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Stefan Bradl (Honda): «Wir brauchen noch mehr Zeit»

Von Günther Wiesinger
Honda hat 2022 nur zwei Podestplätze errungen, Ducati 32. Und bisher waren 2023 keine Fortschritte zu sehen. Stefan Bradl zieht vor dem Texas-GP eine Zwischenbilanz.

Stefan Bradl (33) möchte zwar bei seinem ersten MotoGP-Einsatz seit Misano im September 2022 punkten. Er hat aber als Marc Márquez-Ersatz im Repsol-Honda-Team auch die Aufgabe, die Honda RC213V weiterzuentwickeln und neue Teile zu testen, wenn es erforderlich ist. Der Bayer hat erst am Wochenbeginn definitiv erfahren, dass er auf dem Circuit of the Americas (COTA) nicht als ServusTV-Experten agieren wird, sondern als Rennfahrer.

«Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich kurzfristig bei Honda für einen Stammfahrer einspringen muss», lachte Stefan. «Deshalb habe ich immer eine Lederkombi, einen Helm und die weitere Ausrüstung dabei. Ich bin allmählich daran gewöhnt. Ich habe in den letzten drei Jahren wahrscheinlich mehr als eine komplette Rennsaison absolviert.»

Das ist sogar noch leicht untertrieben, denn Stefan Bradl ist seit Brünn 2020 (nach dem Oberarmbruch von Márquez) ohne den bevorstehenden Texas-Event bereits bei 23 Grand Prix angetreten. Bestes Ergebnis: Platz 7 beim Portimão-GP 2020.

Nach menschlichem Ermessen werden jetzt zweimal hintereinander zwei deutsche Teilnehmer in der Königsklasse am Start stehen, denn Jonas Folger ersetzt mindestens dreimal Pol Espargaró bei GASGAS-Tech3, und Bradl wird in Jerez mit einer Wildcard im Honda Test Team antreten.

Wann sind zuletzt zwei Deutsche bei einem Rennen in der «premier class» (500 ccm und MotoGP) aufeinandergetroffen?

Die Antwort: 1994 beim GP von Deutschland auf dem Hockenheimring, als Lothar Neukirchner und Udo Mark eine 500-ccm-Yamaha steuerten. Manfred Erhardt scheiterte damals an der Qualifikation.

«In Zukunft werden nicht mehr so oft zwei Deutsche in der MotoGP-zu sehen sein, denn es fehlt am Nachwuchs in Deutschland, das ist schade. Nicht einmal in der Moto3-WM hatten wir seit Philipp Öttl in den letzten fünf Jahren einen deutschen Teilnehmer. Das ist schade», meint der siebenfache GP-Sieger.

Stefan Bradl weiß, dass der 5,5 km lange «Circuit of the Americas» mit seinen 20 Kurven und dem Gefälle und den Steigungen körperlich große Ansprüche stellt. «Es wird ein stressreiches Wochenende, aber ich bin am Montag und Dienstag in Jerez viele Runden gefahren und bin körperlich gut vorbereitet», hielt der Moto2-Weltmeister von 2011 fest. «Ich bin zwar seit 2016 hier nicht gefahren, aber ich habe von 2013 bis 2016 hier gute Resultate erzielt. Ich bin in Texas immer gern gefahren.»

Die Bradl-Bilanz in Austin: Platz 5 mit der LCR-Honda 2013, Platz 4 ein Jahr später, dann Platz 10 mit der Aprilia 2016.

«Aber ich höre von den Kollegen, dass die Piste inzwischen sehr holprig ist und dadurch viel Spaß beim Fahren verloren geht», stellte Stefan fest.

Wie verhält sich die Honda auf den Bodenwellen? Bradl diplomatisch und mit Galgenhumor: «Für unser Motorrad macht es im Moment keinen Unterschied, ob die Piste holprig ist oder nicht…»

«Ich bin zwei Tage in Jerez gefahren, es war ein guter Test, wir haben einiges gelernt, obwohl ich am Dienstag vor 15 Uhr aufhören musste, um den Flug in Sevilla zu erreichen. Was die Gerüchte um das Kalex-Chassis betrifft – es war keines da, ich habe keines gesehen. Wir haben unseren normalen Testplan abgearbeitet  und bei diesem privaten Test einige neue Teile ausprobiert. Einzelheiten darf ich nicht verraten.»

Stefan Bradl hat auch Superbike-Weltmeister Toprak Razgatlioglu mit der M1-Werks-Yamaha auf der Piste erlebt. Einen Kommentar dazu wollte er nicht abgeben. «Ich habe ihn nur zwei Kurven lang gesehen. Denn bei einem Test suchst du keinen Windschatten, da gibt es andere Aufgaben zu erledigen. Ich kenne auch die Rundenzeiten von Toprak nicht. Aber er hat einen guten Eindruck gemacht, glaube ich.»

Und wie lange wir die Durstrecke bei Honda noch dauern? Bradl: «Wir müssen zuversichtlich bleiben. In Jerez haben wir kleine Fortschritte gemacht. Aber es wird nicht irgendein Wunderteil geben, dass uns mit einem Schlag zurück an die Spitze bringt. Aber wenn wir beständig und emsig weiterarbeiten, wird sich das bezahlt machen. Natürlich wird das noch mehr Zeit beanspruchen. Aber wir wollen zurück aufs Podest. Ich sehe, dass bei uns alle Ingenieure aus Japan und die Mitglieder des European Test Teams sehr hungrig nach Erfolg sind. Alle sind motiviert, uns wieder nach vorne zu bringen.»


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