Pit Beirer: «Honda ist unser Lieblingsgegner»
Jerez-GP 2012: Teamchef Ajo, Beirer und Salom
Nach dem Titelgewinn von 2012 mit Sandro Cortese und den zehn GP-Siegen im Vorjahr Cortese 5, Kent 2, Salom 2, Folger 1) ist KTM die grosse Macht in der Moto3-Weltmeisterschaft. Bei den ersten drei Rennen hat Honda noch keinen Podestplatz errungen. «Ich habe nicht erwartet, dass die Konkurrenz schon nach einem Jahr aufgibt», grinst Pit Beirer, Head of Motorsports bei KTM. Firmenchef Stefan Pierer freut sich über 107.142 verkaufte Motorräder im letzten Geschäftsjahr; ein Plus von 32 Prozent und ein Umsatz von 612 Millionen Euro. Pierer hat jetzt mit dem Kauf von Husqvarna den nächsten grossen Coup gelandet und hat mit dieser Traditionsmarke grosse Pläne.
Pit, KTM muss das Kunststück zustandebringen und drei Moto3-WM-Favoriten in drei unterschiedlichen Teams bei Laune zu halten – Viñales bei Calvo, Rins bei Estrella Galicia und Salom im Red-Bull-Ajo-Team. Wie geht das?
Wir haben für jeden Fahrer und jedes Team einen Techniker abgestellt. Jedes Team will technisch irgendetwas probieren, was es dann vor den anderen Teams geheimhalten will. Da ist dann von unserer Seite Diplomatie gefragt. Bisher klappt es ausgezeichnet; ich höre keine Beschwerden.
Und am Ende machen eh die Fahrer den Unterschied.
Viñales, Rins und Salom dürften den Titelkampf unter sich ausmachen. Jonas Folger mit der Kalex-KTM wird sich da schwer tun?
Es ist trotzdem schön zu sehen, dass auch die Kalex Trainingsbestzeiten fahren und Podestplätze erreichen können.
Wir haben sieben identische Werksmaschinen mit unserem Eigenbau-Stahlrahmen im Einsatz. Drei davon kämpfen momentan um die WM-Führung, die andern vier liegen zum Teil weit zurück. Das heisst: Im Endeffekt entscheidet der Fahrer.
Ich bin froh, wenn der Titel hausintern entschieden wird. Aber die Kräfteverhältnisse müssen nicht immer so bleiben.
Schlaflose Nächte musst du vorläufig nicht haben. Honda entwickelt nicht weiter, wie es aussieht, und bei Mahindra fehlen 4 PS.
Zuerst einmal muss ich sagen, Eskil Suter hat bei der Mahindra super Arbeit geleistet. Da muss man den Hut ziehen. Er hat die Honda vom Start weg im Griff gehabt.
Die Mahindra ist in sehr kurzer Entwicklungszeit konkurrenzfähig gemacht worden. Und sie befindet sich noch nicht am Ende ihrer Entwicklung. Man braucht nicht viel Fantasie, um festzustellen, dass sie irgendwann zu uns aufschliessen werden.
Die Grand Prix Commission wollte die Vormachtstellung für 2014 in Gefahr bringen und das Drehzahllimit von 14.000/min auf 13.500/min senken?
Ja, das war ganz klar eine politisch motivierte Aktion. Im Motocross fahren wir bei den 250ern mit 15.000/min; im Red-Bull-Rookies-Cup drehen die Motoren 13.500/min. Und in der Moto3-Prototypen-WM sollen wir im dritten Jahr plötzlich mit 13.500/min fahren?
Wir haben es immerhin hingeschafft, dieses neue Drehzahllimit um ein Jahr auf 2015 verschieben zu lassen.
Durch diese Verschnaufpause haben wir etwas Zeit gewonnen, um uns auf diese Situation einzustellen.
Die Dorna und die Hersteller-Vereinigung MSMA denken wohl, ein Motor, der bei 14.000/min im ersten Jahr nicht funktioniert hat, funktioniert dann im dritten oder vierten Jahr besser, weil er 500/min weniger drehen darf...
Diesem grossen japanischen Hersteller, der in der Moto3 mitmischt, wird nichts anderes übrig bleiben, als sich für ein stärkeres Engagement zu entscheiden, wenn er gewinnen will.
Der Name Honda kommt dir nur sehr schwer über die Lippen?
Nein, Honda ist unser Lieblingsgegner.
