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Weltmeister Brad Binder: «Das Telefon weggesperrt»

Von Günther Wiesinger
Auf dem Podest: Brad Binder mit Teamchef Aki Ajo

Auf dem Podest: Brad Binder mit Teamchef Aki Ajo

Der Südafrikaner Brad Binder (21) gewann beim fünftletzten Rennen die Moto3-WM 2016. «Seit heute weiss ich, dass sich alle Opfer gelohnt haben, die wir für den Rennsport gebracht haben», sagte er.

Bei seinem 89 GP-Einsatz eroberte der 21-jährige Südafrikaner Brad Binder aus Potchefstroom bei Johannesburg auf der Red Bull-KTM den ersten Weltmeistertitel.

Binder ist der erste Fahrer aus Südafrika, der in der Leichtgewichtsklasse triumphiert hat.

«Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es fühlt sich alles noch so merkwürdig an. Vielleicht werde ich heute in der Nacht erstmals realisieren, was geschehen ist, wenn ich ins Bett gehe. Das war heute ein schwieriger Grand Prix. Ich hatte in diesem Rennen sehr viel Mühe. Jedes Mal, wenn ich das Gas aufgedreht habe, wurde ich rausgetragen, ich konnte mich nie nahe genug am Kurvenscheitelpunkt halten. Dadurch wurde es mühsam. Ich musste dauernd unterschiedliche Linien fahren und probieren. Es war anstrengend, unter diesen Umständen schnelle Rundenzeiten zu erzielen.»

«Aber ich habe heute mein Bestes gegeben, ich tat alles, um das Rennen zu gewinnen. Aber Enea und Navarro waren heute unglaublich stark. Besonders am Beginn konnte ich nur mit viel Mühe mithalten. Aber am Ende habe ich mich recht stark gefühlt. In der letzten Runde in der letzten Kurve wusste ich, ich muss super spät bremsen und dann die Türe zusperren für die Gegner, denn ich war auf meiner Ideallinie. Aber ich habe definitiv ein bisschen zu spät gebremst. Ich wurde rausgetragen, dadurch hat mich Navarro ausgetrickst.»

«Ich bin meinen Eltern so dankbar für alles, was sie für mich getan haben», ergänzte der neue World Champion. «Sie haben so viel geopfert, um mir diese Rennfahrerlaufbahn zu ermöglichen, die es mir erlaubt, heute hier zu stehen. Wir haben Südafrika verlassen, als ich 12 Jahre alt war, nachher habe ich begonnen, Rennen in Europa zu bestreiten, im Red Bull Rookies-Cup. Das war die beste Lösung für uns. Seither haben wir viel Zeit in Europa verbracht. Heute ist der erste Tag, an dem ich spüre, diese Opfer haben sich gelohnt.»

Binder weiter: «Ich habe bei Ajo ein so unglaubliches Team hinter mir, ich kann Aki gar nicht genug danken. Mein Dank gilt auch den Jungs von KTM, die mir ein so unglaubliches Motorrad hingestellt haben.»

«Jetzt kann ich die letzten vier Rennen genießen und pushen, was passiert, passiert. Es wird ein seltsames Gefühl sein. Denn das ganze Jahr hindurch bin ich immer wieder ein bisschen konservativ gefahren. Jetzt kann ich am Sonntag rausfahren, den Kopf hinter die Verkleidung stecken und den Sieg anpeilen», meint Brad Binder.

In Südafrika spielt der Titelgewinn von Binder in den Medien eine bedeutende Rolle. «Das wird bei uns momentan sehr groß rausgebracht. Ich kann gar nicht beschreiben, wie viele Interview-Anfragen ich diese Woche hatte. Das war krank. Mein Telefon hat alle zwei Sekunden geklingelt. Ich habe es meistens in meinem Auto eingesperrt. In den nächsten Tagen werde ich keine ruhige Minute haben. Aber morgen geht der Alltag schon weiter, ich werde hier meine Moto3-KTM testen...»

Der heimlich geplante Moto2-Test auf der KTM musste abgesagt werden. Denn es handelt sich um einen offiziellen IRTA-Test, da darf Ajo nur einen Fahrer (Zarco) einsetzen, der zweite Platz (für Oliveira und Binder) steht ihm erst für 2017 zu. Die Konkurrenz hatte sich rechtzeitig über den geplanten Binder-Moto2-KTM-Test beschwert...

Was sagte Binder zum Rennen von Aragón? «Ich habe eine etwas größere Gruppe vorne erwartet», erzählte der Weltmeister. «Ich bin mehrmals auf Platz 3 oder 4 zurückgefallen. Dann habe ich mich bemüht, die Gegner wieder einzuholen. Ich musste manchmal ziemlich aggressiv agieren, denn manche Gegner sind ein bisschen verrückt unterwegs gewesen. Mein Problem war heute, dass ich gut in die Kurven reinkam, aber sobald ich die Bremse losließ und das Gas aufdrehte, wurde ich rausgetragen. Die Honda-Jungs waren auf ganz anderen Linien unterwegs als ich, und unsere Linien sind sich in die Quere gekommen. Wenn ich zum Beispiel in der Zielkurve meine Linie fahren konnte, war ich schnell. Aber wenn ich rausgetragen wurde, kam ich nicht mehr zum Scheitelpunkt zurück. Das hat mein Rennen sehr erschwert. Wenn ich hinten war, habe ich gesehen, dass ich eigentlich schneller fahren könnte als die Gegner. Aber wenn ich die Honda-Jungs vor mir waren, konnte ich nicht die Linien fahren, die ich im Training gewählt habe, als ich allein war. Es war wirklich viel härter als erwartet. Das MotorLand Aragón wird auf jeden Fall für den Rest meines Lebens eine besondere Stelle in meinem Herzen haben. Es ist etwas ganz Spezielles, hier die WM gewonnen zu haben.»

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