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Yamaha ohne Sieg: Das Hoffen auf bessere Zeiten

Von Günther Wiesinger
Magere MotoGP-Jahre kommen bei Yamaha immer wieder vor. Auch 2018 fielen die Japaner hinter Honda, Ducati und sogar Suzuki zurück. Aber sieglos blieb Yamaha seit 20 Jahren nicht mehr.

Valentino Rossi  hat für das Yamaha-Werksteam seit dem Beginn der Viertakt-MotoGP-Ära die WM-Titel 2004, 2005, 2008 und 2009 sichergestellt. Dann siegte Jorge Lorenzo 2010, 2012 und 2015, ehe Fabio Quartararo auf der YZR-M1 2021 triumphierte.

2018 durfte man davon ausgehen, dass das Movistar Yamaha MotoGP Team mit Valentino Rossi und Maverick Viñales über die schlagkräftigste Paarung in der Königsklasse verfügte. Doch es kam anders. Yamaha erlebte ein schwaches Jahr mit nur einem Sieg und insgesamt nur zehn Podestplätzen. Bei Honda gewann Marc Márquez allein neun Rennen, Cal Crutchlow eines.

Und während Yamaha in den vier Jahren von 2019 bis inklusive 2022 immerhin noch 18 MotoGP-Siege abräumte (Viñales 4, Morbidelli 3, Quartararo 11), herrscht 2023 bei den Siegen bisher Fehlanzeige. Der WM-Zehnte Fabio Quartararo hat nur zwei dritte Plätze (in Texas und Indien) vorzuweisen. 

Solche Schwächephasen kamen bei Yamaha immer weder mal vor.

Schon die 2017-Yamaha machte den Stars oft Kopfzerbrechen, Honda und Repsol Honda gewannen alle drei WM-Titel. Aber Yamaha feierte 2017 immerhin noch vier Siege (3x Viñales, 1x Rossi), viermal kamen beide Piloten gleichzeitig aufs Podest, dazu 2017 wurde der 500. GP-Sieg von Yamaha gefeiert.

2018 bildete das fünfte und letzte gemeinsame Jahr von Yamaha und Movistar. Das Yamaha-Werksteam engagierte nach dem Abgang von Lorenzo mit Maverick Viñales den bestmöglichen Ersatz. Er gehörte zur jungen Generation, hatte schon 21 GP-Siege errungen, er war Moto3-Weltmeister 2013 und in allen drei WM-Klassen «Rookie of the Year». Er war in der Vergangenheit stärker als die etwas gleichaltrigen Jack Miller und Alex Rins, die bei Honda, Suzuki und Ducati aufgebaut wurden.

Aber Viñales stand bei Yamaha (wie Lorenzo) immer im Schatten von Valentino Rossi, der zwar nach 2009 keinen Weltmeistertitel mehr gewann, aber seine 115 GP-Siege bleiben legendär, auch wenn die Siegesserie beim Assen-GP 2017 abriss.

Das Movistar-Yamaha-Team hat 2015 noch alle drei WM-Titel (Fahrer-, Konstrukteurs- und Team-WM) gewonnen, 2016 fiel nur der Team-WM-Titel ab, weil Pedrosa bei Honda schwächelte. 2017 und 2018 räumte Honda alle drei MotoGP-Titel ab. Vielleicht nahm Movistar auch deshalb Abschied.

Yamaha reagierte mit der Gründung des neuen European Test Teams mit Testfahrer Jonas Folger, dem heute Cal Crutchlow angehört und bei dem 2020 noch Jorge Lorenzo einsprang.

Rossi-VR46-Schützling Franco Morbidelli bekam für 2019 im neuen Petronas-Kundenteam eine 2019-Yamaha, als Teamkollege von Rookie Fabio Quartararo. Denn auch Honda, Ducati und KTM behandeln die Kundenteams liebevoll, Yamaha hingegen hat Johann Zarco verloren, weil er für 2018 keine aktuelle Werksmaschine erhielt.

Projektleiter Tsuya entschuldigte sich

Valentino Rossi musste sich 2017 in der WM seinem neuen Teamkollegen Maverick Viñales geschlagen geben; 2018 hat er den spanischen Widersacher um 6 Punkte distanziert.

2017 brach ein offener Zwist zwischen Rossi und dem neuen Teampartner Viñales aus, aber die Misere 2018 brachte die beiden Yamaha-Stars einander näher. Sie litten und kritisierten die M1 gemeinsam. Rossi schimpfte, Yamaha habe bei der Umstellung auf die Einheits-Elektronik von Magneti-Marreii 2018 alles verschlafen. Honda und Ducati hätten in diesem Bereich mehr Geld und mehr Manpower investiert.

Beim Österreich-GP 2018 entschuldigte sich Projektleiter Tsuya sogar öffentlich für das nicht konkurrenzfähige Material. «Unser Motorrad war meistens nur für die Ränge 5 bis 7 gut», jammerte Rossi. Tsuya wurde im folgenden Winter in aller Stille mit anderen Aufgaben betraut und abgesetzt.

Und Rossi wünschte sich einen erfolgreichen Macher an der Spitze von Yamaha Motor Racing wie einst Furusawa, mit dem er von 2004 bis 2006 bei Yamaha drei Titel in Serie gewann.

Rossi schöpfte aus der Konkurrenz mit Viñales viel Motivation. Er weiß, Yamaha musste für die Zukunft vorsorgen. Jorge Lorenzo hat er nach dessen MotoGP-Debüt 2008 viel erbarmungsloser bekämpft. Rossi hat damals sogar eine Mauer in der Box errichten lassen und dem Spanier die unterlegenen Michelin-Reifen zugeschanzt. Er selber sicherte sich die erfolgreichen Bridgestone-Pneus, mit denen Casey Stoner 2007 die WM gewonnen hatte.