Wir haben jetzt in der US-Supercross-Serie durch den Titelgewinn von Ken Roczen gezeigt, dass wir uns nicht verstecken müssen. Auch in der Moto3 und Rallye-Szene sieht Honda, dass KTM ernstzunehmen ist. Es gibt einige Motorsport-Disziplinen, wo wir sie herausfordern können.
Und Werksfahrer wollen sie uns ja auch wegnehmen.
Du sprichst von den Dakar-Spezialisten Despres und Coma?
Coma bleibt bei uns; Despres ist bei uns weg. Aber es sieht so aus, als würde er eher bei Yamaha landen. Er hat sich auch mit Honda nicht geeinigt.
Na, es geht doch. Du hast das Wort Honda ausgesprochen... Der KTM-Vorstandsvorsitzende Stefan Pierer hat Husqvarna gekauft. Jetzt wird die Produktionsstätte in Italien zugesperrt?
Ja, es wird künftig in Mattighofen produziert. KTM hat als Offroadhersteller mit den heutigen Stückzahlen das Potenzial sehr weit ausgereizt. Wir stehen an. Mit Husqvarna haben wir jetzt eine zweite starke Marke im Konzern. Eine Marke mit einem grossen Namen, die wir wieder auf die Erfolgsspur bringen wollen.
Inzwischen ist durchgesickert, dass KTM die Marke Husaberg langsam beerdigen und sie in der Marke Husqvarna aufgehen lassen wird.
Das kann ich vorläufig nicht bestätigen. Tatsache ist, dass wir Husaberg einst aus der Husqvarna-Pleite herausgekauft haben. Aber mehr als 6000 oder 7000 Stück sind mit diesem Nischenhersteller nicht zu verkaufen.
Deshalb macht es wohl Sinn, sich auf Husqvarna zu konzentrieren.
Ja, wir sehen bei Husqvarna das Potenzial, mittelfristig auf 20.000 verkaufte Motorräder im Jahr zu kommen. Das war einmal eine starke Marke.
Bis KTM seinen Siegeszug antrat. Die Husqvarna-Kunden warten jetzt auf neue Sportaktivitäten. Was ist geplant?
Wir werden für 2014 ein ordentliches Sportprogramm zusammenstellen. Es ist nicht so, dass jetzt in der Sportabteilung von Husqvarna die Lichter ausgehen. Fix ist, dass wir in der Cross-WM mit einer 250er und einer 450er die MX2 und MX1 fahren. Dazu werden wir in der Enduro-WM nächstes Jahr ein Werksteam mit drei bis vier Fahrern ins Rennen schicken.
In der Rallye-Szene und bei der Dakar hat sich KTM durch die Übernahme von Husqvarna einen lästigen Rivalen vom Hals geschafft?
Im Rallye-Sport werden wir mit Husqvarna ein Jahr pausieren und 2015 einen Wiedereinstieg machen. Jetzt haben wir vorläufig alle Hände voll zu tun, um neue Werks-Motorräder zu bauen.
Muss man sich die Werks-Husqvarna 2014 als umlackierte KTM-Maschinen vorstellen?
Nein, es werden zwar gewisse Einflüsse von KTM zu sehen sein. Aber die Husqvarna-Werksmaschinen werden keine KTM-Kopien sein. Bei Husqvarna existieren erstklassige Motoren. Wir gehen davon aus, dass alle Kunden damit viel Freude haben werden.
Aber die Entwicklungsabteilungen werden in Mattighofen oder Munderfing zusammengelegt?
Es wird einen eigenen Nr.-1-Technikchef bei Husqvarna geben. Der kann auch von aussen kommen. Wir sind gerade dabei, ein gescheites Organigramm aufzustellen. Wir werden auch einen hochkarätigen Teammanager für Husqvarna engagieren.
Unser Entwicklungschef Habsburg hat aber weiter die Gesamtverantwortung und muss sich eine Husqvarna-Mannschaft aufbauen. Bei KTM sind alle Mitarbeiter ausreichend beschäftigt; sie können also die Werks-Huskys nicht so nebenher bauen.
Wir nehmen diese neue Herausforderung sehr ernst. Deshalb braucht es mit der Zeit eine eigene kompetente Mannschaft für Husqvarna.
Herr Pierer möchte aber, dass der Sport und die Entwicklung zentral geführt werden, also von Beirer und Habsburg.
Und wer entscheidet, welcher Spitzenfahrer bei KTM fährt und wer zu Husqvarna versetzt wird? Streift sich dann Pit Beirer zwei Teamhemden gleichzeitig über? Du bist doch ein Oranger durch und durch?
Hm. Das lassen wir jetzt auf uns zukommen. Das werden wir mit unserem Chef Stefan Pierer noch beratschlagen.