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Fausto Gresini: GP-Team steht vor ungewisser Zukunft

Von Günther Wiesinger
Fausto Gresini hinterlässt ein Racing Team in vier Klassen, ein Unternehmen mit ca. 60 Beschäftigten. Die Situation in der MotoGP ist mühsam. Es fehlt ein Sponsor und ein Motorradlieferant für 2022.

In den letzten zehn Monaten wurden im Motorrad-GP-Fahrerlager immer wieder positive Coronafälle gemeldet. Der prominenteste Patient war Valentino Rossi, auch bei Michelin, Yamaha und bei der Dorna wurden Infektionen bekannt. Aber es wurde nie über schwere Symptome bei Teammitgliedern oder Rennfahrern berichtet.

Deshalb herrschte auch bei Fausto Gresini anfangs keine ernsthafte Sorge, mit seinen 60 Jahren gehörte der zweifache 125-ccm-Weltmeister noch nicht zur Risikogruppe, auch wenn er mit den Jahren etwas rundlich geworden war und das «Dolce Vita» sichtlich genoss, wenn es seine stressige berufliche Tätigkeit mit Teams in vier Rennserien mit mehr als 60 Beschäftigten erlaubte.

Doch die Nachrichten aus dem Spital in Bologna wurden immer besorgniserregender. Gresini erlitt mehrere Rückfälle und blieb wochenlang im künstlichen Koma, doch die lebenswichtigen Organe erholten sich nicht.

Fausto Gresini begann seine GP-Karriere 1983 im Alter von 22 Jahren, nach der Saison 1994 hörte er als Rennfahrer auf. 1997 kehrte er als Teambesitzer mit einer 500-ccm-V2-Honda für Alex Barros in das GP-Fahrerlager zurück, aus dem er bis heute nicht wegzudenken ist.

Gresini machte sich als erfolgreicher «talent scout» einen Namen, er erkannte einen begabten Rennfahrer von weitem. Er stellte zwar hohe Ansprüche, aber er bot auch ein familiäres Umfeld und begleitete seine Schützlinge mit viel Leidenschaft, Umsicht, Nachsicht und Professionalität. Und er hatte ein ausgezeichnetes Gespür für das beste Material und erstklassige Techniker.

Gresini Racing gewann die 250er-WM 2001 mit Daijiro Kato, die Moto2-WM 2010 mit Toni Elias und die Moto3-WM 2018 mit Jorge Martin. Dazu schafften seine Fahrer Sete Gibernau und Marco Melandri in der MotoGP-WM von 2003 bis 2005 dreimal hintereinander den zweiten WM-Rang – jeweils hinter dem damals unschlagbaren Valentino Rossi. Auch im neuen MotoE-Weltcup mischte Gresini Racing vorne mit: Matteo Ferrari gewann den Titel 2019, im Vorjahr landeter er hinter Jordi Torres auf Platz 2.

Fausto musste aber auch Tiefschläge hinnehmen, die ihm ans Herz gingen. 2004 starb sein Champion Kato nach einem verheerenden Sturz in Suzuka, 2011 kam der aufstrebende Marco Simoncelli in Sepang auf einer Honda RC213V ums Leben.

Gemeinsam mit seinem spitzfindigen Kaufmännischen Direktor Carlo Merlini fand Gresini immer wieder auf der ganzen Welt zahlungskräftige Sponsoren, zum Beispiel den «Crimea Circuit» auf der Halbinsel Krim oder Federal Oil. Viele Jahre lang sicherte er sich auch das heiß umkämpfte Sponsorgeld von Telefónica MoviStar für die Klassen 250 ccm und MotoGP.

Doch die Kosten in der MotoGP-WM stiegen immer höher, deshalb verbündete sich Gresini zum Beispiel für 2011 näher mit HRC, auch weil dort Simoncelli hoch im Kurs stand. Nach dessen Tod ließen die Japaner Gresini nicht im Stich, sie vermittelten ihm Álvaro Bautista als neuen Nr.-1-Fahrer und lieferten das konzerneigene Showa- und Nissin-Material kostenlos, allein für die Verwendung der Suspension-Marke Showa gab es 250.000 Euro obendrauf.

Die Tabakfirmen waren wegen des Werbeverbots längst aus der WM ausgestiegen, vielfach übernahmen neue Energy Drink-Hersteller die Finanzierung der Top-Teams.

Gresini ließ sich mit der dubiosen Natural-Drink-Firma Go&Fun ein, die jedoch für die Saison 2015 überraschend den Rückzug erklärte.

Also verbündete sich Gresini notgedrungen mit Aprilia Racing, dieses Joint Venture geht 2021 ins siebte und letzte Jahr. Die Verbindung mit Honda in der «premier class» ging deshalb nach 18 erfolgreichen Jahren zu Ende. Doch Gresini hielt die «connection» über die Moto3-Klasse aufrecht, in der Jorge Martin 2018 in seinem Rennstall überragender Weltmeister wurde.

Gresini MotoGP: Bisher kein Partner für 2022

Aprilia Racing bekommt für die nächsten fünf Jahre von der Dorna zwei eigene MotoGP-Fahrerplätze. Gresini muss das Budget also erstmals seit 2014 wieder selbst finanzieren, es geht um ca. 6 bis 10 Millionen. Er hat bei der Dorna im Dezember für sein Kundenteam einen neuen Fünf-Jahres-Vertrag für die MotoGP-WM bis Ende 2026 unterschrieben.

Bereits im November 2020 hat Fausto Gresini klar gemacht, dass er nach 2021 kein Kundenteam für Aprilia bilden wird, weil die Motorräder nicht konkurrenzfähig genug sind. Sein Plan: Er wollte das erste Kundenteam von Suzuki in der MotoGP-WM betreiben.

Aber der Wettbewerb um die siegreichen GSX-RR ist hart, denn auch Rossis Sky VR46-Mannschaft, Petronas SRT und sogar Pramac-Chef Paolo Campinoti wollen sich die Vorstellungen von Suzuki anhören. Nur die Deals von Tech3 mit KTM und LCR mit Honda sind bisher fixiert.

Ob das MotoGP-Team von Gresini in der Coronakrise für 2022 finanziert werden kann, lässt sich momentan nicht beantworten. Wenn es mit Suzuki nicht klappt, könnten gebrauchte MotoGP-Bikes von Ducati oder KTM beschafft werden.

Im schlimmsten Fall muss Gresini Racing die beiden kostbaren Teamplätze an einen neuen finanzstarken Interessenten aus der Moto2 oder Superbike-WM übergeben, so wie Jorge Martinez seine beiden Plätze nach der Saison 2018 an Petronas-SRT abgetreten hat.

Bisher ist nur bekannt, dass Leopard Racing nach drei Titelgewinnen in der Moto3 mit Danny Kent 2015, Joan Mir 2017 und Dalla Porta 2019 MotoGP-Pläne hegt. Leopard war schon an den Plätzen von Forward 2015 und im Vorjahr an der Übernahme von Esponsorama Avintia interessiert.

Die Dorna könnte die beiden Plätzen aber auch wieder einkassieren wie bei Marc VDS nach 2018 und weiter mit 22 Piloten und elf Teams antreten.

Denn eines Tages könnte ein neues Werk vorstellig werden – zum Beispiel BMW, Kawasaki, Triumph oder MV Agusta.

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