Texas-GP: Starke Gegensätze und Holperpiste
Tolle Arena: Die GP-Piste in Austin
Zum fünften Mal gastierte der MotoGP-Zirkus auf dem pompösen Circuit of the Americas (COTA). Dieser US-WM-Lauf hat als einziger von dreien überlebt, Laguna Seca wurde nach 2013 gestrichen, Indy ein Jahr später.
Aber auch Texas hat seine Probleme, die Zuschauerzahlen lassen zu wünschen übrig.
Doch die Dorna und die Motorradhersteller brauchen einen US-GP, der Markt ist zu wichtig, um Texas für einen Grand Prix wie Finnland opfern zu können, also werden wir 2018 wohl 19 oder dann 20 Grand Prix erleben, denn Thailand und Indonesien kommen auch dazu.
Der GP-Zirkus fühlt sich wohl in Austin.
Die «Live Musical Capital of the World» ist eine Metropole mit Herz, Cowboy-Stiefel und Cowboyhut gehören hier zum guten Ton, jeder darf einen Revolver offen am Gürtel tragen. Berittene Polizisten gehören zur Tagesordnung.
Ein Naturschauspiel zieht jeden Tag zwischen März und November Tausende Schaulustige auf die Brücke über den Colorado River, ganz in der Nähe des Radisson Hotels, wo das Repsol-Honda-Werksteam mit Marc Márquez und Dani Pedrosa sowie alle Honda-Teammitglieder Station machen.
Rund 1 bis 1,5 Millionen Fledermäuse schwärmen jeden Abend bei Einbruch der Dämmerung von der Unterseite der «Congress Bridge» aus, um Insekten zu fangen. Die Amis finden das «phantastic», aber wenn man das einmal erlebt hat, reicht es, man muss kein zweites Mal 30 Minuten warten. Außerdem: Vielleicht sind es ja nur 350.000 «murciélagos» oder «vespertilio», wie Marc Márquez diese Tiere bezeichnet. Die Yankees übertreiben ja gerne. «Bats», nennen sie die Amerikaner.
Marc Márquez ist der bisherige COTA-Hauptdarsteller; er hat bei fünf Auftritten fünfmal die Trainingsbestzeit erzielt und fünfmal gewonnen.
Auch Maverick Viñales konnte diesen Siegeszug diesmal nicht stoppen.
Es wurde am Freitag hier bis zu 30 Grad heiß und schwül. Daheim haben wir noch den letzten Schnee erlebt beim Wegfliegen. Aber am Samstag kühlte es ab, in der Stadt regnete es sogar in der Früh.
Austin hat 1 Million Einwohner, es ist die viertgrößte Stadt von Texas nach Houston, San Antonio und Dallas, Donald Trump ist hier nicht gern gesehen, Austin wählt demokratisch, obwohl Texas als «Lone Star State» als überwiegend republikanisch gilt. «Lone Star» ist übrigens auch eine Biermarke...
Die Texaner meinen, Austin sei die schönste Stadt ihres Bundesstaates, dem kann man schwer widersprechen. Rundherum erlebt man viel Grün, doch die Stadt wächst im rasanten Tempo.
Austin ist ein beliebter Standort für High-Tech-Unternehmen und IT-Firmen. Und es ist die Heimat des siebenfachen Tour de France-Siegers Lance Armstrong. Sorry, des vermeintlichen TdF-Siegers, der in der Woche vor dem Grand Prix mit Cal Crutchlow radelte und sich dann zum Rennen einladen ließ.
Und Texas verblüfft uns immer wieder. Es gilt kein Helmgesetz für Motorradfahrer, die Zuschauer rollen mit 1000-ccm-Superbikes aus der Stadt rund 25 km zur Strecke und fahren ungeniert ohne Kopfbedeckung bei den Sheriffs von Travis County vorbei.
In Downtown Austin dominiert das Bankenviertel, riesige Bürotürme ragen in die Höhe, umzingelt von einem Dutzend 5-Sterne-Hotels, allein Hilton ist dreimal vertreten, dazu Marriott, das Radisson, das Omni, das Hyatt, das Four Seasons, das InterContinental usw.
Von dort rollt man über die 5th Cesar Chavez Street Richtung Rennstrecke. Nach 2 km sieht man um 8 Uhr früh noch die Obdachlosen am Fahrbahnrand und am Trottoir schlafen. Reich und Arm leben dicht beisammen.
An den umstrittenen Bau der Grenzmauer zu Mexiko glaubt in Texas übrigens keiner mehr. Sie ist mit rund 21 Milliarden US-Dollar unfinanzierbar. Die Kosten hätten zu einem «Shutdown» der Regierung geführt, sie wäre zahlungsunfähig geworden.
Die Mauer sollte sich zuletzt auf 1900 km erstrecken, an der bisher keine befestigten Hindernisse stehen, sie sollte 9,10 Meter hoch sein und bis zu einer Tiefe von 1,80 Meter reichen, um Tunnelbauten zu verhindern.
Aber wenn ich mir anschaue, wie holprig der Belag in Texas nach vier Jahren geworden ist, weil beim Unterbau geschlampt wurde, dann werden es die USA auch nicht schaffen, ein unüberwindbares Bollwerk an der Grenze zu Mexiko zu errichten.
Selbst die Zufahrtsstraßen zum Paddock und zu den COTA-Parkplätzen sind so holprig, dass man unbedingt den Federweg eines SUV braucht, selbst im Schritttempo.
Meine Vermutung: Der Asphaltbelag wurde mehr oder weniger einfach auf der grünen Wiese ausgebreitet.
«Ja, sie waren ein Eile», räumte ein Shuttle-Bus-Fahrer im Fahrerlager ein.