MotoGP: Marc Marquez ist der Sturzkönig

Pol Espargaró: «Du willst das Maximum rausholen»

Von Günther Wiesinger
GASGAS-Werkspilot Pol Espargaró weiß, dass nach viereinhalb Monaten MotoGP-Pause in England Zurückhaltung angebracht wäre. Aber er ahnt: «Sobald du bei einem Grand Prix bist, wird es mit der Vorsicht schwierig.»

Pol Espargaró ist seit dem 24. März nicht mehr auf einer Rennstrecke mit einer GASGAS RC16 unterwegs gewesen. Aber am 4. August wird der 32-jährige Spanier sein mehrmals verschobenes MotoGP-Comeback feiern. Der Moto2-Weltmeister von 2013 wollte eigentlich in Mugello wieder mitmischen, dann wurde die Rückkehr auf den Deutschland-GP verschoben und nachher noch einmal auf Assen, ehe der British Motorcycle Grand Prix als definitives Comeback-Datum festgelegt wurde.

«Wäre der Wirbel Nummer 8 nicht, hätte ich bereits im Juni wieder Rennen bestreiten können», erklärte Pol Espargaró. «In Portugal habe ich Brüche der Brustwirbel 3, 6 und 8 erlitten; besonders der achte Wirbel war im Juni noch nicht richtig verheilt. Er wurde auch komprimiert; deshalb bin ich jetzt 1,5 Zentimeter kleiner. Zum Glück bin ich schon verheiratet…»

Pol Espargaró konnte zwar vor einer Woche beim «Goodwood Festival of Speed» wieder ein paar Demo-Runden mit seiner MotoGP-RC16-Maschine des Jahrgangs 2022 drehen. Aber seit dem Portimão-Sturz werden bis zum nächsten Rennen viereinhalb Monate vergangen sein.

Deshalb ist der MotoGP-Routinier (Pol fährt seine zehnte Saison in der Königsklasse) neugierig, wie rasch er wieder in Schwung kommen wird.

Mit welchen Vorstellungen und Zielen wird Espargaró in England, wo in diesem Jahr erstmals seit 2012 wieder vom «Silverstone Wing» gestartet und die MotoGP im «International Paddock» stationiert sein wird, aus der Box rollen?

«Ich habe mein Team in Assen am Samstag besucht und mir einen Überblick verschafft, was sich seit meinem Unfall alles geändert hat», schilderte der 15-fache GP-Sieger, der am 6. August seinen 278. Grand Prix bestreiten und vorher am Samstag erstmals an einem Sprint Race teilnehmen wird. «Ich habe mich auch erkundigt, wie die aktuelle ‘tyre allocation’ aussieht. Ich wusste nicht genau, wie das jetzt alles funktioniert und welche Mischungen wir bekommen.»

«Nach dieser langen Rennpause wird es für mich nicht einfach werden; ich muss mich erst wieder an die übliche Arbeitsweise und den GP-Alltag gewöhnen. Den Silverstone-GP werde ich brauchen, um nach dieser langen Pause wieder in den Rennmodus zu kommen. Zwei Wochen später in Spielberg werde ich dann drei Tage auf dem Motorrad hinter mir haben. Dort werde ich bereits ein besseres Verständnis haben und kann vielleicht versuchen, mal richtig auf Zeitenjagd zu gehen. In Österreich rechne ich mit einer besseren Performance. Aber in Silverstone möchte ich vorsichtig beginnen…»

Pol Espargaró hat in seinen neuneinhalb MotoGP-Jahren noch nie eine so lange Rennpause erlebt. Und er kennt seinen Hang zur Risikobereitschaft und Angriffslust. Deshalb befürchtet er: «Sobald ich bei einem Grand Prix bin, wird es mit der Zurückhaltung schwierig. Dann willst du das Maximum herausholen und einiges aufs Spiel setzen.»

KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer erklärte vor der Saison, Pol Espargaró sei eigentlich der heimliche MotoGP-Teamleader, weil er von 2017 bis 2021 schon vier KTM-Jahre (mit zwei Pole-Positions und sechs Podestplätzen) absolviert hat und 2021 WM-Fünfter war, nur vier Punkte hinter dem WM-Dritten Alex Rins.

Das GASGAS Factory Racing Tech3-Team mit Hervé Poncharal, Teamanager Nicolas Goyon und Crew-Chief Paul Trevathan und die KTM-Verantwortlichen werden Pol Espargaró, der 2023 keinen WM-Spitzenplatz mehr erreichen kann und sowieso einen Vertrag für 2024 hat, in England zur Vorsicht mahnen.

Aber der Draufgänger will nichts versprechen. «Ja, wir sollten geduldig sein. Aber wir werden sehen», meinte er mit seinem ansteckenden Lachen im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Ich habe seit Assen mit dem Superbike trainiert, zum Beispiel auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya. Am 29. Juli werde ich wieder dort fahren. Aber ein MotoGP-Training lässt sich mit keinem anderen Bike richtig simulieren. Ich muss in Silverstone einfach mal auf die Strecke rausfahren und abwarten, was passiert. Bei meinem ersten Superbike-Test in Aragón im Juni habe ich die Beanspruchung im Nacken nach einem Tag extrem gespürt. Auf dem MotoGP-Bike wird die Belastung jedoch um den Faktor 5 stärker sein. Ich bin gespannt, wie sich der erste Tag in England anfühlen wird. Wenn ich am Freitagabend nur müde bin, ist es okay. Damit müssen wir rechnen; das werden wir in Kauf nehmen. Aber ich weiß nicht, ob ich noch irgendwo Schmerzen spüren werde.»

