Maverick Viñales (Aprilia): «Noch nie so glücklich»
Nach getaner Testarbeit und den ersten TV-Interview als Aprilia-Werksfahrer meldete sich Maverick Viñales am Mittwochabend auch in einer kurzfristig angesetzten Online-Presserunde zu Wort, um über seine ersten Eindrücke von der RS-GP zu sprechen. «Ich kam ohne Erwartungen hierher», begann er. «Ich muss auch zugeben, dass ich ein bisschen nervös war, weil ich nie einen anderen Motor getestet hatte. Ich war es gewohnt, Motorräder mit Vierzylinder-Reihenmotor zu fahren. Ich wusste also nicht, wie das Bike reagieren würde.»
Tatsächlich steuert Viñales nach sechseinhalb Jahren bei Suzuki und Yamaha nun erstmals ein MotoGP-Bike, das von einem V4-Motor angetrieben wird. «Ich war ziemlich überrascht, weil ich mich recht einfach an den Motor anpassen konnte, das war schön. Der Motor lässt sich sehr gut händeln, was für ein langes Rennen wichtig ist.»
In der Mannschaft aus Noale kannte er immerhin schon viele Gesichter: «Ich kenne einen Großteil, weil ich in der 125er-Klasse Aprilia gefahren bin, viele kenne ich also schon seit 2011 – oder sogar schon aus meiner Zeit in der spanischen Meisterschaft.»
Auf das unschöne und plötzliche Ende seiner Zusammenarbeit mit Yamaha angesprochen, gab sich der Jungvater betont gelassen («Ich habe Zeit mit meiner Familie verbracht»). Dass der japanische Hersteller nach der Suspendierung den Vertrag mit sofortiger Wirkung auflöste, kommentiert er kurz angebunden: «Es ist fair. Jeder muss die Chance bekommen, die Dinge in der Vergangenheit lassen zu können.»
Deutlich mehr hatte Maverick zu seiner Motivation zu sagen: «Nach allem, was passiert ist, hatte ich nur im Kopf, dass ich weiterfahren wollte. Ich werde nicht aufgeben, bis ich mein Ziel erreiche. Ich werde weitermachen, ich werde in Aragón von der ersten Runde an pushen, mein Maximum geben. Ich weiß, warum ich diesen Platz hier bei Aprilia habe. Ich muss pushen, mich selbst verbessern und weitermachen.»
Der 26-jährige Spanier klingt nach turbulenten Zeiten wieder euphorisch: «Ich war wahrscheinlich in meinem ganzen Leben noch nicht so glücklich. Nach fünf Jahren mit viel Auf und Ab, in denen ich viele Dinge nicht verstand, fragte ich mich am Ende: ‚Was passiert nur?‘ Sobald ich aber auf die Aprilia stieg, wusste ich, was ich leisten kann, ich kenne mein Potenzial.»
Dass sein Aprilia-Debüt so schnell kommen würde, hätte der 25-fache GP-Sieger selbst nicht erwartet. «Ich hatte erwartet, zu Hause zu sitzen und bis November zu warten, ehe ich das Motorrad testen kann. Es war schön, dass es so schnell passiert ist, weil ich dadurch die Gelegenheit habe, sechs Rennen zu fahren. Das ist viel besser als nur fünf Testtage zu absolvieren. Ich werde versuchen, 2022 auch mit Aleix [Espargaró] gut vorzubereiten. Das ist für mich sehr wichtig. Und was mich sehr glücklich macht, alle Jungs hier arbeiten sehr hart. Der Enthusiasmus ist groß und nach einem Podium ist es der beste Zeitpunkt, ins Team zu kommen und zu versuchen, ihnen Feedback zu geben. Aleix und Savadori haben sicherlich einen großartigen Job gemacht. Sie sind sehr schnell und das Motorrad funktioniert gut. Ich war recht überrascht, wie schnell ich mich an das Bike anpassen konnte.»
Deshalb wusste Viñales eigenen Aussagen zufolge auch schon nach dem dritten Run, dass er beim Aragón-GP in eineinhalb Wochen in der Startaufstellung stehen wollte. Ziel habe er sich keines gesetzt. Aber er weiß: «Es ist der beste Weg, um das kommende Jahr vorzubereiten. Auch wenn ich vielleicht nicht bereit bin, weil es schwierig ist, was den Fahrstil angeht – einfach eins zu sein mit dem Motorrad. Ich war ein ganz anderes Bike gewohnt. Ich glaube, in Aragón werden wir ein bisschen mehr verstehen, auch weil Aleix dabei ist. Er ist schnell, also kann ich schnell lernen, wie das Motorrad funktioniert. Ich fühle mich aber sehr stark, das ist der positive Punkt.»
Was muss der neunfache MotoGP-Sieger an seinem Fahrstil umstellen? «Ich muss meine Bremsweise verändern, das ist ein großer Lernprozess. Es ist total anders, wie man mit der Aprilia bremsen kann. Dafür brauche ich noch Runden. Aleix bremst auch sehr hart, ich werde das ein bisschen von ihm abschauen müssen. Ich denke aber, das wird auch mit dem Vertrauen kommen.»