Tom Lüthi: Droht die Rückkehr in die Moto2?
Tom Lüthi hat in der MotoGP-WM mit der letztjährigen Honda RC213V keinen leichten Stand. «Tom ist in Jerez im Rennen gestürzt, am Montag dort beim Test, jetzt hier in Le Mans am Freitag, am Samstag und am Sonntag im Warm-up, also an fünf aufeinanderfolgenden Tagen», seufzte Lüthi-Manager Daniel M. Epp nach dem Frankreich-GP. «Unsere Resultate sind momentan nicht so, wie wir sie erwartet haben.»
Dem vierfachen Le-Mans-GP-Sieger Tom Lüthi (er gewann an der Sarthe zweimal mit der 125er- und zweimal mit der Moto2-Maschine) geht auch die Situation bei Marc VDS nahe, so eine Dramatik lässt sich nicht ausblenden.
Am heutigen Dienstag und morgigen Mittwoch wollte das Marc VDS-MotoGP-Team wie die meisten anderen MotoGP-Teams auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya testen, wo am 17. Juni der übernächste WM-Lauf stattfindet. «Das wäre ein wichtiger Test für Tom gewesen», ist Epp überzeugt. Aber der Test wurde am Sonntag abgeblasen, weil der entlassene Teammanager Bartholemy den Leasing-Vertrag für die Motorräder mit HRC über seine Firma abgeschlossen hat und sie für den Test nicht freigab.
Der 32-jährige Tom Lüthi, Moto2-Vizeweltmeister 2016 und 2017, findet bisher mit der 2017-Honda kein ausreichendes Gefühl für das Vorderrad, das gerne ohne Vorwarnung einklappt. Marc Márquez klagte über dieses Problem in der Saison 2017 ebenfalls regelmäßig – 27 Saisonstürze waren das Ergebnis.
Und jetzt plagen Tom Lüthi und seinen Manager Dani Epp ganz andere Sorgen. Wie geht es bei Marc VDS weiter? Können die nächsten Rennen bestritten werden? Und wo kann Tom Lüthi 2019 fahren?
Tatsache ist: Wenn Moto2-Pilot Alex Márquez 2019 nach vier Moto2-Jahren endlich in die MotoGP-WM aufsteigen will, und diese Entscheidung muss er bei Marc VDS bis Ende Juni 2018 deponieren, wird für Tom Lüthi kein Platz mehr sein. Denn Franco Morbidelli (viermal gepunktet in fünf Rennen) hat einen MotoGP-Vertrag bis Ende 2020. Und Lüthis Vertrag wurde nur für ein Jahr abgeschlossen.
Dani Epp macht sich keine Illusionen. «Außer bei den Ducati-Teams von Avintia und Nieto sind keine Plätze frei», weiß er. «Das Transferkarussell bei den Privatteams hat schon in Jerez begonnen. Jetzt kläre ich die Möglichkeiten ab, wie immer. Es gibt noch den zweiten Platz neben Oliveira im neuen Tech3-KTM-Team. Aber um diesen Platz werden sich sehr viele Piloten balgen, auch erfahrene. Ich denke nicht, dass wir diesen Platz kriegen. Ich versuche meinen Job zu tun, ich spreche mit den Teams und den Sponsoren. Ich schaue, was für die nächste Saison möglich ist, auch bei dem bestehenden Team. Eine unserer Lieblingsmöglichkeiten ist, im Marc VDS-Team weiterzufahren, wie grundsätzlich mal beabsichtigt war. Das ist immer noch das Hauptziel von Tom und mir.»
Epp: «Ja, wenn Márquez aufsteigt, dann sieht es für Tom bei Marc VDS schlecht aus, genau. Dann wird es schwierig. Aber bisher fehlen dazu die Informationen. Ich schaue inzwischen, wo es Plätze gibt und zu welchen Bedingungen. Ich fasse beide Möglichkeiten ins Auge, MotoGP und Moto2. Die Superbike-WM ist kein Thema, Tom hat für die SBK noch nicht das richtige Alter. Er hat noch den Anspruch, richtig was zu reißen. Er hat die MotoGP nicht abgeschrieben, auch wenn man nach dieser Saison aus taktischen Gründen in die Moto2 runtergehen müsste.»
Als Moto2-Vizeweltmeister von 2016 und 2017 stehen Tom Lüthi in der Moto2 einige Türen offen. Zum Beispiel bei Marc VDS, bei Pons, Italtrans und so weiter.
Ist eine Rückkehr zum CGBM-KTM-Team von Fred Corminboeuf vorstellbar, obwohl dort noch Teile von Lüthis Gage in der Höhe von ca. 300.000 Franken offen sind? «Ich würde überhaupt nichts ausschließen», sagt Epp. «Schulden können ja beglichen werden. Aber es gibt einige starke Moto2-Teams… Das ist jetzt mein Job in den nächsten Monaten.»
Könnte Tom Lüthi zum Beispiel ins Tech3-KTM-Team von Hervé Poncharal wechseln? Er war ja 2016 noch MotoGP-Testfahrer bei KTM und genießt bei den Österreichern einen guten Ruf.
Epp: «Poncharal hat in der Moto2 ein anderes Konzept. Er will sehr, sehr junge Fahrer nehmen. Er macht das in der MotoGP auch schon so. Ich denke nicht, dass Tom in sein Konzept passt. Aber ich wiederhole: Unsere Wunschlösung ist, dass wir im Marc VDS-Team bleiben können, bleiben dürfen und weiterarbeiten dürfen. Für dieses Ziel tun wir alles. Und ich habe dieses Ziel noch nicht aufgegeben.»