Mit Movistar stieg eine große Marke aus dem GP-Geschäft aus, sie gehört wie Telefónica zum größten Mobilfunkanbieter Spaniens, der auch in Südamerika ehebliche Marktanteile besitzt und 2014 bei Yamaha eingestiegen ist.

Bis Ende 2005 war Movistar/Telefónica Sponsor von Gresini-Honda, als mit Sete Gibernau große Erfolge erzielt wurden. Für 2006 wollte Movistar den aufstrebenden 250-ccm-Weltmeister Dani Pedrosa zu Gresini-Honda vermitteln, denn die Nummer 26 war schon in den kleinen Klassen (125 ccm, 250 ccm) von Movistar finanziert worden, davor schon im spanischen Movistar-Honda-125-Cup.

Doch HRC ließ nicht mit sich reden. Pedrosa wurde 2006 neben Hayden ins Repsol-Honda-Werksteam gesteckt, darauf zog sich Telefónica für viele Jahre völlig beleidigt aus dem Zweiradsport zurück. Die Millionen wurden fortan Formel-1-Weltmeister Fernando Alonso zugeschanzt.

Auch nach der Verpflichtung von Lorenzo 2008 ließ sich der Mobilfunkgigant nicht überreden. Erst 2014 kam eine Vereinbarung mit Yamaha zustande, nachdem zuvor für fast 20 Millionen Euro noch ein Radprofi-Rennstall gegründet worden war.

Vor der Saison 2014 wurde ein Fünf-Jahres-Vertrag unterschrieben, der bis Ende 2018 lief. Lin Jarvis, Managing Director von Yamaha Factory Racing, ließ durchblicken, man habe in der zweiten Jahreshälfte 2017 erste Gespräche über eine Vertragsverlängerung geführt, die aber nichts fruchteten.

In den ersten drei Movistar-Jahren gewann das Yamaha-Team den Titel 2015 mit Lorenzo, dazu zweimal die Team-WM, es gelangen 21 Siege und 71 Podestplätze.

Yamaha: Seit 1961 in der WM

Yamaha beteiligt sich seit 1961 als Hersteller an der FIM Motorrad-Weltmeisterschaft. Das heutige Werksteam existiert in dieser Konstellation seit 1999. Damals entstand mit Yamaha Factory Racing eine eigene Rennfirma nach dem Muster von HRC, bei Ducati Corse und Aprilia Racing wird es ähnlich gehandhabt. Vorher hatte Yamaha die Teamführung jahrelang an private Rennställe ausgelagert – an Agostini, Roberts, Rainey und so weiter.

Was die Hauptsponsoren betrifft, hat das Yamaha-Werksteam in der «premier class» eine bewegte Vergangenheit. So ist Sponsor Fiat zum Beispiel Ende 2010 ausgestiegen, trotz des Titelgewinns von Lorenzo, weil Rossi zu Ducati ging.

Übrigens: Yamaha erlebte in der MotoGP-Ära auch schmachvolle Jahre. Zum Beispiel 2003, damals gelang mit Marco Melandri und Carlos Checa das ganze Jahr kein Podestplatz. Checa landete in der WM auf dem siebten Rang, Melandri auf dem 15.

Übrigens: Yamaha siegte beim WM.-Finale 1972 mit Privatfahrer Chas Mortimer beim GP von Spanien im Montjuich Park in Barcelona erstmals in der «premier class», er lenkte einen auf 352 ccm aufgebohrten 350er-Twin.  

Seither blieb Yamaha nur 1997 und 2003 in der Königsklasse sieglos. Nach der Schmach von 2003 wurde Rossi engagiert, der mit den überlegenen Honda-Teams 2004 kurzen Prozess machte – und gleich den Auftakt in Welkom/Südafrika gewann.

Die Yamaha-MotoGP-Fahrerpaarungen bisher:

2002: Carlos Checa, Max Biaggi
2003: Carlos Checa, Marco Melandri
2004: Valentino Rossi, Carlos Checa
2005: Valentino Rossi, Colin Edwards
2006: Valentino Rossi, Colin Edwards
2007: Valentino Rossi, Colin Edwards
2008: Valentino Rossi, Jorge Lorenzo
2010: Valentino Rossi, Jorge Lorenzo
2011: Jorge Lorenzo, Ben Spies
2012: Jorge Lorenzo, Ben Spies
2013: Jorge Lorenzo, Valentino Rossi
2014: Jorge Lorenzo, Valentino Rossi
2015: Jorge Lorenzo, Valentino Rossi
2016: Jorge Lorenzo, Valentino Rossi
2017: Valentino Rossi, Maverick Viñales
2018: Valentino Rossi, Maverick Viñales
2019: Valentino Rossi, Maverick Viñales
2020: Valentino Rossi, Maverick Viñales
2021: Fabio Quartararo, Maverick Viñales, ab Misano: F. Morbidelli
2022: Fabio Quartararo, Franco Morbidelli
2023: Fabio Quartararo, Franco Morbidelli
2024: Fabio Quartararo, Alex Rins

Titelgewinne seit 2002:

2004, 2005, 2008, 2009: Valentino Rossi
2010, 2012 und 2015: Jorge Lorenzo
2021: Fabio Quartararo

Die Yamaha-Sponsoren seit 1999:

1999 bis 2002: Marlboro
2003: Fortuna
2004 und 2005: Gauloises
2006: Camel
2007 bis 2010: Fiat
2011 bis 2013: Yamaha Factory Racing
2014 bis 2018: Movistar
2019 bis 2023: Monster Energy 

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