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Valentino Rossi hört auf: Der Rücktritt ist besiegelt

Von Günther Wiesinger
Valentino Rossi mit Kumpel Uccio

Valentino Rossi mit Kumpel Uccio

Im August 1996 hat Valentino Rossi in Brünn mit der Aprilia 125 seinen ersten GP-Sieg gefeiert. 25 Jahre später wird er heute in Spielberg seinen Rücktritt bekanntgeben.

Heute um 16.15 Uhr wird Valentino Rossi seine Zukunftspläne bekanntgeben. Drei verschiedene Szenarien hat er in den letzten Wochen und Monaten immer wieder in Aussicht gestellt, wobei der Verbleib bei Petronas Yamaha für 2022 eigentlich seit längerer Zeit kein ernsthaftes Thema mehr war. Und Petronas-Teamprinzipal Razlan Razali hat kürzlich klargestellt, dass sein Team das Junior-Team für Yamaha Motor Racing bildet, weshalb Mittdreißiger wie Andrea Dovizioso und Johnny Rea nicht in Frage kommen.

Am vergangenen Wochenende machte Rossi wieder Schlagzeilen, weil sich die italienischen Journalisten daran erinnerten, dass der 42-jährige Haudegen ganz klar als Wunschfahrer für sein eigenes Sky VR46 Ducati-MotoGP-Team genannt worden war. Denn das saudische Unternehmen TANAL Entertainment Sport & Media, die Holding im Besitz seiner Königlichen Hoheit Prinz Abdulaziz bin Abdullah bin Saud bin Adulaziz Al Saud, finanziert schon in diesem Jahr den MotoGP-Einsatz von Valentinos Bruder Luca Marini auf der Avintia-Ducati. Der Prinz will mit dem Projekt «Saudi Vision 2030» saudi-arabische Firmen für MotoGP begeistern, auch die Mineralölgesellschaft Aramco stand als Sponsor zur Debatte. Und Valentino Rossi sollte zumindest ein Jahr lang als Nummer-1-Pilot antreten.

Als TANAL Entertainment Sport & Media eine Pressekonferenz in der Privatresidenz seiner Königlichen Hoheit ankündigte, waren die italienischen Medien am Wochenende überzeugt, Rossi werde sich zu einem weiteren MotoGP-Jahr als Rennfahrer hinreißen lassen und 2022 erstmals seit 2011 und 2012 eine Ducati Desmosedici steuern.

Aber wer sich heute im Paddock des Red Bull Rings bei langjährigen Weggefährten und Freunden von Rossi bei Yamaha, Petronas und Sky VR46 umhörte, bekam eine eindeutige Antwort: Der 115-fache GP-Sieger wird heute seinen Rücktritt als Motorradrennfahrer kundtun.

Rossi hat schon 2010 als WM-Fünfzehnter ein tristes Jahr erlebt, 2021 ging es weiter bergab. Nur ein Top-Ten-Platz in zehn Rennen.

Der neunfache Weltmeister wird sich künftig um seine VR46 Riders Academy kümmern, um sein Moto2-Team und seinen neuen MotoGP-Ducati-Rennstall.

Aus vielerlei Gründen gelang es dem Superstar zuletzt nicht mehr, der neuen Generation mit Marc Márquez, Quartararo, Miller, Mir, Oliveira, Bagnaia und so weiter das Wasser zu reichen.

Der 42-jährige Italiener steckte das ganze Frühjahr im Dilemma. Zuerst musste er den Fünf-Jahres-Deal für das MotoGP-Team mit der Dorna fixieren, dann musste er einen Vertrag mit einem renommierten Hersteller auswählen. Yamaha, Suzuki, Ducati und Aprilia standen zur Diskussion. «The Doctor» einigte sich für drei Jahre mit Ducati.

Gleichzeitig sollte der erfolgreiche Unternehmer, Talent Scout und Weltmeister-Macher gegen die unbeschwerten Draufgänger wie Quartararo um Spitzenplätze fighten und sich überlegen, ob er 2022 weiterfährt.

In der Sommerpause ging das Grübeln im Juli weiter.

Würde es Vale 2022 eventuell gelingen, bei Ducati seinen angekratzten Ruf im eigenen Team noch einmal aufzupolieren?

Oder würde die Abwärtsspirale (2020 WM-15., jetzt WM-19.) weitergehen?

Außerdem ist Rossi nach 16 MotoGP-Jahren bei Yamaha ein Botschafter des zweitgrößten Werks der Welt. Er kann dort als Legende bis ans Lebensende Geld verdienen, bei Promotions-Auftritten und so weiter.

