MotoGP in Gefahr? Was Suzukis Schwanengesang bedeutet
Aus und vorbei: Alex Rins und Joan Mir nach dem Finale in Valencia
In einem Jahr, in dem es Honda nicht geschafft hat zu gewinnen, Yamaha auf übermenschliche Fahrkünste von Fabio Quartararo angewiesen war, KTM Schwierigkeiten damit hatte, die Erfolge zu festigen, und als Aprilias Stern aufging, nur um am Ende wieder abzurutschen, schloss Suzuki die Saison auf einem Hoch ab.
Zwei Siege in den letzten drei Rennen beweisen, dass Motorrad und Team in einer herausragenden Form waren. Die bewundernswerte, fein balancierte und starke GSX-RR, die im Gegensatz zu den durch zahlreiche Aerodynamik-Teile verschnörkelten Bikes der Konkurrenten wunderschön anzusehen war, schaffte es sogar, die dominanten Ducatis zu besiegen.
Umso schockierender, dass dies der Schwanengesang war. Die letzten Karten in der Hand. Zumindest hörte Suzuki auf, während sie vorne lagen.
Suzuki überraschte die GP-Welt, als die Chefetage in Hamamatsu Anfang Mai entschied, dass das Spiel der MotoGP den Verantwortlichen nichts mehr wert war. So wie auch andere Motorsport-Aktivitäten. Unter Berufung auf schwierige wirtschaftliche Zeiten und die Notwendigkeit, sich auf alternative Energien und ihre neuen Elektroauto-Aktivitäten zu konzentrieren, zogen sie den Stecker.
Zum Schock und zur Bestürzung nicht nur ihrer gesamten Werks-Rennabteilung (Langstrecken-WM, Offroad sowie MotoGP), ihrer verblüfften Fahrer und ihres Grand Prix-Teams, sondern auch des gesamten Rennsports.
Was könnte einem Unternehmen passiert sein, dessen ursprüngliche DNA auf dem Rennerfolg seiner abenteuerlichen Zweitakter der 1960er-Jahre basierte, unter Verwendung fortschrittlicher Technologie, die (mit etwas Hinterlist) von der ostdeutschen MZ-Pionierarbeit von Walter Kaaden erworben wurde?
Es liegt an einer Geschäftsleitung, die weit entfernt von der Entwicklung der Rennabteilung ist, wo an Genie grenzende Ingenieurskunst helfen kann, bessere Motorräder zu bauen, die aber wenig direkte Relevanz für die Bilanz hat. Und es war auch von Meinungsverschiedenheiten in dieser Geschäftsleitung die Rede – die Entscheidung war offenbar heftig umstritten, bevor sie zur vollendeten Tatsache wurde.
Geschichte, die sich wiederholt
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Suzuki kurzerhand zurückzieht, einmal von dem Massenrückzug japanischer Fabriken Ende der 1960er-Jahre abgesehen.
Suzuki ging in den 1980er-Jahren erneut diesen Schritt, nachdem die Square Four RG500 mit Barry Sheene und vielen anderen Halbiter-Piloten große Erfolge erzielt hatte. Zum Leidwesen von Randy Mamola, zu diesem Zeitpunkt auf Suzuki zweimal Zweiter und einmal Dritter in der Meisterschaft.
Nach einer 180-Grad-Wende des Werks brachten die Japaner 1987 ein neue 500-ccm-V4-Maschine – das Motorrad, das Kevin Schwantz 1993 und Kenny Roberts Junior 2000 schließlich die Weltmeisterschaft brachte.
Der zweite überraschende Rückzug fand 2011 statt. die Dorna war wütend, aber Suzuki schaffte es, den Vertragsbruch zu verharmlosen, indem sie versprachen, dass die Pause nur vorübergehend sein würde. Und sie kehrten tatsächlich 2015 zurück. Die brandneue GSX-RR mit Reihen-Vierzylinder wurde trotz einer relativ kleinen Rennabteilung und eines mageren Budgets im Vergleich zu Honda und Yamaha zu einer starken Rennmaschine, die 2020 mit Joan Mir sogar die Weltmeisterschaft gewann.
Ein Bike, das die Fahrer liebten. Der Gewinner von Phillip Island und Valencia, Alex Rins, sprach darüber, wie er sowohl vor als auch nach dem letzten Rennen in Tränen ausgebrochen war. Danilo Petrucci, dem Joan Mir-Ersatzfahrer beim Thailand-GP, betonte darüber hinaus, wie gerne er das Motorrad mit nach Hause nehmen würde.
Warum also hat Suzuki das Abenteuer beendet und Mitarbeiter und Fans bestürzt zurückgelassen? Und vielleicht auch einige Kunden? Denn was am Sonntag gewinnt, verkauft sich am Montag – so ein altes Sprichwort.
Suzukis letzter Champion Joan Mir war amüsiert, als er sich fragte, was die Unternehmensleitung gedacht haben könnte, als sie den letzten Sieg in Valencia gesehen hat. «Ich weiß nicht, ob sie es bereuen werden. Vielleicht wollen sie in andere Dinge investieren. Aber das Bild, das wir hier in der MotoGP vermitteln, mit einem fantastischen Motorrad, einem genialen Team... Keine Werbekampagne kann besser wiedergeben, was wir hier gezeigt haben.»
Welche Rolle spielte die Kommunikation?
Eine Antwort könnte in einer überraschenden Aktion am Ende der Saison gefunden werden, die eine seltsame Trennung des Managements demonstriert.
Nach dem GP von Malaysia, als nur noch ein Rennen übrig war, beauftragte das Rennteam einen Test mit neuen Teilen. Rins war verblüfft. Warum Geld ausgeben, um Dinge zu testen, die nie verwendet werden?
Ein ehemaliger Suzuki-Insider erklärte: «Die Ingenieure hatten ein Budget, also haben sie es ausgegeben. Die Geschäftsleitung würde es wahrscheinlich nicht einmal bemerken.»
Über die finanziellen Kosten des Ausstiegs sind keine Einzelheiten bekannt geworden, aber nachdem im November 2021 ein neuer Dorna-Vertrag bis Ende 2026 unterzeichnet worden war, dürfte die Strafe beträchtlich gewesen sein. Suzuki hält den Rückzug offensichtlich trotzdem für lohnenswert.
Aber wenn Suzuki der MotoGP so einfach den Rücken kehren kann, was ist dann mit anderen langjährigen Konkurrenten? Honda hat eine peinliche Phase schlechter Ergebnisse erlebt und sich 1967 zurückgezogen. Ein Jahr später zog Yamaha nach. Kawasaki hat bereits 2009 einen Präzedenzfall geschaffen und verschwand ohne einen Blick zurück.
Angesichts der bevorstehenden Übernahme durch die europäischen Hersteller, wer wird als Nächstes die MotoGP verlassen?
Die Suzuki-Weltmeister:
Joan Mir (MotoGP: 2020)
Kenny Roberts Jr. (500 ccm: 2000)
Kevin Schwantz (500 ccm: 1993)
Franco Uncini (500 ccm: 1982)
Marco Lucchinelli (500 ccm: 1981)
Barry Sheene (500 ccm: 1976, 1977)
Dieter Braun (125 ccm: 1970)
Hans-Georg Anscheidt (50 ccm: 1966, 1967, 1968)
Hugh Anderson (125 ccm: 1963, 1965; 50 ccm: 1963, 1964)
Ernst Degner (50 ccm: 1962).