MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

Ai Ogura vs. Joe Roberts: Enger Punktesieg für Japan

Von Thomas Kuttruf
Als Ai Ogura offiziell den MotoGP-Zuschlag bei Trackhouse vor Joe Roberts erhalten hatte, reichten die Reaktionen von Überraschung bis Bestürzung. Die Erklärung des Deals findet sich im Detail.

Am Tag der Auftakt-Pressekonferenz zum Großen Preis von Österreich der MotoGP hatte Trackhouse Racing die Verpflichtung von Ai Ogura als Stammfahrer neben Raul Fernandez zur Saison 2025 offiziell gemacht.

Die Mannschaft von Trackhouse-Inhaber Justin Marks und Teammanager Davide betonte das außergewöhnliche Talent des Moto2-Piloten. Brivio unterstrich: «Wir schätzen seinen Fahrstil, seine Ausdauer während der Rennen und wir glauben, dass Ai das Potenzial hat, ein großer MotoGP-Fahrer zu werden. Während wir daran arbeiten werden, das Trackhouse Team als MotoGP-Projekt zu entwickeln, werden wir gleichzeitig daran arbeiten, Ai die Werkzeuge zu geben, um sein Talent auszudrücken und so viel wie möglich zu wachsen.»

Im Laufe des GP-Wochenendes am Red Bull Ring geriet der erfahrene MotoGP-Manager Brivio immer wieder unter Erklärungsnot. Fakt ist, trotz alle bewiesenen Qualitäten des Japaners Ogura, so hatte ein Großteil des MotoGP-Netzwerks die besseren Karten bei Joe Roberts für einen Aufstieg in die US-amerikanische Struktur gesehen. Ein sichtlich nach den richtigen Worten ringender Davide Brivio musste die Personalie «Ogura» im doppelten Sinne erklären. Denn die Entscheidung, neben Raul Fernandez auf einen Rookie zu setzen, bedeutete zugleich das Aus, für Miguel Oliveira – der, Ironie des Schicksals, am Red Bull Ring seinen ersten MotoGP-Sieg gefeiert hatte.

Schwierig wurde es für Davide Brivio dann auch, das entscheidende Argument für die Verpflichtung Oguras zu nennen. Der Italiener räumte ein: «Es war eine extrem schwierige Entscheidung.».

Auf den ersten Blick sind objektive Kriterien im Talent-Duell Ogura vs. Roberts nur schwer zu greifen. Beide Piloten standen 2024 viermal auf dem Moto2-Podest. Dank zwei Siegen des Japaners liegt der Boscoscuro-Pilot in der Tabelle 12 Punkte vor dem Amerikaner. Beide Fahrer verpassten nach Crash und Verletzung im Training je einen Moto2-Lauf.

Das Trackhouse-Gremium unter der Leitung von Altmeister Brivio musste sich alle Details anschauen, um zu einem Urteil zu gelangen. Neben dem Alter – Ogura ist vier Jahre jünger als der 27-jährige Roberts – haben auch der Karriereverlauf und die Ausbildung eine Rolle gespielt. Während Roberts nach dem Red Bull Rookies Cup nicht den Sprung in die Moto3-WM schaffte, sondern nach einer Schleife über die USA bereits 2017 zur Moto2-Elite stieß, kann der Japaner einen Werdegang mit Erfolgen in der Moto3-WM (2020 Gesamtrang 3) und eine steilere Lernkurve in der mittleren Kategorie vorweisen.

Ai Ogura gelang bereits in seinem zweiten Jahr in der Moto2 für das Honda-Asia Team der erste Sieg. Bis der Kalifornier erstmals als Sieger jubeln durfte, vergingen sechs Jahre. Jahre, die Joe Roberts am Ende seiner Profi-Karriere fehlen werden.

Doch Davide Brivio hat sich auch die Rennverläufe 2024 sehr genau angeschaut, um zur Urteilsfindung zu gelangen. Als Schlüsselmoment lässt sich der Catalunya-GP ausmachen. Die Strecke von Barcelona stellt auch für die Fahrer der Moto2 die größte Herausforderung in Sachen Reifen-Management dar. Und hier legte der Japaner sein Meisterstück ab. Wie kein anderer Pilot konnte Ai Ogura die Haftung seines Renners verwalten. Ogura siegte überlegen und hatte den achtplatzierten Roberts um 20 Sekunden distanziert.

Im Lauf der gesamten Saison 2024 betrug der maximale Rückstand des Japaners auf den Sieger 12 Sekunden. Als Joe Roberts einen tollen Sieg in Mugello feierte, da tat er dies durch perfektes Timing und Zweikampfstärke. Ai Ogura brauste hier nur 1,3 Sekunden später über den Zielstrich.

Wie in den Rennen selbst haben die Details den Ausschlag gegeben. So bitter es für die MotoGP-Community in den USA, für alle Joe Roberts Fans und am meisten für den zur Spitzenklasse gereiften Rennfahrer selbst ist, trotz des aus europäischer Sicht umwerfenden Hollywood-Lächelns musste sich Trackhouse Racing bei der Umsetzung einer Rookie-Strategie für Ai Ogura entscheiden.

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