GASGAS 2024: Wettkampf Pol Espargáro gegen Fernández
Am Freitagnachmittag verhandelte eine hochrangige KTM-Abordnung mit Stefan Pierer, Hubert Trunkenpolz und Pit Beirer in der Red Bull Energy Station mehr als eine Stunden lang mit den Dorna-Managern Carmelo und Carlos Ezpeleta, wobei es unter anderem um zusätzliche MotoGP-Startplätze für 2024 ging.
Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta blieb jedoch bei seinem Standpunkt, den er gegenüber Red Bull und KTM bereits seit dem Jerez-GP vertreten hat: «Es gibt keine zusätzlichen MotoGP-Slots für ein neues Kundenteam. Die beiden Suzuki-Plätze bleiben für ein neues Werksteam reserviert. Wir fahren 2024 weiter mit 22 Stammpiloten.»
Aber Stefan Pierer, Vorstandsvorsitzender der Pierer Mobility AG mit den Marken KTM, GASGAS und Husqvarna und dazu über die KTM AG zusätzlich Eigentümer eines 25,1-Prozent-Anteils an MV Agusta, Trunkenpolz und Beirer fanden mit der Dorna eine akzeptable Kompromisslösung. Denn Ezpeleta wollte die Österreicher nicht vergrämen, da sie in allen drei Klassen Top-Teams ausrüsten und 40 Prozent der GP-Piloten über alle drei Klassen hinweg auf Marken des Pierer-Konzerns sitzen.
Bisher stehen für GASGAS Tech3 Factory Racing mit Pol Espargaró, Augusto Fernández und Pedro Acosta drei Fahrer für zwei Plätze unter Vertrag. Wer wird aus diesem Trio für 2024 keinen Stammfahrervertrag bekommen? Stefan Pierer: «Wir haben dieses Jahr noch viele Grands Prix vor uns. Man sieht ja, wie viele Verletzungen dauernd passieren. Das nächste Thema: Es wird wie üblich ein sportliches Ausscheidungsrennen geben. Wir werden eine Lösung finden.»
«Die zweite Saisonhälfte zählt jetzt», warf Hubert Trunkenpolz beim Gespräch mit SPEEDWEEK.com ein. «Wir treffen vorläufig keine Entscheidung. Denn was tun wir, wenn Pol zum Beispiel in Misano aufs Podest fährt? Er schaut nicht gerade unmotiviert aus… Deshalb wollen wir Pol jetzt nicht in Pension schicken.»
Es wird also womöglich bis zum Saisonfinale in Valencia am 28. November ein Wettkampf zwischen Pol Espargaró und Augusto Fernández um den zweiten Sitz stattfinden? «Wir schauen uns noch einige Rennen an», bestätigte Trunkenpolz.
«Bei insgesamt 42 oder gar 44 Rennen werden wir in der kommenden Saison immer wieder Ersatzfahrer brauchen», hält Hubert Trunkenpolz fest. «Bei so vielen Wettkämpfen steigt das Ausfallrisiko. Und wenn wir einem Testfahrer sechs Wildcards anbieten können und dazu die Möglichkeit für Einsätze als Ersatzfahrer besteht, sind das lukrative Anreize.»
Unter diesen Umständen wird sich die Pierer-Gruppe bemühen, entweder Pol Espargaró oder Augusto Fernández die Rolle eines Testfahrers schmackhaft zu machen, um dann auch bei Red Bull KTM oder GASGAS Tech3 als Ersatzfahrer einspringen zu können.
«Beim heutigen MotoGP-Format kommt es zu immer mehr Verletzungen. Aber nur wenige Teams haben Test- oder Ersatzfahrer, die in die Punkte kommen können. Wir haben ja gesehen, wie schwer sich Jonas Folger von Texas bis Assen als Ersatz für Pol getan hat. Wir waren froh, dass er eingesprungen ist, aber es war eigentlich kein Renommee», räumte Stefan Pierer ein.
«Wir haben mit der Dorna vereinbart, dass der Stellenwert der Test- und Ersatzfahrer aufgewertet wird und dadurch hochwertigere Fahrer für diese Aufgabe verpflichtet werden können», ergänzte Pierer.
«Nächstes Jahr werden in der MotoGP voraussichtlich pro Hersteller sechs statt drei Wildcards erlaubt werden», verriet Trunkenpolz.
«Ja, darüber wird jetzt diskutiert», bestätigte Stefan Pierer. «Wir haben mit der Dorna besprochen: 'Wie kriegen wir künftig wettbewerbsfähige Ersatzfahrer?' Savadori und wie die alle heissen, fahren ja nicht auf dem Niveau der Stammpiloten. Wir brauchen auch einen schnellen zweiten Testfahrer neben Dani Pedrosa. Denn bei der Weiterentwicklung hilft uns nur ein Fahrer, der schnell und gut ist.»
Die Pierer-Mobility-Manager wollen jetzt noch einige Wochen lang beobachten, wie sich Pol Espargaró nach seiner viereinhalb Monate langen Verletzungspause steigert.
In Spielberg zeigte er mit der 13. Quali-Zeit unter 23 Teilnehmern bereits einen klaren Aufwärtstrend. Er hat in den vier Jahren von 2017 bis 2020 viel zur Entwicklung der KTM RC16 beigetragen und in dieser Phase sechs Podestplätze und zwei Pole-Positions erobert.
«Augusto Fernández ist in seinem ersten MotoGP-Jahr und liefert vielversprechende Leistungen. Wir haben schon einmal den Fehler gemacht, dass wir einen Rookie zu früh abgeschrieben haben. Diesen Fehler wollen wir kein zweites Mal machen. Augusto ist Moto2-Weltmeister. Er hat eine faire MotoGP-Chance verdient. Wir wollen ihn auf keinen Fall verlieren. Denn wer weiß, wie viele MotoGP-Motorräder wir 2025 am Start haben.»