Viele neue Vorschriften: Das Virus fordert Tribut
Die MotoGP-Elite bekam Privilegien: Mest musste die Stars keine Masken tragen
Bei den ersten zwei Grand Prix in Jerez hat sich das 60 Seten dicke «closed doors protocol» der Dorna makellos bewährt. Weil alle Teams, Werke, Fahrer und Teammitglieder heilfroh waren, dass nach fünf Monaten Corona-Stillstand die MotoGP-WM 2020 endlich beginnen und die Klassen Moto3 und Moto2 endlich wieder den Rennbetrieb aufnehmen und um die Wette fahren konnten, wurden alle strengen Gesundheits-Maßnahmen ohne lautes Murren befolgt.
Aber manchmal stellten sich die Beteiligtej die Frage, ob die Sicherheitsvorkehrungen übertrieben waren. denn die Techniker in den Boxen mussten Gesichtsmasken plus das klare Schutzschild tragen, die TV-Reporter in der Boxengasse und auf dem Grid ebenfalls. Bei 40 Grad. Auch das Tragen von Geschtsmasken der von Fahrern wie Domi Aegerter (MotoE) auf dem Siegerpodest, obwohl dort die Abstandsregeln eingehalten werden konnen, wirkte gespenstisch. Immerhin hatten die MotoGP-Teams durchgesetzt, dass ihren Piloten am Grid, in der Box und auf dem Siegerpodest nicht der Atem geraubt wurde.
Aber Corona hat die GP-Welt auf den Kopf gestellt. Bei verschiedenen Telefonkonferenzen während des Shutdowns haben sich die Mitglieder des Hersteller-Bündnisses MSMA geeinigt, erstens alle 2020-Moto-Bikes auch gleich für 2021 zu homologieren, zweitens den «concession teams» für diese Saison je nach Anzahl der Rennen pro Fahrer zwei Motoren mehr als den Siegerteams (Honda, Yamaha, Suzuki, Ducati) zuzubilligen. Wenn der Kalender bei 13 MotoGP-Rennen bleibt, werden also bei den Seherteams (Honda, Yamaha, Suzuki und Ducati) fünf beziehungsweise sieben Motoren pro Stammfahrer verheizt werden können. Die «concessions teams» Aprilia und KTM dürfen pro Fahrer sieben Motoren verbrauchen. Bei jedem zusätzlichen Motor muss der Fahrer einmal aus den Boxengasse wegfahren.
Drittens durften die Neueinsteiger Aprilia und KTM (kein Podestplatz in der Saison 2019) mangels Konzessionspunkten (drei für den Sieg, zwei für Platz 2 und 1 für Platz 3) ihre Motoren bis 29. Juni weiterentwickeln. Die Aero Bodys wurden jedoch auch von den «concession teams» bereits im März homologiert. Die vier «Non-concession»-Hersteller (also die siegreichen Werke von 2019 plus alle ihre Kundenteams) mussten die Motorenentwicklung für 2020 bereits zum Zeitpunkt des Katar-GP (8. März) einfrieren. Und viertens wurden alle Wildcard-Einsätze für 2020 gestrichen, aus Kostengründen und weil sich möglichst wenige Personen im Paddock aufhalten sollen. Fünftens wurde vereinbart, dass die «non concession»-Teams 2020 keine privaten Testfahrten durchführen, auch das dient der Kostenreduktion. Dafür wurde am 15. Juli In Jerez noch ein Testtag für alle drei GP-Klassen sowie für den MotoE-Weltcup veranstaltet.
«Mir wäre lieber gewesen, wenn alle Hersteller die Entwicklung im März einstellen hätten müssen», meinte KTM-Race-Manager Mike Leitner. «Da die Rennabteilung ab Mitte März sowieso einige Wochen zugesperrt war und dann wegen der Abstandsregeln nicht im Vollbetrieb gearbeitet werden konnte, gab es nicht viel Zeit für neue Entwicklungen.»
Noch eine Entscheidung wird für eine deutliche Kostenersparnis mit sich bringen: In allen drei GP-Klassen bleiben die GP-Maschinen von 2020 auch für 2021 in der identischen technischen Spezifikation homologiert. Es müssen also für 2021 nicht unbedingt neue Maschinen gebaut oder gekauft werden. «Es ist sicher zumutbar, dass die Motorräder eineinhalb Jahre lang eingesetzt werden», meint Husqvarna-Moto3-Teamteilhaber Peter Öttl.
In der MotoGP dürfen freilich die Neueinsteiger KTM und Aprilia nach dem Saisonstart 2021 wieder Technik-Upgrades bringen. «Aber das macht erst Sinn, wenn dann die erste Motoren-Generation das Ende ihrer Laufzeit erreicht hat», sagt KTM-Race Manager Leitner.
Dazu haben sich die Teams und Werke geeinigt, in der Moto3 und Moto2-Klasse nur insgesamt zwölf Teammitglieder zu den Grands Prix mitzunehmen. In der MotoGP-WM dürfen die fünf Werksteams je 45 Personen ins Fahrerlager einschleusen, die Privatteams je 25.
