist genauso gut wie Öhlins, wenn nicht für mich sogar besser.
Dein Landsmann Stefan Bradl gewann 2011 ebenfalls den Moto2-Saisonauftakt in Katar und wurde später Weltmeister. Beschäftigst du dich mit solchen Dingen?
[lacht] Hm... Ich mache mir dazu keine Gedanken. Nur weil es bei Stefan genauso war, heißt das nichts. Ich mache einfach so weiter wie bisher. Das hat für mich keinerlei Bedeutung.