Yamaha hofft auf MotoGP-VR46-Team mit Rossi 2024
Lin Jarvis mit Valentino Rossi: Kommt für 2024 ein Deal zustande?
Was den MotoGP-Werksteams von Suzuki und Aprilia seit dem Neueinstig 2015 widerfahren ist, ist jetzt dem ruhmreichen Yamaha Factory Racing Team passiert. Die Japaner müssen in diesem Jahr mit zwei MotoGP-Piloten auskommen; erstmals seit Beginn der MotoGP-Viertakt-Ära 2002 wird kein Kundenteam beliefert. Lin Jarvis, Managing Director von Yamaha Motor Racing, hält aber längst sorgfältig Ausschau nach einem Kundenteam für 2024 und die Zeit danach. Aber ob sich nach Tech3 (seit 2019 bei KTM und jetzt GASGAS) und RNF (2023 und 2024 mit Aprilia verbündet) ein neues Satellitenteam findet, ist noch offen.
Die Trennung von RNF wurde bereits beim Mugello-GP im Mai 2022 offenkundig. Seither wird spekuliert, Yamaha habe RNF nur einen Ein-Jahres-Vertrag für 2023 angeboten, weil sich die Japaner das Mooney-VR46-Team von Valentino Rossi für 2024 als Partner wünschen, aus vielfältigen Gründen.
Tatsache ist, dass Yamaha bei der Weiterentwicklung der YZR-M1-Yamaha für die Werkspiloten Fabio Quartararo und Franky Morbidelli in der kommenden Saison kein zweites Team zur Unterstützung hat. Dafür soll Cal Crutchlow ein besonders umfangreiches Testprogramm abspulen.
«Wir haben in Sepang am Samstagabend darüber diskutiert, wie sich das Fehlen eines Kundenteams auf die Saison 2023 auswirken könnte», erklärte Lin Jarvis im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Wir haben das im Kreis des Project Managements besprochen, auch Sumi-San war dabei. Für den jetzigen Zeitpunkt, an dem es für uns darum geht, nach der vergangenen Saison wieder auf die Beine zu kommen, als wir nicht genug Speed und nicht genug Performance hatten, ist das Fehlen eines Kundenteams kein Nachteil. Aber es kann an den GP-Wochenenden zu Nachteilen kommen, wenn wir Set-ups für unterschiedliche Szenarien brauchen, wenn sich das Wetter ändert und am Freitag schon über den direkten Einzug ins Q2 entschieden wird. Dann hat unser italienischer Mitbewerber die Informationen und Daten von acht Fahrern, die unterschiedliche Dinge probieren und verschiedene Reifenmischungen testen; so werden wir sicher Nachteile haben. Das ist meine Meinung: Bei der Entwicklung des Motorrads wird es sich nicht nachteilig auswirken, aber beim Rennfahren.»
Yamaha wird bald Vorgespräche und Verhandlungen mit Kandidaten führen, die 2024 in der MotoGP-WM auf Yamaha umsteigen könnten.
Groß ist die Auswahl allerdings nicht. Denn Lucio Cecchinello, seit 2006 auf Honda unterwegs, hat seinen HRC-Vertrag um zwei Jahre bis Ende 2024 verlängert. Gresini Racing hat einen Ducati-Vertrag bis Ende 2023, aber keine Absicht, sich von den Landsleuten in Borgo Panigale zu trennen.
Es sieht also so aus, als bliebe Rossis Mooney VR46-Team der einzige ernsthafte Kandidat. Aber der neunfache Weltmeister hat erstens einen Ducati-Vertrag für 2024, und zweitens wird er einen Markenwechsel nur in Betracht ziehen, wenn die Yamaha wieder ein Sieger-Motorrad wird.
Die letzten zwei Siege von Fabio Quartararo liegen aber eine Weile zurück – in Catalunya und auf dem Sachsenring im Juni 2022.
«Wir wollen so bald wie möglich mit einem Satellitenteam zurückkehren», räumt Lin Jarvis ein. «Es besteht keine absolute Dringlichkeit, trotzdem wollen wir keine unnötige Zeit verlieren. Wenn wir eine Lösung für 2024 finden, die zu unserer Strategie für die Zukunft passt, wäre es willkommen. Das wird nicht so einfach sein, weil die meisten Teams gültige Verträge haben. Und das LCR-Team von Lucio Cecchinello hat zum Beispiel eine sehr lange Geschichte und Connection mit Honda. So ein Deal wäre also schwierig.»
Inzwischen wird bei der Konkurrenz von Ducati bereits von einem unlauteren Wettbewerb gesprochen, weil sie drei Kundenteams beliefern, Yamaha keines. Es könnte im Laufe der Saison sanfter Druck auf Ducati entstehen, des lieben Friedens willen ein MotoGP-Team abzugeben.
Aber es herrschen die Gesetze des freien Marktes, deshalb hat auch die Dorna bisher nicht irgendwelchen Maßnahmen eingegriffen.
«Natürlich gibt es viele Diskussionen mit VR46», verrät Lin Jarvis. «Wir arbeiten eng mit ihnen zusammen, sie betreiben unser Moto2-Master-Camp-Team, wir haben ein sehr enges Verhältnis zu Valentino; er hat in der MotoGP-WM 16 Jahre lang eine Werks-Yamaha gesteuert. Die Logik würde sagen, das wäre eine gute Richtung, die wir einschlagen könnten. Valentino hat mit Marco Bezzecchi und Luca Marini zwei absolut hoffnungsvolle Fahrer. Und wir unterstützen ja die VR46 Riders Academy mit Yamaha-Motorrädern. Es macht viel Sinn, diesen Weg einzuschlagen. Aber sie haben einen Vertrag mit Ducati für 2024…»
Immerhin hat Rossi ein Argument weniger, das für einen Verbleib bei Ducati spricht.
2022 begann er seine Automobil-Karriere im belgischen WRT-Team auf einem Audi-R8-Sportwagen, einem Fahrzeug, aus der Volkswagen-Gruppe, die seit zehn Jahren Eigentümer der Ducati Motor Holding ist.
Inzwischen hat Rossi einen Werksvertrag bei BMW in der Tasche, er steuert im WRT-Team jetzt einen Dreiliter-BMW M4 GT3, einen Turbo-Reihensechszylinder mit bis zu 590 PS.