Das ergibt ca. 740 Personen, die grossteils vor der Abreise und dann bei der Ankunft an der Strecke einem SARS-CoV2-Test über sich ergehen lassen müssen. Das gilt auch für alle Funktionäre und jene unerlässlichen Personen, die das Kontingent von insgesamt 1600 Paddock-Besuchern komplettieren. Außerdem wird an jedem Morgen beim Eingang zum Paddock das Fieber gemessen. Jede positiv getestete Person wird sofort isoliert und so rasch wie möglich ersetzt.
Dazu wurde die Errichtung der Teamhospitalitys verboten. Die Teams müssen sich wie sonst nur bei den Übersee-Events mit kleinen Catering-Services begnügen. Da keine Teamgäste erlaubt sind, werden dadurch Kosten gespart und dazu kann die Zahl der Fahrerlagerbesucher gering gehalten werden. Ausserdem wird der Umzug von Strecke zu Strecke erleichtert und Platz im Paddock für die Rahmenrennen (MotoE, Red bull Rookies Cup) gespart.
Denn in Jerez kam zum Programm noch der MotoE-Weltcup dazu. In Spielberg beginnt dann der Red Bull-Rookies-Cup mit zweimal zwei Rennen.
Um die Infektionsgefahr möglichst gering zu halten, werden die Grands Prix bis auf weiteres ohne Zuschauer ausgetragen. Es finden also erstmals Geisterrenen statt, aber in Katar (meist nur ca. 1500 Zuschauer) haben die Teams seit Jahren bereits einen Vorgeschmack darauf bekommen. Auch Teamgäste bleiben ausgesperrt, das wurde schon beim Katar-GP am 8. März (er wurde nur in den Klassen Moto3 und Moto2 ausgetragen) so praktiziert.
Wegen des «closed doors protocols» bleiben vorläufig auch die schreibenden Journalisten (Print und Online) ausgesperrt. Immerhin werden zehn Fotografen erlaubt und eine reduzierte Anzahl der TV-Crews der namhaften Fernsehstationen.
Wann diese Maßnahmen gelockert werden können, hängt von den lokalen Gesundheitsbehörden in den Veranstalterländern ab. Misano-Circuit-Betreiber Andrea Albani will im September bereits Tickets verkaufen. Ob das gestattet sein wird, lässt sich voirläufig nicht abschätzen.
Anzahl der erlaubten Teammitglieder im Paddock
45 pro MotoGP-Werksteam
25 pro MotoGP-Kundenteam
12 pro Moto2-Team
12 pro Moto3-Team
Dazu hat die Grand Prix Commission (Ezpeleta/Dorna), Duparc/FIM), Ponchara/IRTA und Tsubouchi/MSMA bei Telefonkonferenzen am 22. und 27. Mai beschlossen, dass wegen der Coronavirus-Pandemie und der geringeren Anzahl von Rennen in diesem Jahr pro Fahrer weniger Motoren verwendet werden dürfen.
Die Non-Concession-Hersteller – also die Sieger-Teams – Honda, Yamaha, Suzuki, und Ducati dürfen bei bis zu elf GP-Events vier Motoren verwenden und bei bis zu 14 Events maximal fünf Kraftquellen. Bisher wären ihnen bei 20 Grand Prix jeweils sieben Triebwerke zugestanden. Die Neueinsteiger KTM und Aprilia dürfen statt der ursprünglich erlaubten neun Motoren jetzt 6 (bei maximal elf GP) und sieben (bei maximal 14 GP) verwenden.
In der Moto3-WM waren eigentlich sechs Motoren pro Fahrer gestattet. Wenn in der Saison weniger als zwölf WM-Rennen (inklusive Katar am 8. März) stattfinden, dann werden die Saisonen 2020 und 2021 als einzelne Saison betrachtet und insgesamt neun Motoren erlaubt.
Wenn im Jahr 2020 mehr als zwölf Rennen über die Bühne gehen, tritt eine andere Regel in Kraft. Dann werden beide Jahre separat berücksichtigt. Bei zwölf bis 14 Rennen in der Saison 2020 dürfen vier der zwölf 250-ccm-Viertakt-Einzylinder-Motoren verheizt werden, bei 12 bis 18 Rennen sogar fünf.
Damit die privaten Teams während des Shutdowns trotz der ausbleibenden Einnahmen wegen der abgesagten und verschobenen Grand Prix nicht zahlungsunfähig werden und zumindest die laufenden Kosten begleichen können, hat die Dorna Sports S.L. als Inhaber der kommerziellen TV-Rechte und WM-Veranstalter einen «Rescue Fund» gegründet. Dank dieses finanziellen Rettungsschirms fliessen seit April monatlich 250.000 Euro an die MotoGP-Kundenteams (LCR, Pramac, Tech3, Avintia, Gresini, Petronas SRT) bis zum Re-Start, also für drei Monate. Je 25.000 Euro monatlich erhalten die Moto3-Teams, je 50.000 die Moto2-Rennställe.
«Denn wir mussten sicherstellen, dass die Teams auch nach der Coronakrise noch existieren», stellte Hervé Poncharal fest, seit 2006 Präsident der Teamvereinigung IRTA.
Dorna-Großaktionär Bridgepoint kann als Investment Fund langfristig planen: Der Vertrag der Dorna mit der FIM dauert bis inklusive 2041.