Rossi: 235 GP-Podestplätze

Vermutlich tut sich Valentino einen Gefallen, wenn er seine GP-Karriere jetzt nach 26 Jahren beendet. Er hat schon unfassbare 433 Grands Prix bestritten und die einzigartige Anzahl von 235 Podestplätzen eingesammelt.

Mit dem Wissen von heute hätte er sich diese letzte Saison im Petronas-Kundenteam sparen können und nach der Entlassung aus dem Yamaha-Werksteam aufhören sollen.

Aber Rossi hoffte natürlich immer, den Spieß noch einmal umdrehen zu können.

Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn Yamaha den Vertrag mit dem enttäuschenden Viñales nicht schon im Januar 2020 für 2021 und 2022 verlängert hätte.

Schon bei Lorenzos Rücktritts-Pressekonferenz 2019 in Valencia war der Teufel los. Rossis Rücktritt wird heute einen weltweiten Pressewirbel auslösen – trotz Olympia in Tokio.

Es wird ein sehr emotionale Abschiedsankündigung, sicher unter Tränen. Ich habe das in der Vergangenheit schon bei Motorrad-Stars wie Giacomo Agostini, Schwantz und anderen Sportkanonen erlebt, auch Ski-Star Marcel Hirscher war bei seinem Rücktritt den Tränen nahe.

Auch bei Marc Márquez war zuletzt auf dem Sachsenring sogar beim erstem Sieg nach dem Oberarmbruch von Jerez 2020 der Gefühlsausbruch nicht zu übersehen.

Aber Valentino Rossi ist ein so leidenschaftlicher Motorradsportler, er wird uns dauerhaft erhalten bleiben, auch wenn er künftig manchmal als Autosportler im Sportwagen, Tourenwagen oder im Rallye-Fahzeug in Erscheinung treten wird.

Vale wird uns als Teambesitzer unterhalten, als Talente-Förderer, als Experte in Sicherheitsfragen, als Dorna-Berater, als populärer und schlagfertiger Interview-Partner – und überhaupt als Ratgeber in allen Lebenslagen.

Valentino, Respekt, Hut ab. Die Entscheidung ist dir nicht leicht gefallen. Du hast mehr als dein halbes Leben im Fahrerlager verbracht.

Die unnachahmliche Ära Rossi geht zu Ende. Ein ganz Großer des Sports zieht sich als Aktiver zurück.

Wir freuen uns auf Valentinos künftige Erfolge – als erfolgreicher Teamchef.

Die Bilanz von Valentino Rossi in der Motorrad-WM:

1996: WM-9. auf Aprilia 125, 111 Punkte, ein GP-Sieg
1997: WM-1. auf Aprilia 125, 321 Punkte, elf Siege
1998: WM-2. auf Aprilia 250, 201 Punkte, fünf Siege
1999: WM-1. auf Aprilia 250, 309 Punkte, neun Siege
2000: WM-2. auf Honda 500, 209 Punkte, zwei Siege
2001: WM-1. auf Honda 500, 325 Punkte, elf Siege
2002: WM-1. auf Honda 990, 355 Punkte, elf Siege
2003: WM-1. auf Honda 990, 357 Punkte, neun Siege
2004: WM-1. auf Yamaha 990, 304 Punkte, neun Siege
2005: WM-1. auf Yamaha 990, 367 Punkte, elf Siege
2006: WM-2. auf Yamaha 990, 247 Punkte, fünf Siege
2007: WM-3. auf Yamaha 800, 241 Punkte, vier Siege
2008: WM-1. auf Yamaha 800, 373 Punkte, neun Siege
2009: WM-1. auf Yamaha 800, 306 Punkte, sechs Siege
2010: WM-3. auf Yamaha 800, 233 Punkte, zwei Siege
2011: WM-7. auf Ducati 800, 139 Punkte, kein Sieg
2012: WM-6. auf Ducati 1000, 163 Punkte, kein Sieg
2013: WM-4. auf Yamaha 1000, 237 Punkte, ein Sieg
2014: WM-2. auf Yamaha 1000, 295 Punkte, zwei Siege
2015: WM-2. auf Yamaha 1000, 325 Punkte, vier Siege
2016: WM-2. auf Yamaha 1000, 249 Punkte, zwei Siege
2017: WM-5. auf Yamaha 1000, 208 Punkte, ein Sieg
2018: WM-3. auf Yamaha 1000, 198 Punkte, kein Sieg
2019: WM-7. auf Yamaha 1000, 174 Punkte, kein Sieg
2020: WM-15. auf Yamaha 1000, 66 Punkte, kein Sieg
2021 zur Halbzeit: WM-19. auf Yamaha 1000, 17 Punkte, kein Sieg

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