Massimo Rivola (Aprilia): «Wir können es schaffen»
Als Aprilia Racing 2015 in die MotoGP-Weltmeisterschaft zurückgekehrt ist, elf Jahre nach dem Rückzug mit dem 990-ccm-Dreizylinder-Projekt Cube, erlebte das italienische Werksteam einige mühsame Jahre. Zuerst wurde ein Jahr lang mit dem modifizierten Superbike gefahren; es gab Fehlentscheidungen bei der Fahrerwahl mit Piloten wie Marco Melandri, Sam Lowes, Scott Redding und Lorenzo Savadori, es kamen unbrauchbare Testfahrer zum Einsatz wie Mike di Meglio und Matteo Baiocco, dazu galten die Motoren als brustschwach und trotzdem unzuverlässig. Zudem liefen immer mehr renommierte Techniker von Aprilia zur Konkurrenz über.
Als der neue Renndirektor Massimo Rivola im Januar 2019 seine Arbeit begann, konnte es mit dem MotoGP-Projekt des italienischen Herstellers nur bergauf gehen. Denn Aleix Espargaró war in den letzten zwei Jahren in der MotoGP-WM nur auf dem Gesamträngen 15. und 17 gelandet.
Der heute 50-jährige Rivola kam aus der Formel 1 (Scuderia Toro Rosso und Ferrari) und wurde anfangs kritisch beäugt, auch beim harten Kern des Mitarbeiterstabs von Aprilia Racing. Und lange Zeit musste man sich fragen, ob sein Vorgänger Romano Albesiano mit seiner Entmachtung umgehen würde. Er musste sich nämlich fortan mit der Rolle des Technical Directors zufriedengeben.
Massimo Rivola hat vor dreieinhalb Jahren eine Herkulesaufgabe übernommen. Bei Aprilia hat in den Jahren 2015 bis 2018 so gut wie gar nichts funktioniert. Der für 2016 neu entwickelte V4-Prototyp wurde viel zu spät fertig. Der ehemalige Aprilia-Rennchef Jan Witteveen kritisierte den von 2016 auf 2015 vorverlegten Einstieg von Aprilia, «Denn 2026 kamen die Einheitsreifen von Michelin und die Einheits-ECU von Magneti Marelli. Aprilia hat als 2015 in der WM gar nichts dazulernen können», meinte der Niederländer. «Man hätte sich lieber auf Testen konzentrieren und den Prototyp rechtzeitig auf den Prüfstand beringen sollen.»
Doch der Motor der Aprilia RS-GP 16 gab auf dem Prüfstand erst zwischen Weihnachten und Neujahr 2015 den ersten Ton von sich. Albesiano räumte danach ein, dass Bautista und Bradl die ersten vier Grand Prix als Testfahrten betrachten müssen.
Bei den ersten Wintertests standen keine Ersatzbikes und kaum Ersatzmotoren bereit.
Das neue Aprilia-MotoGP-Motorrad galt als Honda-Kopie, aber es war zu langsam und zu störungsanfällig.
Renndirektor Massimo Rivola spricht im SPEEDWEEK.com-Interview über die ersten dreieinhalb bei Aprilia, die einige Herausforderungen mit sich brachten.
Massimo, du warst beim Amtsantritt 2029 mit zahlenreichen Baustellen konfrontiert. Aprilia brachte neue Komponenten zu rasch ohne ausreichende Testfahrten an die GP-Strecken. Und offenbar gab es auch eine mangelhafte Qualitätskontrolle. Das führte zu vielen Ausfällen.
Wenn du technisch weit zurückliegst, musst du Wege finden, um die Lücke zu schnell zu schließen. Und wenn du die Performance verbessern musst, leidet oft die Qualität.
Schau dir Ferrari in der Formel 1 an, was dort momentan vor sich geht.
Aber inzwischen sind wir eine bessere Firma geworden. Auch die Qualitätskontrolle ist verbessert worden.
Wir haben überall den Hebel ein bisschen angesetzt. Man kann keinen einzelnen Bereich erwähnen, der uns schlagkräftiger gemacht hat. Es sticht auch kein einzelner Aspekt heraus, den wir als DEN Wendepunkt bezeichnen könnten.
Wir haben uns in allen Bereichen schrittweise verbessert.
Mit der wachsenden Konkurrenzfähigkeit ist auch Aleix Espargaró stärker geworden, der vorher jahrelang in entscheidenden Rennen gestürzt ist. Bruder Pol sagte mir einmal: «Aleix ist zu nervös. Das war schon immer so.» Jetzt fährt sich Aleix wie verwandelt.
Als Aleix den Trend bei uns beobachtet hat, dass wir ein besseres Unternehmen werden dass unser Motorrad schlagkräftiger wird, wollte er uns auch beweisen, dass er die gewünschte Performance abliefern kann. Vorher war das Bike nicht bereit für Spitzenplätze.
Jetzt haben wir nicht das beste Motorrad im Feld, aber wir können vorne mitfahren. Dadurch bewahrt Aleix die Ruhe.
Aleix hat begonnen, ein bisschen mehr zu denken. Dadurch ist seine Leistung beständiger geworden.
Miguel Oliveira sagte im Winter, er müsse lernen, auch durchschnittliche Resultate zu akzeptieren, also Ränge zwischen 6 und 10. Anders kann man in der Fahrer-WM keinen Spitzenplatz erringen.
Ja, die Konstanz ist bei der heutigen Leistungsdichte enorm wichtig, Fahrer wie Brad Binder sind sehr eindrucksvoll. Und er kommt nicht nur ins Ziel, er fährt auch oft vorne mit. In Mugello haben ihm nur 2 sec aufs Podest gefehlt. In Assen noch weniger. Er beeindruckt mich.
Was hat sich bei Aprilia nach dem ersten MotoGP-Podestplatz 2021 geändert?
Bei uns ist das Selbstvertrauen gewachsen. Wir haben beginnen, mehr an unsere Fähigkeiten zu glauben.
Wir haben erkannt: «Ja, wir können es schaffen!»
Ich muss zugeben: Das war für die Zukunft eine wichtige Erkenntnis.
MotoGP-Fahrer-WM nach 11 von 20 Grand Prix:
1. Quartararo 172 Punkte. 2. Aleix Espargaró 151. 3. Zarco 114. 4. Bagnaia 106. 5. Bastianini 105. 6. Brad Binder 93. 7. Miller 91. 8. Mir 77. 9. Rins 75. 10. Oliveira 71. 11. Martin 70. 12. Viñales 62. 13. Marc Márquez 60. 14. Bezzecchi 55. 15. Marini 52. 16. Nakagami 42. 17. Pol Espargaró 40. 18. Alex Márquez 27. 19. Morbidelli 25. 20. Di Giannantonio 18. 21. Darryn Binder 10. 22. Dovizioso 10. 23. Gardner 9. 24. Raúl Fernández 5.
Konstrukteurs-WM:
1. Ducati 246 Punkte. 2. Yamaha 172. 3. Aprilia 155. 4. KTM 121. 5. Suzuki 101. 6. Honda 85.
Team-WM:
1. Aprilia Racing 213 Punkte. 2. Monster Energy Yamaha 197. 3. Ducati Lenovo Team 197. 4. Prima Pramac Racing 184. 5. Red Bull KTM Factory 164. 6. Suzuki Ecstar 152. 7. Gresini Racing 123. 8. Mooney VR46 Racing 107. 9 Repsol Honda 100. 10. LCR Honda 69. 11. WithU Yamaha RNF 20. 12. Tech3 KTM Factory 14.