Ducati-Flügel: Nur ein Sturm im Wasserglas?
Der umstrittene Hinterradflügel von Ducati hat das Desmosedici-GP19-Geschwader mit Dovizioso, Petrucci und Miller auf dem Autódromo Termas de Río Hondo nicht vor der Niederlage gegen Marc Márquez (Honda) und Valentino Rossi (Yamaha) gerettet. Honda hatte in Argentinien bereits so ein «device» in der Box von Repsol-Honda liegen, es aber wohlweislich nicht montiert, da es offenbar wohl kaum über Sieg und Niederlage entscheidet.
Dieser Löffel, wie er auch genannt wird, soll laut Ducati-Chefkonstrukteur Gigi Dall’Igna nur einen Abtrieb von 3 bis 4 Newton-Gramm erzeugen. Er darf laut der neuen «aerodynamic guidelines» vom 2. März nicht mit der Absicht angebaut werden, dass er eine aerodynamische Wirkung entfaltet. Dall’Igna erzählte also treuherzig, er diene in erster Linie zur Kühlung des Hinterreifens, er sprach von 7 Grad im Schnitt.
Die HRC-Manager Alberto Puig und Takeo Yokoyama wollten am Donnerstag letzter Woche so ein «device» bei MotoGP Technical Director Danny Aldridge homologieren lassen. Auf die Frage, welchem Zweck der Flügel diene, erklärten sie: «Downforce.» Also wurden sie heimgeschickt.
Innerhalb von 24 Stunden besannen sich Puig und Yokoyama. Ihnen fiel ein, dass das «device» in Japan in Wirklichkeit zur Kühlung des Hinterreifens entwickelt worden sei. Also wurde es in diesem Kindergarten, der sich MotoGP nennt, genehmigt.
Ein Honda-Techniker ätzte sogar: «Eigentlich haben wir das Teil gebaut, damit es die Schwinge zusammenhält.»
Marc Márquez und Honda haben jedenfalls die Genugtuung, ohne diesen umstrittenen Hinterradflügel die WM-Führung übernommen und in Las Termas mit fast zehn Sekunden Vorsprung gewonnen zu haben. «Ich kann mir nicht vorststellen, dass dieser Flügel eine Zehntelsekunde bringt», meinte der Weltmeister.
Man darf trotzdem davon ausgehen, dass irgendein HRC-Pilot diesen Flügel in Texas einmal testen wird. Aprilia und Suzuki wollen auch so ein «device» nach Austin bringen.
«Wir müssen diesen Aero-Wahnsinn stoppen», stellte KTM-Teammanager Mike Leitner fest. Aber auch in Österreich wurde geforscht und eine spürbare Downforce nachgewiesen.
«Wir haben 2018 zehn Tage im Windkanal verbracht. Das Berufungsverfahren nach dem Protest in Katar hat uns so viel gekostet wie fünf Tage im Windkanal», wetterte Gigi Dall‘Igna. «Und dazu mussten wir noch unser Know-how vor den Augen der Gegner auf den Tisch legen. Das war unfair.»
Yamaha verwendete so einen Flügel beim Valencia-GP im Regen, er wurde als Wasserabweiser («water deflector») bezeichnet, aber weder von Honda, noch von Suzuki, KTM oder Aprilia beanstandet.
Nach dem Ergebnis von Las Termas könnte man die ganze Flügel-Diskussion bald als Sturm im Wasserglas bezeichnen.
Aber Dall’Igna ist mit seinem Latein noch nicht am Ende. Er hat den «holeshot device» für die GP19 zur Serienreife entwickelt und tüftelt an weiteren Neuigkeiten. «Ich möchte in diesem Jahr noch viele technische Neuerungen auf die Strecke bringen. Das ist meine Aufgabe. Dafür werde ich bezahlt.»