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GP-Saison 2016: Alle Sturz-Rekorde wurden gebrochen

Kolumne von Michael Scott
Marc Márquez: Rennsturz in Australien

Marc Márquez: Rennsturz in Australien

So viele Stürze wie in der GP-Saison 2016 wurden noch nie gezählt. Die Dorna beleuchtet interessante Aspekte, zwei Sturzkönige kommen aus England – Sam Lowes und Cal Crutchlow.

Unter vielen Dorna-Media-Dokumenten kam eines der spannenderen vor wenigen Tagen herein: «Stürze 2016» lautet es.

Das ist nicht nur eine Aufzeichnung aller Stürze während der letzten 18 Grands Prix und wer sie fabriziert hat, sondern auch eine detailgenaue Analyse von jedem wahrzunehmenden Aspekt der Statistiken.

Dank der Tatsache, dass Rennfahrer generell gerne über ihre Stürze sprechen, und das mit einer gewissen Selbstironie, ist es oft sehr lustig, auf die Unfälle zurückzublicken. Dieses Jahr jedoch weniger, da einer der 364 Stürze in der Moto2 fatale Konsequenzen für Luis Salom hatte. Motorsport bleibt eine gefährliche Leidenschaft.

Es gibt jedoch Trost in der Tatsache, dass bei den insgesamt mehr als 1000 Stürzen 2016 derjenige von Salom der einzige war, der einen wirklich tragischen Ausgang hatte. 2016 gab es zum ersten Mal in der Geschichte mehr als 1000 Stürze: 1062 insgesamt. Das bezeichnet einen Anstieg von 64 Prozent in den vergangenen zehn Jahren, denn 2006 wurden nur 647 Stürze gezählt.

Das ist ein Tribut an beide Formen von verbesserten Sicherheitsvorkehrungen. Erstens aktiv, im Falle von verbesserten Helmen und Lederkombis, die heutzutage mit Airbags ausgestattet sind, 2018 obligatorisch. Und zweitens haben wir eine bessere passive Sicherheit an den Rennstrecken. Der Grund für Saloms Verletzungen war ein Fehler in der passiven Sicherheit bei der Montmeló-Rennstrecke bei Barcelona. In einer Kurve gab es zu wenig Auslaufzone, zudem war der Sturzraum asphaltiert, ein Kiesbett wäre hilfreicher gewesen. Salom krachte mit voller Wucht gegen sein Motorrad, als es von den Airfence-Systemen zurückgeschleudert wurde.

Das wird dort nicht noch einmal passieren.

Natürlich spielt auch das Wetter immer eine wichtige Rolle – selten mehr als in Phillip Island, wo dieses Jahr an einem Wochenende 90 Unfälle passierten. Phillip Island führt vor Motegi (84 Stürze), Sachsenring (81) und Assen (79). Motegi war wohl trotzdem das gefährlichste Wochenende dieses Jahr, weil die anderen drei teilweise Regen hatten. Im Fall von Assen sogar so viel Regen, dass das Rennen abgebrochen werden musste.

Und die sichersten Rennen? Hier herrscht ein Wettstreit zwischen dem Red Bull Ring und Mugello, wo jeweils nur 34 Unfälle stattfanden.

Dann gibt es eine Analyse von Kurve zu Kurve. Das ist besonders relevant für die Fotografen, die versuchen, sich zu den richtigen Stellen hinzuschleichen. Fotografen mit besonders lukrativen Verträgen suchen sich Orte aus, wo das Licht und der Winkel am besten dafür sind, die Logos der zahlenden Sponsoren abzulichten. Alle anderen kämpfen um einen Platz an den Kurven, die dafür bekannt sind, dass die Piloten dort oft stürzen. Gute Sturzbilder verkaufen sich.

Wo sollen sich die Crash-Fotografen also am besten versammeln?
Wieder gewinnt Phillip Island. Kurve 4, um spezifisch zu sein. Die Rechtskurve, die man «Honda Hairpin» nannte. Dort hatte Márquez dieses Jahr seinen einzigen Renncrash, der zu einem Nuller führte.

Zusammen mit nicht weniger als 31 anderen Fahrern. Das ist also bei weitem die Kurve, an der dieses Jahr die meisten Stürze passiert sind.

An zweiter Stelle steht Kurve 1 in Argentinien, mit 20 Stürzen (dort blieb es ziemlich nass, auch wenn der Rest der Strecke auftrocknete), und Motegis neunte Kurve, eine vor der weiten Haarnadelkurve, wo dieses Jahr Lorenzo und 19 weitere Kollegen stürzten. Danach kommen die Museums-Kurve in Le Mans und Kurve 9 in Sepang, die jeweils 17 Opfer forderten.

Das waren Unfälle aus allen drei Klassen. Wenig überraschend war die Moto3-Klasse für die meisten Unfälle verantwortlich. Sie haben mit 38,6 Prozent Überhand, mit einer Summe von 410 Stürzen über das ganze Jahr verteilt. Moto2 folgt kurz dahinter mit 364 Stürzen (34,3 Prozent). Die MotoGP nimmt sich relativ bescheiden aus mit 288 Crashes (27,1 Prozent).

Wenn man allerdings auf die Anzahl Fahrer in jeder Klasse schaut – 21 in der MotoGP gegen 32 in der Moto3 – gab es pro Fahrer ungefähr gleich viele Stürze in der kleinsten wie in der größten Klasse.

Die Anzahl der Unfälle in der MotoGP war 2016 die höchste, die in der Klasse je gezählt wurde. In der Moto2 gab es zwischen 2010 und 2012 mehr Stürze und auch 2014. Das schlimmste Moto2-Jahr war 2011, das zweite Jahr der 600-ccm-Viertakter, als es insgesamt 421 Crashes gab. Dasselbe in der kleinsten Klasse, als 2008 epische 463 Stürze in der 125-ccm-Klasse stattfanden.
Aber wer waren die Opfer?

Gesamtsieger dieses wenig beneidenswerten Preises ist der Fahrer, dessen Moto2-Titel-Fight 2016 komplett über den Haufen geworfen wurde von einer Serie von Nullern in den letzten zehn Rennen, bei denen er auch einen Sieg einfahren konnte. Sam Lowes fuhr mit spektakulärem Stil und Entschlossenheit, aber er spürte das Kiesbett nicht weniger als 30 Mal während dieser Saison.

Lowes Landsmann Cal Crutchlow entpuppte sich als Spitzen-Stürzer in der Königsklasse, mit 26 Crashes (einen weniger als der Moto3-Maniac Gabriel Rodrigo), aber er erklärte mir nach dem letzten Rennen: «Ich weiss, dass ich ein Crasher bin. Aber es geht darum, wie du es umsetzt. Wenn man stürzt, aber trotzdem gute Resultate holt ...»

Jack Miller stürzte einmal weniger als Crutchlow, also 25 Mal, aber er musste auch bei insgesamt fünf Grand Prix übers Jahr verteilt aussetzen.

Man muss aber erwähnen, dass jeder dieser MotoGP-Fahrer auch Rennen gewonnen hat, Miller eines, Crutchlow sogar zwei. Sie steckten die Stürze also prächtig weg.

An dritter Stelle auf der MotoGP-Sturzliste steht bereits der Name Marc Márquez – mit 17 Crashes. Er liegt also auch in dieser Wertung unter den Top-3.

Vielleicht liegt da eine gewisse Wahrheit in dem alten Sprichwort: Ein schneller Fahrer lernt leichter, nicht zu stürzen, als ein langsamer Fahrer, schnell zu fahren.

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