Stefan Pierer (KTM): «30 Millionen für MotoGP»
Stefan Pierer, Chief Executive Officer (CEO) der KTM Group, überwachte beim Valencia-GP mit dem gesamten Vorstand von KTM und WP Suspension zuerst im Juli das Roll-out der RC16 in Spielberg und zuletzt das Renndebüt mit Wildcard-Pilot Mika Kallio in Valencia.
KTM beteiligt sich 2017 mit zehn Piloten an der Moto3-WM, dazu kommen das neue Engagement in der Moto2 mit einem eigenen Chassis – und der erste Werkseinstieg von KTM in der Königsklasse.
Im Sommer wurde auch die Frage diskutiert, ob KTM womöglich sogar die Einheitsmotoren für die Moto2-WM 2019 bauen würde, aber Stefan Pierer und KTM reichten nie eine Offerte ein und gaben nie ein Konzept ab.
«Wir haben uns genug vorgenommen, wir müssen uns jetzt daraud konzentrieren. Das MotoGP-Projekt ist für uns schon eine richtige Herausforderung», erklärte Pierer im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com.
Herr Pierer, KTM hat die Moto3-WM 2016 mit Brad Binder souverän gewonnen. In der Moto3-Klasse lief es nach zwei schwierigen Jahren wieder sehr zufriedenstellend. KTM hat in fünf Jahren viermal die Konstrukteurs-WM gewonnen.
Ja, ab dem Misano-GP 2015 hatten wir unsere Probleme aussortiert. Dann ist es in der WM noch knapp geworden... Oliveira hat die WM nur um 6 Punkte verloren. Er ist ein sehr guter Fahrer. Brad Binder ist ein cleverer Bursche, er hat uns in der Saison 2016 mit seinen sieben Moto3-Siegen wirklich begeistert.
In der Moto3-WM treten nächstes Jahr nur noch zehn Fahrer auf KTM an.
Naja, wir haben ja ein ein dritten Mittbewerber, Mahindra hat 2016 einen schönen Schritt gemacht. Sie brauchen ja auch Teams.
Wobei man überlegen muss, ob wir in der Moto3 nicht zu viele Teilnehmer haben, man hat genug Unfälle gesehen bei den letzten Rennen. Die jungen Fahrer sind natürlich übermotiviert...
Wir haben die Red-Bull-Mannschaft mit Antonelli und Bendsneyder, dazu baen wir das SKY VR46-Team und weitere starke Fahrer. Es wird aber vor allem wichtig sein, zuerst einmal in der MotoGP die Füße auf den Boden zu bringen.
Und dann wird in der MotoGP irgendwann ein zweites Team dazu kommen. Dazu macht Aki Ajo die Teams in der Moto3 und Moto2.
Wird sich KTM als europäischer Hersteller den Rookies-Cup, die Moto3, die Moto2 und MotoGP auf die Dauer werksseitig leisten können?
Wir haben jetzt endlich die Lücke nach der Moto2-WM schließen können. Den Rookies-Cup machen wir ja schon ewig – seit zehn Jahren. Das Moto3-WM-Engagement betreiben wir seit der Regeländerung mit den Viertaktern seit 2012 sehr erfolgreich. Jetzt kommt neu noch die Moto2 dazu. Das Reglement in dieser Kategorie empfinden wir als sehr preiswert, auch dank der Einheitsmotoren, das muss man wirklich offen sagen.
So haben wir die Grundlage dafür, dass wir dann oben an der Spitze der Pyramide in der MotoGP die richtigen Fahrer haben. Die Moto2 machen wir ja auch mit dem Hintergedanken, dass wir dann bei Bedarf Zugriff auf die Fahrer wie Binder oder Oliveira haben.
Für die MotoGP-WM haben wir einen Fünf-Jahres-Vertrag mit der Dorna. Damit ist alles gesagt.
2004 plante KTM schon einmal den Einstieg in die MotoGP-WM, doch die Kosten erwiesen sich als zu hoch. Immerhin bekam das Roberts-Team dann die Motoren für eine halbe Saison. Sie haben vor einem Jahr gesagt, das MotoGP-Budget sei quasi unbeschränkt, am Geld werde es nicht scheitern. Reden wir von einem Jahresbudget von 25 bis 30 Millionen Euro? Oder liegt das Budget darüber?
Um in der Königsklasse seriös mitspielen zu können, brauchst du sicher ein Budget von 30 Millionen.
Wird KTM 2017 auch in der neuen Supersport-300-WM zu sehen sein mit der RC390. Was ist da geplant?
Da hängt viel vom Promoter Dorna ab. Es ist da noch einiges im Ungewissen. Das Reglement ist nicht schlüssig, deshalb sind wir vorläufig noch vorsichtig. Sobald beim Reglement endlich einmal Klarheit herrscht, werden wir entscheiden: Ergibt es einen Sinn oder nicht? Diese neue 300-ccm-Klasse ist für uns ein Kundensport-Thema.
Möchte KTM bereits 2018 ein Kundenteam in der MotoGP-WM haben?
Das lassen wir auf uns zukommen. Das hängt jetzt davon ab, wie es uns nächstes Jahr geht.
Es wird dann sicher der eine oder andere auf uns zukommen.
Aber für uns ist es jetzt zuerst einmal wichtig, wirklich einmal selber zu zeigen, was wir leisten können.
Wie würde das Konzept für das Kundenteam aussehen? Gibt es von Seiten KTM Prioritäten? Angenommen, es klopft das Martinez-Team an. Soll es dann für 2018 mit aktuellen Werksmaschinen beliefert werden? Oder eher mit Vorjahresmaschinen, wie es Ducati großteils macht?
Wir haben beim Kundenteam noch nichts Konkretes geplant. Aber wir haben der Dorna versprochen, dass wir für ein Kundenteam 2018 bereit sind. Wenn unser Produkt gut ist, werden wir sicher einige Anfragen bekommen. Wir werden uns dann mit WM-Promoter Dorna abstimmen.
Wir würden das gern wie in der Moto3-WM machen. Immer gleiches Material.
Wobei natürlich das eigene Werksteam das eine oder andere Setting hat oder neue Entwicklungsteile. Aber in der Mechanik täte ich keinen Unterscheid machen.
KTM könnte dann beim Kundenteam auch Einfluss auf die Fahrerwahl nehmen? Es war einmal die Rede davon, 2018 Testfahrer Tom Lüthi in so ein KTM-Kundenteam einzuschleusen.
Wir fahren ja in der MotoGP-WM erst seit einem Jahr. Und je mehr Teams und Motorräder du einsetzt, desto mehr Daten hast du zur Verfügung. Insofern würde uns so ein Kundenteam helfen, wir hätten dann vier statt zwei Fahrer draußen.
Es war für sie wahrscheinlich ein bisschen gewöhnungsbedürftig, als sie beim Spielberg-Test erstmals Tom Lüthi getroffen haben?
(Er schmunzelt). Ja, witzig. 2005 hat er gegen uns in der 125-ccm-Weltmeisterschaft um dem Titel gekämpft und gewonnen. Ich war damals beim letzten Rennen in Valencia, wo Kallio für uns den Titel verloren hat. Tom ist ein netter Kerl. Mich freut es für ihn, er hat gut in unser Testteam gepasst. Es ist irgendwie eine witzige Geschichte, dass man Mika und Tom jetzt gemeinsam in der KTM-Box wieder gesehen hat. Der Tom ist ein ganz aufrechter Typ. Ich schätze ihn sehr. Aki Ajo hat ja mit ihm auch wegen der Moto2 für 2017 verhandelt.