Rossi über Sachsenring: «Kurve 11 ist zu gefährlich»
Valentino Rossi (38) wurde auch beim ersten MotoGP-Test der Saison in Sepang am Montag auf die umstrittene Kurve 11 auf dem Sachsenring angesprochen.
«Wir haben in der Safety Commission in der Vergangenheit sehr oft über diese Kurve 11 gesprochen», hielt der neunfache Weltmeister fest. «Aber bisher haben wir die richtige Lösung nicht gefunden.»
FIM-Safety Officer Franco Uncini will die Kurve außen um 20 oder 30 Zentimeter, vielleicht sogar um 1 Meter erhöhen, damit die Vorderräder nicht mehr so leicht wegrutschen. Rossi: «Hm. Ich weiß nicht, wie man diese Kurve entschärfen soll. Wenn du einen Umbau machen willst, musst du einen ordentlichen Aufwand treiben. Ich habe das Gefühl, es wird sich dort auch 2018 nichts ändern. Wir werden uns wohl in diesem Jahr wieder mit einem unveränderten Turn 11 abfinden müssen.»
Wolfgang Streubel, bis Grand Prix 2017 Geschäftsführer der Sachsenring Rennstrecken Management GmbH (SRM), wollte den ehemaligen Ex-500-ccm-Weltmeister Franco Uncini, Safety Officer im GP-Sport, bereits im vergangenen Sommer überzeugen, dass ein Umbau des Turn 11 nicht zwingend nötig wäre.
Streubel rechnete vor, dass es beim Grand Prix im Vorjahr in Turn 11 nur zu fünf Stürzen gekommen sei. «Drei am Freitag, zwei am Samstagvormittag, keiner im Qualifying, im Warm-up und oder im Rennen. Seit 2008 gab es in der Kurve 11 nur einen Sturz im Warm-up, keinen Sturz im Rennen.»
Doch Uncini möchte hartnäckig bleiben. Er hat die Unterstützung und den Rückhalt vieler Fahrer, die endlich eine Aktivität sehen wollen.
Im Vorjahr purzelten in der Kurve 11 zum Beispiel Zarco, Bautista und Redding. Bei Bautista wären beinahe die Streckenposten vom Motorrad des Spaniers getroffen worden.
Trotzdem sträubt sich die SRM weiter gegen den geforderten Umbau. «Wir haben signalisiert, dass dazu erstens inzwischen die Zeit zu knapp ist. Zweitens stehen keine finanziellen Mittel für eine derartige Maßnahme bereit», erklärt die neue SRM-Geschäftsführerin Nadin Pohlers (27). Sie war jahrelang die SRM-Prokuristin an der Seite von Streubel.
Safety-Officer Franco Uncini (62) hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er auf einen Umbau beharrt. Der Italiener hat eine klare Vorstellung über die Zukunft der ominösen Kurve 11. «Turn 11 muss entschärft werden», betont er. «Ich denke, wir können dieses Problem lösen. Eine Schikane kommt für mich nicht in Frage. Wir wollen die Kurve 11 nicht zerstören. Unser Vorschlag ist, dass wir die Kurve dort außen erhöhen. Momentan können wir nur abschätzen, um wie viel höher wir den Asphaltbelag dort machen müssen, um mehr Sicherheit für die Fahrer zu erzielen. Vielleicht um 20, 30 Zentimeter, vielleicht sogar um einen Meter. Das müssen wir von Spezialisten berechnen lassen.»
Uncini kennt als Ex-Rennfahrer die Problematik der Kurve 11. Vor dieser Rechtskurve sind die Fahrer 31 Sekunden lang auf der linken Reifenkante unterwegs, trotz der asymmetrischen Reifen passieren dort besonders in der MotoGP-Klasse immer noch zahleiche Stürze.
Uncini brachte im Gespräch mit SPEEDWEEK.com auf seinem iPad die Streckenskizze vom Sachsenring zum Vorschein. Er legte seinen Kugelschreiber quer über das Omega, das nur aus Linkskurven besteht. «Wir haben ausgerechnet, dass die Fahrer 420 Grad links im Kreis fahren, also mehr als einen kompletten Kreis», rechnet Uncini vor. «Dann sind sie immer noch ein schönes Stück von Kurve 11 entfernt. Also sind die Reifen auf der linken Seite vor der Kurve 11 richtig kalt. Vielleicht müssen die Reifenmischungen rechts noch weicher gemacht werden. Aber die vielen Linkskurven vor der Kurve 11, daran lässt sich nichts ändern...»
Der 20-fache GP-Sieger Ralf Waldmann ist gegen einen Umbau. «Es gibt nun einmal Kurven, in denen man stürzt. Im Turn 11 gibt es ausreichende Sturzzonen. Wenn man eine Rennstrecke haben möchte, auf der keiner stürzt, ist das am Ende eine Gerade. Ich kenne viele ehemalige sowie natürlich alle aktuellen Grand-Prix-Strecken, da gibt es einige Stellen, die gefährlicher sind», meint der Eurosport-TV-Experte.
LCR-Honda-Pilot Cal Crutchlow gehört zu den großen Kritikern der Kurve 11. «Muss sich zuerst jemand schwer verletzen, bevor die Kurve 11 auf dem Sachsenring umgebaut wird?», fragte er im vergangenen Juli.
Valentino Rossi lässt die Einwände der Turn-11-Befürworter nicht gelten, die der Meinung sind, die Fahrer könnten ja das Gas zudrehen. «Für mich ist das die furchterregendste Kurve der Saison», versichert der Yamaha-Star. «Jedes Mal, wenn du dort eintriffst, denkst du dir – verdammt!»