MotoGP: Ducati-Erfolg kam nicht vom Motor

Motorrad: Als Inge Arends die Männerwelt aufmischte

Von Thorsten Horn
Inge Arends

Inge Arends

Immer wieder lockt die kleine aber feine Klassik-Veranstaltung Zschorlauer Dreieckrennen prominente Ex-Rennfahrer in die westerzgebirgische Kleinstadt. Diesmal erweiterte man den Kreis mit einer Dame – Inge Arends.

Wenngleich Inge Arends Karriere ziemlich kurz war, war die heute 61-Jährige Anfang der 1980er Jahre die erste wirklich schnelle und erfolgreiche Solo-Rennfahrerin.

Im Gespann-Rennsport war Inge Stoll in den 1950er-Jahren als Beifahrerin des Franzosen Jaques Drion die erste Frau, die auch WM-Punkte errang und im Solo-Grand-Prix-Rennsport die Amerikanerin Gina Bovaird aus Boston die erste und einzige Motorrad-Rennfahrerin, die beim Grand Prix von Frankreich 1982 in Nogaro in der Klasse bis 500 ccm startete.

Vergleichbares hätte in etwa in dieser Zeit auch gern Inge Arends getan, doch kam sie auf Wunsch ihres Sponsors Krauser in ihrer kurzen Karriere nicht über die kleinste Hubraumklasse hinaus.

Inge Arends wurde am 31. Januar 1963 in Heidelberg geboren und kam schon in Kindheitstagen mit dem Motorsport in Berührung, denn ihr Vater war selbst Rennfahrer in der Deutschen Meisterschaft der 500-ccm-Klasse der 1950er- und 1960er-Jahre sowie später Rennleiter und Sportkommissar beim BMC Hockenheim und auch bei internationalen Rennen.

So hegte auch Inge Arends bald den Wunsch, Rennfahrerin zu werden und konnte nach ihrem 16. Geburtstag zumindest ihren Vater von dieser Idee überzeugen. Inzwischen war es auch Frauen gestattet, Solo-Rennen zu fahren, was Inge Arends 1980 im OMK-Junior-Pokal bis 50 ccm in die Tat umsetzte.

Beim Rennen 1979 in Speyer hatten Vater und Tochter Arends den 50-ccm-Fahrer Klaus Kull kennengelernt, der von der Idee, dass ein Mädchen Rennen fährt, ziemlich begeistert war und Inge im Herbst in Hockenheim sein Motorrad ausprobieren ließ. Ihre Zeiten waren schneller als die anderer Mädchen und auch im Vergleich mit männlichen Junior-Pokal-Fahrern recht passabel. Daraufhin machte ihr Vater mit Klaus Kuhl einen Vertrag für 1980 als Rennmaschinen-Vermieter und Rennmechaniker.

Ihr erstes Rennen fuhr die gelernte Industrie- und Bankkauffrau dann zu Ostern 1980 im Rahmen der DM auf dem Flugplatz in Kassel-Calden und wurde bei miesen äußeren Bedingungen mit tiefen Temperaturen und Windböen von rund 40 Startern respektable 14. Danach ging es weiter aufwärts und gegen Saisonende kam sie schon in Podiumsnähe.

1981 wurden ihre Ergebnisse noch besser und 1982 schaffte sie ihre ersten Podestplätze. Beim Finale auf der Nürburgring-Südschleife hatte sie sogar Titelchancen, doch im Nebelrennen kam es zu Konfusionen bei der Zeitnahme, sodass sie das Rennen und den Titel vermeintlich gewonnen hatte, doch nach Entscheid der Rennleitung wurde ihr der zweite Rang zugesprochen, was auch die Vize-Meisterschaft nach sich zog.

Eigentlich waren die kleinen Klassen nicht so ihr Ding. Um anzufangen war die 50er-Kategorie schön und gut, aber ihr Ziel waren wenigstens die Klassen bis 250 und 350 ccm, von denen die 350er Ende der Saison 1982 mit dem letzten Weltmeister Toni Mang, ihr Vorbild, in der WM eingestellt wurde. Selbst die 500er hätte sie gereizt, wenngleich sie heute zugibt, dass diese Klasse auf Grund der auftretenden Kräfte «… für ein Mädel mit 56 Kilo ein sehr harter Brocken gewesen wäre.»

