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Michael Bartholemy (Marc VDS): Rätsel um Tito Rabat

Von Günther Wiesinger
Tito Rabat ist der erste Moto2-Pilot, der seinen Titel verteidigt und mit der Nummer 1 antritt. Aber der Glanz der Saison 2014 ist verflogen, er ist nur WM-Elfter. Teamchef Bartholemy betreibt Ursachenforschung

In der Moto2-WM 2015 präsentiert sich an der Spitzte ein ziemlich ungewohntes und unerwartetes Bild. Es führt Johann Zarco mit 53 Punkten vor Rookie Alex Rins (49), Sam Lowes (41), Franco Morbidelli (33), Jonas Folger (32), Mika Kallio (31), und Tom Lüthi (30.).

Das erfolgsverwöhnte belgische Marc VDS Racing-Team, das letztes Jahr mit Tito Rabat (sieben Saisonsiege) und Mika Kallio die Moto2-Klasse dominierte und die ersten beiden Plätze beschlagnahmte, kam bei den ersten drei Rennen gehörig unter die Räder.

Weltmeister Rabat liegt in der Tabelle mit 17 Punkten nur an elfter Stelle (Sturz in Doha, Platz 4 in Austin, Platz 12 in Las Termas), Teamneuling Alex Márquez hat er sieben Punkte erzielt, er ist WM-Siebzehnter.

Teamprinzipal Michael Bartholemy sprach mit SPEEDWEEK.com exklusiv über die Ursachen des schwachen Saisonbeginns.

Michael, du hast Rookie und Moto3-Weltmeister Alex Márquez ins Team geholt. Neuling Alex Rins hat beim Team von Sito Pons unterschrieben. Er wäre die bessere Wahl gewesen – er war nach Texas schon WM-Leader und ist jetzt WM-Zweiter.

Ich konnte mir aussuchen, wen von den beiden ich verpflichte. Ich wollte Rins schon ein Jahr davor haben für die Moto2-WM 2014.
Wir hätten Rins und Márquez für 2015 haben können, aber ich wollte Rabat als Weltmeister behalten, weil er viel Erfahrung hat. Und ein Drei-Fahrer-Team wollte die Dorna und IRTA nicht haben.
Also habe ich einem von den drei Piloten absagen müssen. Wir haben uns im Endeffekt gegen Rins und für Márquez entschieden.

Was hat den Ausschlag gegeben? Der berühmte Bruder? Oder der Gewinn des WM-Titels? Wann wurde das überhaupt genau entschieden?

Ich denke, dass Rins aus dem Bauch raus der talentiertere Fahrer ist. Dass er vom Grundspeed her schneller ist, war uns schon bewusst. Wir mussten, dass Alex immer etwas mehr Zeit braucht, das war in der Moto3-WM auch so. Er ist nicht dieser draufgängerische Typ, der sofort vorne mitfährt.
Die Entscheidung ist aber auch in Zusammenhang mit unserem gemeinsamen Projekt mit Sponsor Estrella Galicia zu sehen, wo wir mit zwölf Fahrern in fünf Kategorien antreten. Wir haben Partner, die an diesem Projekt festhängen, es war schliesslich eine gemeinsame Entscheidung von allen zusammen, diesen Weg zu gehen.

Rins wurde schon 2012 WM-Fünfter, er agierte sehr unauffällig, aber er machte keine Fehler. Sandro Cortese traute ihm schon für 2913 den Moto3-WM-Titel zu. Jetzt ist Rins die grosse Überraschung als Moto2-Rookie.

Sicher, gegen Rins gibt es überhaupt nichts zu sagen, er macht einen Superjob. Er ist als Rookies stärker als Vinales im letzten Jahr.
Als Vinales 2014 den Texas-GP gewonnen hat, waren wir bei Marc VDS nicht gut vorbereitet. Dort war unser Motorrad nicht top.
Rins ist bisher bei allen Rennen vorne dabei gewesen. Man kann nur sagen: Hut ab.
Es muss ein Ziel für uns sein, dahin zu kommen, wo Rins heute ist.
Es gibt Leute, die klagen über die neue Kalex-Motorrad, sie sagen, das neue sei nicht so gut.
Rins hingegen kommt gut klar mit dem neuen Motorrad, er beklagt sich über nichts, das Fahren macht ihm Spass.

In Argentinien warst du mit der Performance von Rabat nicht begeistert. Er ist nur auf Platz 12 gelandet.

Von der Performance her sind wir jetzt wenigstens wieder dort, wo wir sein sollen. Wir fahren die gleichen Rundenzeiten wie die andern. Aber wir sagen seit mehr als einem Jahr zu ihm, er muss in den ersten zwei Runden aggressiver fahren.
Ich denke, Tito war in Argentinien auch aggressiv in den ersten vier Kurven. Aber dass er dann einfach aufgemacht hat, als Zarco von innen kam, obwohl sie sich überhaupt nicht touchiert haben, das war ein Schnitzer. Für jemand, der so viel Erfahrung hat wie der Tito, könnte eigentlich ein bisschen abgebrühter an die Sache herangehen.
Das musste also nicht sein, denn wir hatten einen ähnlichen Fall in Katar. Diese Fehler müssen wir wegbekommen.

Rabat ist bei den Wintertests und bei den Grand Prix 2015 auch schon aussergewöhnlich oft gestürzt?

Ich denke, dass er zum Vorderrad nie ein so gutes Gefühl hatte wie in den letzten zwei, drei Jahren mit der Kalex.
Aber Tito gibt zu, dass er kleine Schnitzer gemacht hat. Er sagte in Argentinien: Klar, ich hätte nicht von der Strecke fahren müssen. Aber er wollte unbedingt einen Sturz vermeiden, denn er ist momentan nicht so selbstsicher wie in den letzten Jahren. Das fehlt uns momentan. Wir müssen daran arbeiten, dass wir wieder dorthin kommen, damit es genau so gut funktioniert wie 2013 und 2014.
Wenn Tito allein ist, kann er die nötigen Rundenzeiten fahren. Aber wenn Schnitzer passieren, tut er sich schwer, an den Gegnern so abgebrüht vorbeizufahren, wie er es früher gemacht hat.

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