Wilco Zeelenberg (Yamaha): Was macht Viñales stark?
Maverick Viñales ist der Mann der Stunde
Maverick Viñales hat seinem Debüt auf der Yamaha YZR-M1 in Valencia Mitte November alle vier großen IRTA-Tests beherrscht, beim Saisonauftakt in Katar die Pole-Position errungen und das Rennen gewonnen.
Wir haben uns bei Wilco Zeelenberg erkundigt, was den Spanier so einzigartig macht. Der Niederländer hat 1990 in der 250-ccm-Klasse den Nürburgring-GP gewonnen und agiert jetzt bei Movistar-Yamaha für Viñales als «Track Analyst», also als Riding Conach.
Zeelenberg hat seinen langjährigen Schützling Jorge Lorenzo, man hat sieben Jahre zusammengearbeitet und drei MotoGP-Titel gewonnen, nicht zu Ducati Corse begleitet. Und er hat diesen Schritt bisher nicht zu bereuen.
Lorenzo sagte beim Sepang-Test im Februar über Zeelenberg: «Wilco ist eine erstaunliche Person, er ist ein begnadeter Erklärer. Er kann alles sehr gut erklären. An meinenTitelgewinnen hat er seinen Anteil. Aber auch unser Ducati-Testfahrer Michele Pirro macht sich in dieser Hinsicht jetzt bei mir sehr nützlich. Er hat jetzt nebenbei eine neue Zusatzaufgabe als ‚Track Analyst’. Er fährt schon lange Ducati, seit vier oder fünf Jahren. Er hat mir erzählt, dass er anfangs dort ein ähnliches Gefühl hatte wie ich. Er fährt wie ich gern mit viel Kurvenspeed. Er gab mir gute Ratschläge, auch für diese Strecke in Sepang. Ich bin sehr happy mit Michele. Ich denke, wir werden in Zukunft ein großartiges Team bilden.»
Wilco, Jorge Lorenzo und Maverick Viñales sind zwei recht unterschiedliche Typen von Menschen. Wie stark unterscheiden sie sich als Rennfahrer?
Ja, auch da bestehen klare Unterschiede. Du musst Maverick beim Set-up vorne viel mehr Unterstützung, damit er spät genug bremsen kann, was zu seinen Stärken zählt. Die Aggressivität, die er beim Bremsen an den Tag legt, ist erstaunlich. Aber nicht nur beim Vorderrad, sondern bei beiden Rädern. Er bremst sideways hinten noch ziemlich stark, das macht Márquez ähnlich.
Viñales wirrkt auch etwas entspannter und cooler als Lorenzo. Oder täuscht dieser Eindruck?
Das kannst du dir ja vorstellen... Wir haben ihm bei Yamaha ein besseres Motorrad gegeben, mit dem er dauernd vorne mitfahren kann. Also ist er happy. Das macht das Leben deutlich leichter für alle Beteiligten.
Aber Maverick ist ein Siegertyp. Ich kann mir vorstellen, dass er ungemütlich werden kann, wenn er Rennen verliert.
Momentan schaut bei Maverick alles so spielerisch aus, wenn man ihm draußen auf der Piste zusieht.
Ja, richtig. Aber er pusht, da dürfen wir uns nichts vormachen. Er führt am Limit.
Es besteht auch ein Altersunterschied von mehr als sieben Jahren zu Jorge Lorenzo, der mehr Erfahrung hatte.
Maverick ist sehr fokussiert, er verlangt sehr viel vom Team und vom Bike.
Hat Maverick bei dir in Katar einen anderen Eindruck hinterlassen als bei den Tests? Ist er bei den Rennen nervöser?
Hm... Nein. Er ist bei den Tests 1:54,3 min gefahren, beim Grand Prix in Katar auch, gleich am ersten Abend, das war eindrucksvoll. Er hat das gleich in den ersten 45 Minute des FP1 geschafft. Das Motorrad war nach dem Test nicht verändert worden.
Maverick hat anscheinend viel Freude mit dem diesjährigen Michelin-Vorderreifen? Rossi hingegen beklagt sich, er sei zu weich von der Karkasse her.
Gut, Maverick hat sich im Vorjahr auch nie über die Reifen beklagt. Er hat vermutet, dass er mit der Yamaha vorne mehr Probleme haben würde. Aber diese Befürchtung hat sich nicht bewahrheitet.
Maverick war letztes Jahr schon der einzige MotoGP-Fahrer, der mit den Michelin weniger gestürzt ist als mit den Bridgestone-Reifen 2015.
Richtig, ja. Exakt.
Aber er war überrascht, dass sich die Yamaha vorne so gut angefühlt hat, auch im Vergleich mit der Suzuki, die er 2016 gefahren hat. Das sind erfreuliche Nachrichten.
Hast du so eine Überlegenheit von Maverick erwartet, bevor er im November als Lorenzo-Nachfolger erstmals auf die Yamaha gestiegen ist?
Gut, ich muss sagen, er war gleich beim ersten Test in Valencia schnell, gleich am ersten Tag, als er auf diesen Motorrad sprang. Maverick hat schon beim Valencia-Test die Gesamtbestzeit erzielt.
Das hat uns ein bisschen die Augen geöffnet und uns gezeigt, dass er schnell sein wird, dass der Speed nicht das Problem darstellen würde.
Aber wir haben noch 17 Rennen vor uns. Wir haben erst ein Rennen gewonnen. Das bedeutet so gut wie gar nichts.