Auch die 50er standen zur Disposition, die auf der Weltbühne 1984 von der neuen 80-ccm-Klasse abgelöst wurden. In der Deutschen Meisterschaft und der Europameisterschaft wurde diese Klasse bereits 1983 eingeführt. Diese sah auch ihr damaliger Sponsor Mike Krauser für sie vor, der sie als erste und einzige vielversprechende Frau in der der Motorrad-WM für seine PR-Zwecke nutzen wollte.

Dies war sicherlich nicht die schlechteste Variante, denn wenngleich die Ergebnisse nicht das widerspiegelten, was Inge Arends zu leisten im Stande war, konnte man sie gut vermarkten. So wurde sie bei ihren drei WM-Einsätzen 1983 auf einer 80er Schuster in Hockenheim nur 32. Und beim Großen Preis der Niederlande in Assen und im italienischen Imola fiel sie mit technischen Defekten jeweils aus. Dafür konnte sie sich über einen feinen siebten Platz beim Europameisterschaftslauf im damals noch tschechoslowakischen Brno freuen.

Die EM gastierte damals erstmals dort, da der alte Stadtkurs keine FIM-Abnahme mehr bekam und das neue Automotodrom Brno gerade gebaut wurde. Der neue hochmoderne Masaryk-Ring wurde erst 1987 eingeweiht und beherbergte seit dem für viele Jahre wieder die Motorrad-WM.

Auch 1984 klebte Inge Arends das Pech wieder am Stiefel. Beim WM-Lauf auf dem Salzburgring belegte sie, nun auf einer Krauser (Mike Krauser hatte den Zündapp-Rennstall übernommen), den dennoch sehr guten 16. Platz. Nach ihrem nächsten Ausfall auf dem in jenem Jahr eingeweihten neuen Grand-Prix-Kurs des Nürburgrings wurde sie in Assen 25. «Da hatte es schon keinen Spaß mehr gemacht und ich hatte die Nase voll», erklärte sie im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.

Und weiter: «Der Rittberger hatte ja für Mike Krauser die Motorräder gemacht, doch der war mir nicht gerade wohlgesonnen. Vielmehr war ich für ihn das Versuchskaninchen für neue Teile, die noch nicht ausgetestet waren. Daher meine vielen Ausfälle oder auch teilweise Stürze, weil ich mit den lahmen Teilen über die Verhältnisse fahren musste.»

Zudem war sie damals mit Manfred Fischer zusammen. «Da war es so, dass er bei mir an der Box stand und ich bei ihm. Das war sehr stressig und vor allem noch nervenaufreibender, als selbst zu fahren. Dann haben wir uns gesagt, wenn zwei in der Familie Rennen fahren, ist das echt kritisch und es soll derjenige weiter fahren, der die größeren Erfolgsaussichten hat. Das war der Manfred, da habe ich halt aufgehört und sein Management gemacht», erklärt Inge Arends zu ihrem offiziellen Karriereende.

Der Abschied vom Rennsport war bei ihr aber noch nicht ganz endgültig, denn als Manfred Fischer 1985 zu Rennen der Asian Grand Prix Serie eingeladen wurde und herauskam, dass auch Inge Arends Rennfahrerin war, sollte auch sie sich bald und noch ein paar Mal in den Sattel eines Superbikes schwingen.

Nach dem sie zehn Jahre fest liiert waren, heirateten Inge Arends und der 500er-Europameister von 1987 und zweifache Deutsche Meister der 500-ccm-Klasse (1985 und 1988), Manfred Fischer, doch schon zwei Jahre später ließen sie sich wieder scheiden. 1993 wurde Inge Arends dann Mutter einer Tochter (eines anderen Mannes).

Von 1990 bis 2015 arbeitete sie bei der Lufthansa als Stewardess und heutzutage im Immobilienhandel (Sanierungen, Einrichtungen) sowie als Malerin mit der Stilrichtung psychedelische Kunst.

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