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Pol Espargaró: «Ich war seelisch komplett zerstört»

Von Günther Wiesinger
Pol Espargaró rechnet heute mit einem positiven Medical-Check und der Freigabe von Dr. Angel Charte für den Sachsenring. Pol erinnert sich an die dunkelsten Stunden nach dem Crash. Fast wäre das Jahr vorbei gewesen.

Genau zwölf Wochen nach seinem fürchterlichen Crash im FP2 beim Saisonauftakt in Portimão wird sich Pol Espargaró am kommenden Freitag wieder in den Sattel seiner GASGAS RC16 schwingen. Zehn Wochen hatten die Ärzte für die völlige Heilung der drei gebrochen Rückenwirbel veranschlagt. Doch KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer, selbst seit 20 Jahren nach einem Unfall beim Motocross-GP in Bulgarien im Rollstuhl, überließ die Entscheidung ganz den Ärzten.

«Wenn ich die Entscheidung hätte treffen können, wäre ich schon in Le Mans Mitte Mai wieder gefahren», erklärte der Spanier Pol Espargaró im Interview mit SPEEDWEEK.com. «Nach dem Probetraining mit dem Superbike in Aragón wollte ich in Mugello antreten. Aber nach den neuesten Röntgenuntersuchungen empfahl mir MotoGP-Medical-Director Dr. Charte, ich solle noch ein paar Tage zusätzlich warten. Er meinte, für den Sachsenring würde er mir dann eine Teilnahme erlauben. In Theorie sollte ich also jetzt grünes Licht für eine Rückkehr erhalten. Es sollte alles okay sein.»

Am heutigen Dienstag findet die entscheidende Untersuchung statt. «Mein Plan ist, beim deutschen Grand Prix anzutreten. Ich fühle mich bereit dazu», versicherte 32-jährige MotoGP-Pilot, der mit seiner Frau Carlota zwei kleine Töchter im Alter von drei Jahren und einem Jahr hat.

Fast drei Monate nach dem Crash in Portugal und einem unbeschreiblichen Leidensweg mehren sich inzwischen die Lichtblicke. Aber Pol hatte in dieser Phase einige dunkle Stunden zu überstehen. Zwischendurch gab es Meldungen, seine Rückkehr auf die Rennstrecke könne bis August dauern. Der düsterste Augenblick ist dem Draufgänger deutlich in Erinnerung geblieben.

«Ja, es gab einen Moment, als ich noch stark unter dem Einfluss der Medikamente stand und in Barcelona auf der Intensivstation lag. Meine Frau war bei mir. Eine Ärztin verkündete plötzlich, man müsse meine drei gebrochenen Rückenwirbel mit Schrauben und Platten fixieren. Sie meinte, dieses Metall könne man erst im September wieder entfernen und dann mit der Rehabilitation beginnen. Dann wäre die Saison vorbei gewesen.»

«In diesem Augenblick», stöhnt Pol, «bin ich seelisch in ein Loch gefallen. Ich war psychologisch komplett zerstört. Ich habe mich von dieser Ärztin nachher nicht mehr behandeln lassen. Da man mir wegen der Schmerzen sehr starke Arzneimittel verabreicht hatte, ist mir die Tragweite dieser Schilderungen im ersten Moment gar nicht richtig klar geworden. Ich war wie in Trance. Aber Carlota hat das natürlich begriffen. Sie war von diesem Schlag genauso betroffen wie ich. Das war am Dienstag, also fünf Tage nach dem Crash.»

«Ich bin damals am Samstag nach Barcelona auf die Intensivstation gekommen; dort haben sie zuerst eine Magnetresonanz-Tomografie gemacht, die eineinhalb Stunden gedauert hat. Ich bin in dieser MRT-Maschine fast durchgedreht; ich bin halb verrückt geworden. Zu Beginn der Woche wurde der Unterkiefer operiert. Am nächsten Tag folgte der Eingriff am lädierten Ohr. Nachher wurde studiert, ob auch meine Rückenwirbel operiert werden müssen. Aber das ist mir erspart geblieben.»

Pol weiß, dass er beim Comeback auf dem Sachsenring nach der langen Pause und wegen mancher noch nicht völlig ausgeheilter Verletzungen keine Wunder vollbringen kann.

«Der winkelige Sachsenring ist keine einfache Rennstrecke für einen Neuanfang», ist sich der 15-fache GP-Sieger bewusst. «Aber mein Hauptziel ist, mein Team wieder zu treffen und die normale Arbeitsprozedur wieder aufzunehmen. Ich möchte vor allem verstehen, wie jetzt alles funktioniert, wie sich das Bike und die Reifen verhalten und alles andere. Ich habe ja in diesem Jahr noch kein Rennen bestritten. Ich muss also endlich wieder in die übliche Arbeitslaune kommen. Bis Assen werde ich immerhin schon drei Tage auf dem Motorrad hinter mir haben. Dort werde ich dann einen besseren Überblick haben und kann dort vielleicht versuchen, mal eine schnelle Runde zu drehen. Aber auf dem Sachsenring möchte ich es behutsam angehen lassen.»


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