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Massimo Rivola (Aprilia): «Bin gegen Hybrid-Antriebe»

Von Günther Wiesinger
Die Formel 1 ist durch die Turbo-Hybrid-Ära langsamer, teurer und schwerer geworden, der Sound ist armselig. Aprilia-Rennchef Rivola warnt: «Wir dürfen die Fehler der Formel 1 nicht nachahmen.»

Nach etlichen umstrittenen technischen Innovationen von den Winglets über den Hinterradflügel von Doha 2019 bis zu den diversen Holeshot- und Ride Height Devices sowie den neuen Pokémon-Flügeln oder Dragon Wings von Silverstone 2022 sind die Ducati-Mitbewerber von Ducati-Corse-General Manager Gigi Dall’Igna einiges gewöhnt.

Aber nach der Ankündigung des Italieners, in der MotoGP-WM müsse man für die Zeit nach 2026 über hybride Antriebseinheiten mit Energie-Rückgewinnungs-Systemen nach dem Vorbild der Formel 1 nachdenken, gehen bei den Kontrahenten die Wogen hoch. Von KTM über Yamaha bis zu Aprilia findet sich bisher niemand, der an diesen Vorschlägen Gefallen findet.

In der MotoGP müsste so ein Antrieb deutlich simpler und vor allem leichter gestaltet werden als in der Formel 1, weil die Fahrzeuge nicht 798 kg wiegen, sondern 157 kg. In der Formel 1 existieren Module wie Motor-Generator-Einheit für kinetische Energie (MGU-K), Motor-Generator-Einheit für Hitzeenergie (MGU-H), Energiespeicher (ES), Turbolader, Steuerelektronik, Verbrennungsmotor und Auspuffsystem.

Die MGU-K wandelt Teile der kinetischen Energie, die an der Hinterachse beim Bremsen sonst ungenutzt bleiben würde, in elektrische Energie um und führt sie dem Energiespeicher zu.

Aprilia-Renndirektor Massimo Rivola hat aus Aprilia Racing innerhalb von viereinhalb Jahren einen Titelanwärter gemacht und kommt aus der Formel 1 (Ferrari, Scuderia Toro Rosso). Er hat eine klare Meinung die den Hybrid-Antrieben, zum fehlenden Sound und anderen Dingen. 

Massimo, Gigi Dall’Igna wünscht sich effizientere Antriebseinheiten, eine Hybrid-Technik mit Einheits-Batterien und Einheits-Generatoren, nur die Verbrenner sollen von den Werken individuell gestaltet werden. Der Hubraum könnte dann zum Beispiel auf 750 ccm gesenkt werden.

Ha, vergiss es!

In der Formel 1 haben sich die Kosten nach 2013 durch die Turbo-Hybrid-Antriebe fast verdreifacht. Vielleicht steht Ducati unter Druck von Porsche und Audi, die 2026 den Formel-1-Einstieg mit Red Bull Racing und Sauber planen und der Tochterfirma einen «Vorsprung durch Technik» verschaffen wollen.

Das «vielleicht» kannst du weglassen. Das ist ganz sicher so.

Aber Gigi Dall’Igna meint, mit Einheits-Komponenten für den Energiespeicher und Generator könnte man die Kosten ünberschaubar halten. Und in fünf Jahren sind die Akkumulatoren womöglich kleiner, diese Technik eventuell auch für die Serienherstellung interessant.

Okay. Ich kann zustimmen, dass die Batterien in fünf Jahren leichter und effizienter sein werden. Es könnte dann Sinn machen, den Verbrennern etwas «elektrische Hilfe» zu geben.

Aber die Frage ist: Warum soll man das machen? Weil du etwas weniger Kraftstoff in den Tank füllen willst?

Sollen wir uns wirklich darum kümmern?

Vielleicht werden sich manche Kunden Hybrid-Motorräder wünschen. Sie fahren dann auf Kurzstrecken mit Strom, auf Langstrecken mit dem Verbrenner.

Ich denke, ein Schlüssel zum Erfolg in der Formel 1 war der Motorenlärm, von den V12, den V10 und anderen Verbrennungsmotoren. Das war ein wunderschöner Sound.

Wir sollten den Fehler der Formel 1 vermeiden, der den Sound der Antriebseinheiten total verändert hat.

In der Formel 1 ist der Hybrid eine durchdachte super Hybrid-Version. Aber es ist immer noch ein Verbrenner mit einem elektrischen Booster.

