Luca Marini: Erster Passagier der dritten Klasse
Die zweite Etappe der Saison teilte das MotoGP-Feld in eine Dreiklassen-Gesellschaft. Zumindest wenn man sich nur streng am Ergebniszettel festhält, war die Realität aufgeteilt in einen elitären Sechser-Club, bestehend aus Martin, Viñales, Bagnaia, Acosta, Bastianini sowie Marc Márquez. Sie alle waren in der Lage, im Rennen in den Bereich der 1:38er-Rundenzeiten vorzudringen. Enea Bastianini, gelang die gesamt schnellste Rennrunde, trotz der Dauerdebatte der nachlassenden Haftung am Hinterreifen, in der 21. von 25. Runden. Die erste Liga des Portugal-GP schaffte allesamt ihre besten Umläufe in der zweiten Rennhälfte.
Hinter dem Waggon der ersten Klasse klopften sich in Portimão 15 Fahrer im 1:39er-Zeitenabteil um die besten Plätze. Am Zielstrich war Brad Binder bester Pilot. Mit einer 1:39,1 dreht er die siebtschnellste Runde. Durch drei Ausfälle in der ersten Klasse auf den letzten Metern erbte der RC16-Pilot den wertvollen vierten Rang.
Auf dem letzten Platz der zweiten Klasse musste Johann Zarco Platz nehmen. Der Franzose kam über eine 1,39,9 nicht hinaus. Durch sämtliche Tumulte holte der Franzose dennoch einen WM-Zähler, war mit 38 Sekunden aber abgeschlagen auf der Berg- und Talbahn unterwegs.
Und da wäre da noch Luca Marini. Einziger Passagier der dritten Klasse «1:40». Tragische Realität: Mit seiner 1:40,1 war er 1,48 sec. langsamer als Bastianini. Interessant: Am Ende des Trainings betrug der Abstand von Marini auf die schnellste Zeit 1,46 Sekunden. Über das Rennwochenende haben sich also die Kräfteverhältnisse nicht verschoben.
Sehr wohl, und zwar in die positive Richtung veränderte sich das Zeitengefüge im Vergleich zum Auftaktrennen in der katarischen Wüste. Auf den Schnellsten (Pedro Acosta!) büßte die #10 knapp 0,3 Zehntel mehr ein als in Portimão. Was nach einer Marginalie ausschaut, ist in der MotoGP-Welt 2024 eine relevante Aussage. Vom abgeschlagenen Letzten rückte der Italiener im Abteil nun an die Kante zum Absprung in die Meute der 2.Klasse vor. Denn wenn der Honda-Einsteiger weitere drei Zehntel Vertrauen in der RC213V findet, dann mischt er auch die Honda-Kollegen Zarco und Nakagami auf.
Natürlich entwickelt sich das gesamte Feld konstant weiter, aber die Leistung von Luca Marini ist alles andere als zu unterschätzen. Rein hypothetisch zur Verdeutlichung der Leistungsdichte: Würde Marini den gleichen Schritt bei jedem GP machen, noch im ersten Saisondrittel könnte er um Siege kämpfen.
Damit ist auch die gute Laune des Respol Honda-Werksfahrers im Nachgang zu erklären. «Viel viel besser – wir haben definitiv einen Schritt nach vorne gemacht», sprudelte es aus Marini heraus.
Wie hart der Kampf um Zehntel und Hundertstel für alle 22 Piloten ist, demonstrierte der Weltmeister. In Katar über die Distanz die würdige Nummer 1, verlor Bagnaia in Portimão nur 1,5 Zehntel, fand sich im Rennen im Kampf um Platz fünf – und dann im Dreck wieder. Ob erste oder dritte Klasse, der High-Tech Zug «MotoGP» ist immer verlässlich spannend.