Hervé Poncharal: «Zarco ist wie eine Maschine»
Jonas Folger hat in den letzten zwei Jahren in der Moto2-WM drei Rennen (2015 in Katar und Jerez, dazu Brünn 2016) gewonnen, er hat die WM in drei Jahren als Gesamt-15., Sechster und Siebter beendet. Sein neuer Tech-3-Yamaha-Teamkollege Johann Zarco hingegen hat die Weltmeisterschaft 2015 und 2016 gewonnen, und er hat in den letzten zwei Jahren nicht weniger als 15 GP-Siege erbeutet.
Man darf also mit einem erbarmungslosen Fight um die Vormachtstellung der beiden MotoGP-Rookies bei Tech-3-Yamaha rechnen.
«Beide Fahrer lagen bei den ersten zwei MotoGP-Tests in Valencia und Sepang von den Rundenzeiten her sehr eng beisammen, was mich sehr freut», erklärte Tech-3-Yamaha-Teambesitzer Hervé Poncharal im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Das ist sehr gut für mich. Denn der Teamkollege ist immer der erste Fahrer, den du besiegen willst. Und wenn sich unsere beiden Fahrer gegenseitig pushen, und zwar in einer positiven Art und Weise, dann ist das das Beste, was du haben kannst. Ich habe viel Vertrauen in Johann Zarco, denn er hat uns zwei Jahre lang in der Moto2-WM sehr beeindruckt. Johann hat in Valencia und Sepang praktisch die gleichen Rundenzeiten erreicht wie Jonas Folger. Es lagen nur ein paar Tausendstelsekunden dazwischen. Zarco war ebenfalls sehr eindrucksvoll, denn alle seine Runden lagen sehr dicht an seiner Bestzeit. Auch mit Reifen die schon 25 Runden hinter sich hatten, blieb er nur 0,2 sec hinter seiner Bestzeit, die er mit brandneuen Reifen aufgestellt hatte. Das war es, worauf er sich konzentriert hat.»
«Johann Zarco ist ein Fahrer, der immer zuerst alles verstehen will, bevor er pusht und ans Limit geht», weiss Poncharal. «Es war sehr interessant und eindrucksvoll zu beobachten, welche Vorgehensweise er an den Tag legt. Er will alles wissen... Er ist wie eine Maschine. Er will so viele Runden wie möglich drehen, bevor er 100 Prozent riskiert. Ich bin sehr happy mit meiner Fahrerpaarung, nicht nur mit Joans Folger, sondern auch mit Johann Zarco. Ich denke, diese beiden Jungs werden ein starkes Team bilden.»
Als sich im Frühjahr 2016 nach Bradley Smith (er war vier Jahre dort) auch Pol Espargaró nach drei Jahren bei Tech-3-Yamaha verabschiedete, wirkte Poncharal zuerst enttäuscht. Er wollte neben Folger wenigstens einen Routinier mit Aussichten auf Topergebnisse im Team haben.
Heute hat Poncharal seine Ansicht geändert. Jetzt freut er sich darauf, zwei Talente für die Zukunft aufbauen zu können.
«Ich hatte ein sehr enges Verhältnis zu Pol», hält der französische Teambesitzer fest. «Aber irgendwann ist mir klar geworden, das war ungefähr beim Mugello-GP, dass wir Pol nicht halten können. Yamaha hat ihm ein Angebot für ein Jahr gemacht mit einer Option für 2018. Pol war davon nicht begeistert. Ich habe beobachtet, dass Pol tief erschüttert war, als er merkte, dass er bei Yamaha nicht für die Lorenzo-Nachfolge in Betracht gezogen wurde. Er hatte erwartet, für diesen Platz auserwählt zu werden. Ich habe rasch erkannt, dass sich daher das Ende der Pol-Espargaró-Yamaha-Ära anbahnte, er war ja drei Jahre lang ein Fahrer mit einem Yamaha-Werksvertrag. Selbst wenn er sich zum Bleiben entschieden hätte, die Geschichte hätte einen üblen Beigeschmack für ihn gehabt. Er fühlte sich bei uns nicht mehr als erste Wahl. Deshalb hat er nicht lange gezögert, als er das KTM-Angebot bekommen hat. Er wollte mit einem richtigen Factory-Projekt zusammenarbeiten.»
«Inzwischen haben sich die Wogen geglättet», sagt Poncharal. «Ich bin froh, dass Bradley und Pol Platz in einem echten Werksteam gefunden haben, denn das bedeutet ja auch, dass wir sie gut erzogen und aufgebaut haben. Trotzdem ist mein neues Fahrerduo für 2017 für mich wie ein traumhaftes Szenario. Ich liebe die Zusammenarbeit mit jungen Leuten, ich erziehe sie gerne, ich teile viele Gemeinsamkeiten mit diesen jungen Piloten. Es ist immer aufregender, wenn alles neu ist, wenn die Fahrer auf Entdeckungsreise gehen und happy sind. Unsere Fahrer in den letzten Jahren waren anfangs recht zufrieden bei Tech3, aber irgendwann haben sie nach einem Werksvertrag Ausschau gehalten. Das ist etwas, was zumindest im ersten Jahr mit Jonas und Johann nicht passieren wird.»