Pol Espargaró hat in Portugal neben den drei Wirbelbrüchen auch einen Kieferbruch, eine Lungenquetschung und einen Bruch an der rechten Hand erlitten. «Aber der kritischste Punkt wird der Nacken sein. Ich hoffe, der obere Teil der Rückenwirbel wird bis dahin entsprechend beweglich sein; es war ja auch der zweite Rückenwirbel gebrochen. Ich denke, durch das Training und die ausgiebige Physiotherapie im Juli werden die Schmerzen kein großes Problem mehr sein. Aber ich konnte wegen der Wirbelbrüche den Bizeps und Trizeps viele Wochen hindurch nicht trainieren, auch viele andere Muskelgruppen nicht. Es wird also einige Zeit dauern, bis ich wieder richtig in Topform bin.»

Der finale Medical Check durch MotoGP Medical Director Dr. Angel Charte macht Pol kein Kopfzerbrechen. «In Silverstone werde ich 100-prozentig dabei sein», ist der populäre GASGAS-Pilot überzeugt. 

MotoGP-Ergebnisse, Assen (25. Juni):

1. Bagnaia, Ducati, 26 Rdn in 40:37,640 min
2. Bezzecchi, Ducati, + 1,223 sec
3. Aleix Espargaró, Aprilia, + 1,925
4. Brad Binder*, KTM, + 1,528
5. Martin, Ducati, + 1,934
6. Alex Márquez, Ducati, + 12,437
7. Marini, Ducati, + 14,174
8. Nakagami, Honda, + 14,616
9. Morbidelli, Yamaha, + 29,335
10. Augusto Fernández, KTM, + 33,763
11. Savadori, Aprilia, + 35,084
12. Raúl Fernández, Aprilia, + 39,622
13. Bradl, Honda, + 42,504
14. Folger, KTM, + 45,609
– Di Giannantonio, Ducati, 8 Runden zurück
– Lecuona, Honda, 12 Runden zurück
– Oliveira, Aprilia, 14 Runden zurück
– Bastianini, Ducati, 20 Runden zurück
– Viñales, Aprilia, 23 Runden zurück
– Quartararo, Yamaha, 24 Runden zurück
– Zarco, Ducati, 24 Runden zurück
– Miller, KTM, 25 Runden zurück

*= ein Platz zurück («track limits»-Vergehen)

Ergebnisse MotoGP-Sprint Assen (24. Juni):

1. Bezzecchi, Ducati, 13 Rdn in 20:09,174 min
2. Bagnaia, Ducati, +1,294 sec
3. Quartararo, Yamaha, +1,872
4. Aleix Espargaró, Aprilia, +2,245
5. Brad Binder*, KTM, +4,582
6. Martin, Ducati, +5,036
7. Viñales, Aprilia, +5,876
8. Bastianini, Ducati, +10,102
9. Alex Márquez, Ducati, +10,525
10. Marini**, Ducati, +10,556
11. Miller, KTM, +11,191
12. Nakagami, Honda, +11,473
13. Zarco, Ducati, +15,439
14. Augusto Fernández, KTM, +17,754
15. Morbidelli, Yamaha, +19,508
16. Savadori, Aprilia, +19,664
17. Marc Márquez, Honda, +19,916
18. Raúl Fernández, Aprilia, +20,583
19. Oliveira, Aprilia, + 24,269
20. Lecuona, Honda, +24,727
21. Folger, KTM, +32,056
22. Bradl, Honda, +35,372
– Di Giannantonio, Ducati, 10 Runden zurück
*= erhielt 3 sec Strafe
**= erhielt 0,5 sec Strafe

WM-Stand nach 16 von 40 Rennen:

1. Bagnaia, 194 Punkte. 2. Martin 159. 3. Bezzecchi 158. 4. Binder 114. 5. Zarco 109. 6. Marini 98. 7. Miller 79. 8. Aleix Espargaró 77. 9. Quartararo 64. 10. Alex Márquez 63. 11. Morbidelli 57. 12. Viñales 56. 13. Rins 47. 14. Augusto Fernández 42. 15. Nakagami 34. 16. Di Giannantonio 34. 17. Oliveira 27. 18. Bastianini 18. 19. Marc Márquez 15. 20. Pedrosa 13. 21. Savadori 9. 22. Folger 9. 23. Raúl Fernández 8. 24. Pirro 5. 25. Petrucci 5. 26. Mir 5. 27. Bradl 5.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati, 285 Punkte. 2. KTM 153. 3. Aprilia 121. 4. Honda 89. 5. Yamaha 82.

Team-WM:

1. Prima Pramac Racing, 268 Punkte. 2. Mooney VR46 Racing 256. 3. Ducati Lenovo Team 222. 4. Red Bull KTM Factory Racing 193. 5. Aprilia Racing 133. 6. Monster Energy Yamaha 121. 7. Gresini Racing 97. 8. LCR Honda 84. 9. GASGAS Factory Racing Tech3, 51. 10. CryptoDATA RNF 39. 11. Repsol Honda 20.

 

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