Ducati denkt nicht unbedingt an einen Booster, eher an eine kinetische Energie-Rückgewinnung.

Hm, vielleicht ist das ein Weg, den wir in Zukunft beschreiten werden. Ich will dazu nicht «Nein» sagen.

Aber die Priorität genießt die Reduktion der CO2-Emissionen, auf der ganzen Welt.

Auch wenn wir Botschafter für eine nachhaltige Welt sein wollen, was den Lärm, die Abgase und so weiter betrifft, so dürfen wir die großen Emotionen für die MotoGP-WM auf den Rennstrecken nicht aufs Spiel setzen.

Wir müssen die Formel 1 nicht nachahmen. Das Mindestgewicht der 1,6-Liter-V6-Autos beträgt heute 948 kg. 2013 mit den 2,4-Liter-V8-Saugmotoren lag es noch bei 642 kg.

Wenn man die 157 kg schweren MotoGP-Bikes mit Batterie und Generator ausstattet, müssen wir mit ähnlichen Gewichtszunahmen rechnen.

Die Prioritäten sind klar: Wir müssen eine gute Show gewährleisten und nach «zero emissions» streben.

Es sieht so aus, als könnten wir die CO2-Abgase mit dem «Bio Fuel» auf null senken. Wen uns das gelingt, wäre es großartig. Wir haben das Ziel, in der MotoGP 2027 zu 100 Prozent mit synthetischem Kraftstoff zu fahren.

Wenn es später irgendwann Sinn macht, den MotoGP-Bikes elektrische Unterstützung oder einen Booster zu geben, kann man darüber nachdenken. Das könnte ein technologischer Fortschritt sein, es könnte die Ingenieure motivieren und die Rennen abwechslungsreicher machen.

Erinnerst du dich an die erste Formula-E-Meisterschaft? Damals waren die Autos langsamer als heute, aber sie hatten einen «Booster», mit dem sie die Leistung kurzfristig hochschrauben konnten.

Wenn wir über so etwas für die MotoGP-WM nachdenken, würde ich das eher als Marketing-Werkzeug betrachten.

In der Formel 1 gab es vor der Turbo-Hybrid-Ära bereits die Energie-Rückgewinnung durch KERS.

Ja, ich war 2009 bei Ferrari. Wir waren eines der wenigen Teams mit KERS. Aber es hat nicht einwandfrei funktioniert. Die Fahrer haben zwar den KERS-Booster gespürt. Aber die Ladung des Speichers über die Kurbelwelle hat das Handling des Fahrzeugs beeinträchtigt.

Das ist kein einfaches System. Aber wenn die Batterien effizienter und leichter werden – warum nicht?

Zuerst haben wir eine klare Priorität: Repsol für Honda, Shell mit Ducati, Castrol für uns bei Aprilia, dazu elf weitere Mineralölfirmen sollen zusammenarbeiten, damit wir beim Kraftstoff zu «zero emissions» kommen.

Das hat für mich erste Priorität.

KTM möchte freiwillig sogar schon 2026 mit 100 Prozent «Bio Fuel fahren, nicht erst 2027.

Diesen Plan würde ich mit Aprilia sofort unterstützen, wenn es möglich ist.

Wie nach dem Bio Fuel die zweite Priorität aussieht, wird sich zeigen. Vielleicht ergeben sich nachher weitere effiziente Konzepte.

Gigi Dall’Igna hat in der Hersteller-Vereinigung MSMA das Hybrid-Thema schon einmal auf den Tisch gelegt.

Ja, das war 2021. Es war eine Idee, die uns aufgetischt wurde. Und alle anderen fünf anderen Hersteller haben «nein» gesagt. Weil die Zeit dafür noch nicht gekommen ist.

Wenn Ducati das für 2027 durchsetzen will, brauchen sie eine Einstimmigkeit unter den Herstellern.

Und selbst dann hätte die Dorna noch ein Veto-Recht.

Die Frage ist: Warum soll man das machen? Was will man damit erreichen?

Machst du es, weil du dir einbildest, du hast bei so einem Projekt einen technischen Vorteil? Dann ist es nicht fair.

Der wahre Beweggrund müsste sein: Die Welt strebt nach «zero emissions», also leisten wir unseren Beitrag.

Als MotoGP-Teamprinzipal bin ich gegen Hybrid-Antriebe. 

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